Sonntag, 19.6.2011

In der Nacht erzählt der diensthabende Arzt der Intensivstation Dr. M. von einer möglichen Diagnose. Es spräche momentan vieles für eine Hämophagozytose, genauer eine hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH). Das ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper vermehrt Freßzellen (Makrophagen) aktiviert, die eigene Blutzellen auffressen und ins Gewebe (auch ins zentrale Nervensystem) eindringen und dort eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Das sei aber noch nicht gesichert und nur eine vage Vermutung. Auf die sofortige Frage, ob und wie diese Krankheit heilbar ist, erhält Ecke die Antwort „Ja, durch eine Knochenmarktransplantation“. Eine heftige Diagnose. Dennoch keimt ein Hoffnungsschimmer auf.

Mittags sprechen wir mit dem zuständigen Hämatologen Dr. M. Er erklärt uns, daß die Diagnose nicht sicher sei, jedoch sprächen viele (bisher fünf von acht) ihrer Symptome (Fieber, schlechte Blutwerte mit niedrigen Thrombozyten und hohen Ferritin- und Fettwerten, schlechte Leberwerte, vergrößerte Milz & Leber, Krampfanfälle) für diese Krankheit. Er empfiehlt den sofortigen Beginn der Chemotherapie mit immunhemmenden Mitteln. Zunächst Dexamethason, ein Kortisonpräparat, bei nicht ausreichendem Erfolg Hinzunahme von Cyclosporin, ebenfalls ein Immunsuppressivum sowie Etoposid, ein Zytostatikum und als viertes Medikament Methotrexat, auch ein Zellgift. Man wird aber zunächst mit Kortison beginnen und es erstmal auch dabei belassen, sollte die Behandlung gut anschlagen. Gleichzeitig wird sie Ampho-Moronal bekommen, ein oral verabreichtes Antimykotikum gegen Pilzinfektionen. Als Ursache der Krankheit kommt eine einmalige Erkrankung in Frage oder ein genetischer Defekt. Ausgelöst werden beide Formen durch eine an sich harmlose Infektion, die das Immunsystem aktiviert. Wir vermuten, daß dies bereits am 1. Mai passiert ist. Das war das allererste mal, daß sie krank wurde, und sie wurde seitdem auch nie wieder ganz gesund. Vielleicht hat auch schon die Impfung im Februar/März den Grundstein für diese Krankheit gelegt. Aber das läßt sich natürlich nicht beweisen.

Ob es sich um die erworbene (einmalige Erkrankung) oder die familiäre (chronische) Form der HLH handelt, wird ein Gentest zeigen, bis zu dessen Ergebnis es aber noch einige Wochen dauern wird. Im letzteren Fall kann eine endgültige Heilung nur mit einer Knochmarktransplantation gelingen. Zunächst konzentriere man sich aber darauf, die aktuelle akute Situation in den Griff zu bekommen. Wir bekommen durch dieses Gespräch wieder richtig Aufwind und sind wieder zuversichtlicher, daß die Dinge eine gute Wendung nehmen werden.

Viktoria macht jedoch immer noch einen sehr schwachen und müden Eindruck. Beunruhigend wirkt auch ihr Schreien, das sich in den letzten Stunden verändert hat. Es ist nicht mehr das bekannte Gemecker und Geschimpfe, es gleicht nun mehr einem schrillen, ohrenbetäubenden „Gilfen“ in ca. fünf- bis zehnsekündigen Abständen. Es klingt ganz furchtbar – sie wirkt total verändert auf uns.

Aber die nächste gute Nachricht folgt sogleich: Sie darf endlich wieder gestillt werden. Darüber ist sie sichtlich glücklich und schläft entspannt und selig in Utes Armen ein. Am späten Abend bekommt sie noch etwas Brei von Ecke gefüttert, es werden ganze 120g. Sie ißt sehr langsam und zögerlich.

Über Nacht ist Viktoria zweimal wach – wir dürfen jedesmal zu ihr. Sie schreit nach wie vor und kommt nicht mehr zur Ruhe. Nach endlosem intervallartigem Gegilfe bekommt sie ein Beruhigungsmittel (Chloralhydrat) verabreicht, damit sie und Ute endlich etwas Schlaf finden können.

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Eine Antwort zu Sonntag, 19.6.2011

  1. Tanja sagt:

    Guten Tag,
    die Geschichte ist sehr tragisch…
    ich stelle mir die Frage: was wäre denn ohne 6-fach-Impfung gewesen… Wir tragen alle irgendwelche kaputte Gene in sich, bloss wann kommt das alles raus?
    Ich habe änliche Berichte (Stichwort Hirnödem in jedem Impfschadenbericht)auf der Seite gelesen http://www.impfschaden.info/6fach-impfung.html
    Das Buch „Impfen pro und Kontra“ vom Kinderarzt Dr. Hirte erklärt einiges.
    Es gibt auch Ärzte, die nicht sofort beim Fieber Antibiotika verschreiben. Das muss nicht sein. Meine Kinder (7 und 3) hatten noch nie Antibiotika bekommen, obwohl die schon einige Krankheiten durchgestanden haben.
    Alles Gute!
    Viele Grüsse,
    Tanja

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