Sonntag, 1.5.2011

Viktoria ist krank. Sie quengelt, hat leichtes Fieber und ist sehr anstrengend. Von unserer Kinderärztin Dr. M. erhalten wir ein Antibiotikum (CEC), da im Blut erhöhte Entzündungswerte festgestellt wurden. Es scheint eine „normale“ bakterielle Infektion zu sein.

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Freitag, 6.5.2011

Die Infektion ist abgeklungen, Viktoria macht wieder einen halbwegs gesunden Eindruck. Im Laufe der nächsten Tage entwickelt sie leichten Durchfall. Der Stuhl ist nicht stark dünnflüssig, aber sie drückt sehr oft auch kleine Mengen heraus. Das ist vor allem nachts anstrengend. Sie wirkt stets etwas müde.

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Montag, 9.5.2011

Das Antibiotikum wird abgesetzt. Viktoria wirkt noch nicht topfit, sie ist aber wieder guter Dinge.

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Samstag 21.5.2011

Der Durchfall ist weitgehend abgeklungen. Viktoria geht es gut, sie macht jedoch noch immer einen leicht schlappen Eindruck. Sie hat in den letzten drei Wochen weder motorische noch sprachliche Fortschritte gemacht.

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Mittwoch, 1.6.2011

Viktoria ist wieder krank. Sie hat hohes Fieber und ist quengelig. Der Besuch beim Kinderarzt enthüllt eine Mittelohrentzündung (Otitis). Sie bekommt abermals ein Antibiotikum verschrieben, auf Utes Wunsch aber ein anderes (Amoxicillin) als das letzte mal, da wir den Durchfall darauf zurückführen.

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Sonntag, 5.6.2011

Viktoria zeigt seit diesem Morgen ein seltsames Verhalten, in unseren Augen wirkt das wie Schwindelanfälle. Sie hat Schwierigkeiten, mit den Augen etwas zu fixieren, ihre Pupillen wandern hin und her. Erst nach einigen Sekunden gelingt ihr das. Verstärkt tritt dieses Verhalten auf, wenn man ihre Körperlage ändert, sie z.B. auf den Arm nimmt. Im Arztbrief wird das später als „Blickdeviationen“ bezeichnet werden. Abgesehen von einigen dieser Anfälle verhält sie sich aber normal, weswegen wir auch keinen akuten Handlungsbedarf sehen.

Wir führen dieses Verhalten auf eine Nebenwirkung des Antibiotikums zurück und setzen es ab. Die Otitis scheint auch wieder weg zu sein, denn Viktoria ist viel weniger anstrengend und spielt wieder fast normal.

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Montag, 6.6.2011

Die Verhaltensauffälligkeit von gestern ist zwar noch da, sie nimmt jedoch in ihrer Intensität ab. Abends hat Viktoria sowieso einen Kontrolltermin beim Kinderarzt wegen der Otitis. Die Vertretungsärztin von Dr. M. bemerkt die Auffälligkeit. Bei diesem Verhalten käme ihr in den Sinn, das könnten „so ganz irgendwie, ganz weit im Hinterkopf“ so etwas wie Krämpfe sein. Sie weist uns sofort in die Kinderklinik in Pforzheim ein.

Dort angekommen wird Viktoria zunächst Blut abgenommen und sie wird eingehend untersucht. Demonstrieren können wir der aufnehmenden Ärztin die Blickdeviationen nicht, Viktoria zeigt diese Auffälligkeit gerade nicht. Es wird nichts gefunden, zur Beobachtung soll sie jedoch im Krankenhaus bleiben. Ute bleibt natürlich bei ihr.

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Dienstag, 7.6.2011

Es wird ein EEG durchgeführt. Damit Viktoria währenddessen einschläft, wird sie trotz der ganzen Elektroden am Kopf gestillt. Das klappt auch prima. Das Ergebnis fällt ohne Befund aus.

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Mittwoch, 8.6.2011

Es wird ein MRT (Kernspintomographie) des Kopfes durchgeführt. Viktoria bekommt dafür ein Beruhigungsmittel, da sie in der Röhre ansonsten nicht stillhalten würde. Das Mittel wirkt berauschend. Nach der Untersuchung wacht sie langsam auf und macht zunächst ganz langsame, lethargische Bewegungen, die erst nach und nach immer normaler werden. Wir erleben ein Baby in Zeitlupe.

Der MRT-Befund ist negativ, man findet keine Auffälligkeiten.

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Donnerstag, 9.6.2011

Viktoria wird entlassen. Wir sind zuvor noch beim dort ansässigen HNO-Arzt, der im linken Ohr noch Anzeichen einer abgeklungenen Otitis sieht, aber sonst nichts weiter. Da die Ärzte uns keine Diagnose stellen können, sollen wir Viktoria unter weiterer Beobachtung halten. Die Blickdeviationen sind weitgehend verschwunden, sie ist – wie die Ärzte sagen – in einem guten Allgemeinzustand.

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Samstag, 11.6.2011

Besuch bei Freunden in Rodgau. Wir haben lange überlegt, ob wir fahren sollen und haben uns dann dafür entschieden. Viktoria geht es soweit ganz gut, sie ist einfach ein wenig schlapp. Uns fällt jedoch auf, daß Viktorias linkes Augenlid etwas nach unten hängt. Dadurch gerät ihr Anblick etwas asymmetrisch, was sie kränklich aussehen läßt. Ansonsten verhält sie sich dort unauffällig, nur die Nacht ist sehr anstrengend, weil sie oft wach ist und quengelt.

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Sonntag, 12.6.2011

Wir sind immer noch in Rodgau, besuchen vormittags den dortigen Wildpark. Viktoria ist sehr angetan von den Ziegen im Streichelbereich. Ein fröhliches, gesund wirkendes Kind. Abends fahren wir wieder nach Hause, alles scheint in Ordnung. Sie wird ins Bett gebracht, ist einmal wach geworden und hat nach Beruhigung weitergeschlafen. Um 21.30 Uhr gehen auch wir ins Bett, woraufhin sie – wie so oft – aufwacht und gestillt wird. Anschließend ist sie jedoch unruhig und läßt sich nicht mehr beruhigen. Sie schreit lange Zeit wie am Spieß und Ute versucht alles, nichts jedoch hilft. Nach einer weiteren knappen Stunde mit kurzen Schreipausen legt Ute mangels weiterer Alternativen nochmals an und bemerkt dabei, daß Viktorias linke Körperhälfte gelähmt ist! Der Arm ist völlig schlapp, die Hand ohne Bewegung, auch das linke Bein und der Fuß bewegen sich nicht. Ihr ohnehin schon vorhandenes lautes Schreien nimmt noch zu, wenn die linke Seite bewegt wird, vermutlich hat sie dabei Schmerzen.

Wir sind geschockt! Hals über Kopf brechen wir sofort in die Klinik nach Pforzheim auf – zum Glück wissen wir mittlerweile, daß die Kinderaufnahme am anderen Ende des Krankenhauses ist. Sie wird dort umgehend untersucht, die Ärztin erkennt uns wieder, sie hat Viktoria im MRT betreut. Es ist bis auf die offensichtliche Lähmung nichts Akutes festzustellen. Ihr wird Blut abgenommen und dabei gleich ein Venenzugang am Kopf und am Arm gelegt. Beim Pieksen fällt auf, daß Viktoria ihren linken Arm doch noch ein wenig bewegen kann, es scheint ihr nur sehr schwerzufallen. Nach weiterem Warten und durch Herumtragen auf dem Arm gelingt es, sie etwas zur Ruhe zu bringen. Letztendlich schläft sie ein. Sie wird zusammen mit Ute wieder auf die Säuglingsstation gebracht. Es ist mittlerweile 2.00 Uhr nachts. Um kurz vor 3.00 Uhr wird ein Notfall-CT durchgeführt. Der Grund sind Gerinnungsstörungen, die man im kürzlich abgenommenen Blut gefunden hat. (Die Schwester meint aber, daß diese Gerinnungsstörungen durchaus auch Meßfehler sein können, die von der Spülung des Zugangs hervorgerufen werden.) Der Befund ist wieder negativ, keine Hinweise auf einen Schlaganfall o.ä. Man vermutet evtl. einen verschleppten Infekt, kann aber im Blut keine dafür ausreichenden Entzündungswerte feststellen. Sie bekommt dennoch vorsorglich Antibiotika verabreicht.

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Montag, 13.6.2011

Noch im Laufe der Nacht zum Montag läßt die Lähmung wieder nach, am morgen ist davon so gut wie nichts mehr zu sehen. Viktoria macht einen kränklichen und schwachen Eindruck. Sie ist arm, quengelig, läßt sich nur durch Herumtragen beruhigen. Dennoch ißt und trinkt sie gut.

Nachmittags hat sie auf Eckes Schoß einen Krampfanfall, sie zuckt dreimal ganz kurz mit dem ganzen Körper zusammen. Danach ist der Spuk wieder vorbei. Sie verhält sich sonst wie ein krankes Kind. Mit genug Ablenkung kann man sie auch zum kurzen Spielen und Plappern animieren. Mehr jedoch nicht.

Weitere Bluttests werden gemacht. Immer wieder müssen neue Zugänge am Kopf gelegt werden, weil die alten nicht mehr funktionieren. Als vordergründigster Verdacht steht weiterhin ein Infekt im Raum. Sie bekommt Breitbandantibiotika.

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Dienstag, 14.6.2011

Die Nacht verläuft sehr anstrengend. Sie hat erneut Krampfanfälle, einmal beobachten die Schwestern und Ärzte den Anfall und stoppen die Zeit. Der Anfall dauert drei Minuten.

Es wird ein Einschlaf-EEG durchgeführt, wieder ohne Befund.

Die Ärzte wollen eine Lumbalpunktion (Entnahme von Nervenwasser aus dem Rückenmark) durchführen, da der Verdacht auf eine Erkrankung im Hirnbereich besteht (Meningitis, Enzephalitis). Wir willigen nach Rücksprache mit unserer Cousine, die auch Ärztin ist, ein.

Die Ergebnisse sind indifferent. Die Zellzahl ist leicht erhöht – 18 wurden gemessen, fünf wäre normal, aber bei einer Infektion des zentralen Nervensystems würde man Werte im fünfstelligen Bereich erwarten. Dennoch verstärkt man die Gabe von Antibiotika unter Zugabe von Virostatika (Aciclovir), da man auch einen viralen Infekt nicht ausschließen kann. Zitat des Oberarztes Dr. E.: „Wir feuern mit allem, was wir haben.“

Viktoria wird zur besseren Überwachung auf die Intensivstation verlegt. Zusätzlich zum Oxymeter bekommt sie EKG-Elektroden und eine Blutdruckmanschette. Sie ist schwach, aber es scheint ihr soweit ganz gut zu gehen. Sie ißt, trinkt, dreht sich auf dem Rücken liegend nach Mama um, spielt sogar ein wenig. Dennoch sind wir weit von der Normalität entfernt.

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Mittwoch, 15.6.2011

Oma Anneliese ist zu Besuch. Sie kann Viktoria zum Lachen bringen, aber auch nur kurz. Viktoria wirkt sehr krank.

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Donnerstag, 16.6.2011

Es wird ein weiterer MRT-Termin angesetzt. Unmittelbar vor der Untersuchung hat Viktoria einen heftigen Krampfanfall, der nur durch Medikamente unterbrochen werden kann.

Wenig später ist der Befund da. Es wurde ein subdurales Hämatom (Blutung im Gehirn) auf der linken Schädelseite entdeckt. Viktoria soll zur weiteren Untersuchung/Behandlung sofort nach Stuttgart ins Olgahospital verlegt werden. Dr. E. erklärt uns das damit, daß sie weiterhin keine Diagnose stellen können, diese Blutung äußerst besorgniserregend sei und im Falle eines neurochirurgischen Eingriffs nur ein sehr kurzer Transport ins benachbarte Katharinenhospital nötig wäre. Er betont, daß ein solcher Eingriff momentan nicht indiziert ist. Trotzdem sei das Ende der Möglichkeiten erreicht, die das Pforzheimer Klinikum bietet. Er habe mit einem Neurochirurgen aus Stuttgart gesprochen und so ein kleines Hämatom sei für ihn nur „ein kleiner Hut“ und nichts besonderes.

Viktoria verschläft aufgrund der noch vom MRT wirkenden Anästhesie die Verlegung völlig und wir treffen kurze Zeit später mit frisch abgepumpter Milch bei ihr ein. Ihr wird erneut Blut abgenommen und sie wird nochmals untersucht. Im Anschluß folgt ein weiteres EEG, bei dem sie genüßlich das erste mal Muttermilch aus der Flasche trinkt. Das EEG zeigt einen Entzündungsherd auf der rechten Seite. Das paßt zumindest zur Lähmung der linken Körperhälfte. Aber viel mehr sagt das wohl auch nicht aus. Sie bekommt Vitamin K, um die Blutgerinnung zu verbessern, und ein Medikament gegen Krampfanfälle, Phenytoin.

Ute und Viktoria bekommen auf der neurologischen Station K3 ein Zimmer, wohlgemerkt nicht mehr auf der Intensivstation. Aber die Überwachung macht dennoch einen besseren Eindruck: Die Geräte funktionieren besser, die Schwestern überwachen besser und scheinen die Situation völlig im Griff zu haben.

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Freitag, 17.6.2011

Viktorias Blutwerte werden immer schlechter. Sie bekommt Blutplättchen (Thrombozyten) transfundiert, um die Gerinnung wieder auf einen akzeptablen Wert anzuheben. Nachmittags wird eine Knochenmarkpunktion durchgeführt (im OP, natürlich wieder unter Anästhesie), da eine Beeinträchtigung der Blutbildung indiziert ist und man dahingehend Untersuchungen machen möchte. Es wird ein Ultraschall am Bauch durchgeführt. Die Milz und die Leber sind stark vergrößert.

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Samstag, 18.6.2011

In der Nacht sinkt ihr Sauerstoffpegel im Blut etwas ab, sie bekommt ein Sauerstoffröhrchen, das bis zur Nase geht, nicht jedoch hinein (keine künstliche Beatmung). Ute ist schockiert.

Mittags wird Viktoria auf die Intensivstation verlegt, zunächst zur besseren Überwachung, wie man uns versichert. In kurzer Zeit jedoch verschlechtert sich ihr Zustand aufgrund ihrer schlechten Blutwerte dramatisch. Sie bekommt zusätzlich zu den Thrombozyten nun auch rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplasma transfundiert. Es geht ihr auch sichtlich immer schlechter, sie wird immer schwächer und schwächer. Oma Greta ist zu Besuch. Einer der Oberärzte der Intensivstation Dr. O. steht neben uns und muß eingestehen, daß er weiterhin keine Diagnose stellen kann. Viktoria bekomme eine Menge Blutprodukte, dennoch stabilisierten sich die Werte nicht. Irgendetwas scheint die ihr verabreichten Blutzellen wieder „aufzufressen“. Er mache sich „große Sorgen um unser Kind“.

Sie bekommt zwischenzeitlich eine große Anzahl an Medikamenten und Blutprodukten, darunter auch ein Mittel zur vermehrten Ausscheidung von Wasser (Lasix), da ihre Extremitäten stark angeschwollen sind, außerdem Infusionen wie Kochsalz- und Glucoselösungen und aufgrund mangelnder Diagnose weiterhin Antibiotika und Virostatika. Die Schwellungen bedingen sich durch die stark erhöhte Flüssigkeitszufuhr. Im Röntgenbild der Lunge sieht man ebenfalls Wassereinlagerungen, die vermutlich die Ursache für die verminderte Sauerstoffaufnahme sind. Man versichert uns aber, daß das nicht so schlimm sei und auch wieder ausgeschwemmt würde.

Als Sicherheitsmaßnahme darf Viktoria nichts mehr zu sich nehmen. Für den Fall, daß intubiert werden müßte, könnte sie an Erbrochenem ersticken. Das Risiko ist verständlicherweise zu groß. Verständlich für uns Eltern – Viktoria versteht das natürlich nicht und möchte beim Anblick ihrer Mutter an die Brust. Sie läßt sich nicht beruhigen, solange Ute im Raum ist, sie konnte schon immer sehr hartnäckig sein. Ecke gelingt es in Mamas Abwesenheit nach einiger Zeit. Zum Glück darf man sie trotz der zahlreichen Schläuche und Kabel noch auf den Arm nehmen.

Wir dürfen die Nacht nicht bei ihr verbringen, es gibt auf der Intensivstation auch für Eltern einzuhaltende Besuchszeiten! Es fällt uns unheimlich schwer, dies zu akzeptieren. Wir haben Viktoria bislang nie alleine gelassen.

Wir bekommen auf der Station K3 Elternliegen und werden wie gewünscht immer wieder gerufen, wenn Viktoria wach wird und die Schwestern sie nicht beruhigen können. Papa kümmert sich um sie – Mama würde von Viktoria nur angeschrien, weil sie nicht an die Brust dürfte. Ute pumpt Milch ab, um den Milchfluß nicht zu unterbrechen. Wir reden uns Hoffnung ein, daß Viktoria die Milch noch brauchen wird.

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Sonntag, 19.6.2011

In der Nacht erzählt der diensthabende Arzt der Intensivstation Dr. M. von einer möglichen Diagnose. Es spräche momentan vieles für eine Hämophagozytose, genauer eine hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH). Das ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper vermehrt Freßzellen (Makrophagen) aktiviert, die eigene Blutzellen auffressen und ins Gewebe (auch ins zentrale Nervensystem) eindringen und dort eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Das sei aber noch nicht gesichert und nur eine vage Vermutung. Auf die sofortige Frage, ob und wie diese Krankheit heilbar ist, erhält Ecke die Antwort „Ja, durch eine Knochenmarktransplantation“. Eine heftige Diagnose. Dennoch keimt ein Hoffnungsschimmer auf.

Mittags sprechen wir mit dem zuständigen Hämatologen Dr. M. Er erklärt uns, daß die Diagnose nicht sicher sei, jedoch sprächen viele (bisher fünf von acht) ihrer Symptome (Fieber, schlechte Blutwerte mit niedrigen Thrombozyten und hohen Ferritin- und Fettwerten, schlechte Leberwerte, vergrößerte Milz & Leber, Krampfanfälle) für diese Krankheit. Er empfiehlt den sofortigen Beginn der Chemotherapie mit immunhemmenden Mitteln. Zunächst Dexamethason, ein Kortisonpräparat, bei nicht ausreichendem Erfolg Hinzunahme von Cyclosporin, ebenfalls ein Immunsuppressivum sowie Etoposid, ein Zytostatikum und als viertes Medikament Methotrexat, auch ein Zellgift. Man wird aber zunächst mit Kortison beginnen und es erstmal auch dabei belassen, sollte die Behandlung gut anschlagen. Gleichzeitig wird sie Ampho-Moronal bekommen, ein oral verabreichtes Antimykotikum gegen Pilzinfektionen. Als Ursache der Krankheit kommt eine einmalige Erkrankung in Frage oder ein genetischer Defekt. Ausgelöst werden beide Formen durch eine an sich harmlose Infektion, die das Immunsystem aktiviert. Wir vermuten, daß dies bereits am 1. Mai passiert ist. Das war das allererste mal, daß sie krank wurde, und sie wurde seitdem auch nie wieder ganz gesund. Vielleicht hat auch schon die Impfung im Februar/März den Grundstein für diese Krankheit gelegt. Aber das läßt sich natürlich nicht beweisen.

Ob es sich um die erworbene (einmalige Erkrankung) oder die familiäre (chronische) Form der HLH handelt, wird ein Gentest zeigen, bis zu dessen Ergebnis es aber noch einige Wochen dauern wird. Im letzteren Fall kann eine endgültige Heilung nur mit einer Knochmarktransplantation gelingen. Zunächst konzentriere man sich aber darauf, die aktuelle akute Situation in den Griff zu bekommen. Wir bekommen durch dieses Gespräch wieder richtig Aufwind und sind wieder zuversichtlicher, daß die Dinge eine gute Wendung nehmen werden.

Viktoria macht jedoch immer noch einen sehr schwachen und müden Eindruck. Beunruhigend wirkt auch ihr Schreien, das sich in den letzten Stunden verändert hat. Es ist nicht mehr das bekannte Gemecker und Geschimpfe, es gleicht nun mehr einem schrillen, ohrenbetäubenden „Gilfen“ in ca. fünf- bis zehnsekündigen Abständen. Es klingt ganz furchtbar – sie wirkt total verändert auf uns.

Aber die nächste gute Nachricht folgt sogleich: Sie darf endlich wieder gestillt werden. Darüber ist sie sichtlich glücklich und schläft entspannt und selig in Utes Armen ein. Am späten Abend bekommt sie noch etwas Brei von Ecke gefüttert, es werden ganze 120g. Sie ißt sehr langsam und zögerlich.

Über Nacht ist Viktoria zweimal wach – wir dürfen jedesmal zu ihr. Sie schreit nach wie vor und kommt nicht mehr zur Ruhe. Nach endlosem intervallartigem Gegilfe bekommt sie ein Beruhigungsmittel (Chloralhydrat) verabreicht, damit sie und Ute endlich etwas Schlaf finden können.

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Montag, 20.6.2011

Als wir sie morgens erneut besuchen wollen, müssen wir warten, bis „der Arterien-Katheter verlegt“ ist. Wir sind darüber nicht informiert worden und da wir auch den Grund hierfür nicht kennen, machen wir uns wieder große Sorgen. Eine knappe Stunde später dürfen wir endlich zu ihr und man erklärt uns, daß dies nur eine weitere Vorsichtsmaßnahme gewesen sei, um den Blutdruck kontinuierlich messen zu können und um ohne ständiges Gepiekse Blut nehmen zu können. Ihr Zustand sei aber nicht der Grund dafür gewesen. Weiterhin wurde gleich noch ein „sicherer“ venöser Zugang am Bein gelegt (zentraler venöser Katheter = ZVK), der bis kurz vor das Herz geht. Dadurch konnte man die Venenzugänge am Kopf entfernen. Außerdem wurde ein Blasenkatheter gelegt, um den Flüssigkeitsdurchsatz besser bestimmen zu können und die Körpertemperatur kontinuierlich zu messen. Die Anzahl an Kabeln und Schläuchen wächst weiter an, die Anzeigen am Monitor ebenfalls.

Viktorias Blutwerte von heute sind deutlich besser als gestern. Die Erythrozyten sind fast auf normal, Thrombozyten haben sich leicht gebessert. Die Therapie scheint zu wirken. Wir sind ein wenig erleichtert.

Beunruhigend wirkt hingegen, daß Viktorias Bauch mittlerweile sehr dick geworden ist. Das kommt zum einen von der vergrößerten Milz und der vergrößerten Leber (Symptome der HLH-Erkrankung), zum anderen scheint die Verdauung gestört zu sein und man möchte aufgrund ihrer immer noch schlechten Gerinnungswerte keinen Einlauf o.ä. durchführen. Sie soll vorerst keinen Brei mehr bekommen und auch nicht an der Brust gestillt werden. Sie darf jedoch kleine Portionen von Mamas abgepumpter Milch aus der Flasche bekommen. So kann man auch die Flüssigkeitszufuhr besser kontrollieren. Eine erneute Röntgenaufnahme der Lunge zeigt keine Wassereinlagerungen mehr. Die Ausschwemmung funktioniert.

Abends bekommt Viktoria auf Utes Arm eine kleine Portion Milch aus der Flasche. Daraufhin schläft sie sofort ein. Allerdings wacht sie eine knappe Stunde später (immer noch auf dem Arm) wieder auf und beginnt zu schreien. Dieses Intervall-Schreien nimmt mehr und mehr zu, sie läßt sich durch nichts mehr beruhigen. Vermehrt drängt sich der Eindruck auf, daß dieses schreckliche Schreien von einem neurologischen Defekt hervorgerufen wird. So haben wir Viktoria noch nie erlebt.

Immerhin mischt sich unter die Schreie auch immer wieder ein „Sprudeln“ mit den Lippen, das charakteristisch für unsere Kleine ist. Auch versucht sie sich zu drehen, sie wirkt deutlich aktiver als die Tage zuvor.

Dennoch ist das ständige Geschrei nervenaufreibend und zermürbend und zieht unsere Stimmung erneut nach unten. Endlich scheint es gelungen zu sein, sie zu beruhigen, doch nach kurzer Zeit ist sie erneut wach und schreit wieder in Intervallen. Sie bekommt abermals Chloralhydrat (rektal) verabreicht, das sie aber erfolgreich sofort aus dem Darm herausdrückt. Auch im zweiten Anlauf bleibt sie Sieger und die Schwester muß auf ein oral verabreichtes Mittel umsatteln. Nach und nach leert sich die Spritze und es dauert noch zehn weitere Minuten, bis Viktoria endlich schläft. Das war sehr anstrengend.

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Dienstag, 21.6.2011

Die Nacht über wurden wir nicht geweckt. Viktoria war wohl ein-, zweimal wach, ließ sich aber durch Füttern von abgepumpter Milch von der Schwester beruhigen. Vermutlich auch, weil das Beruhigungsmittel noch gewirkt hatte. Die Blutwerte haben sich nicht wesentlich verändert, manche sind leicht zurückgegangen. Um 12.00 Uhr hat sie einen weiteren Termin im MRT, um die Veränderung der Hirnblutung zu untersuchen. Sie bekommt abermals eine Anästhesie dafür.

Sie schläft noch, als wir nachmittags zu ihr dürfen. Nach kurzer Zeit erleidet sie einen Krampfanfall vor unseren Augen. Die rechte Körperhälfte zuckt rhythmisch zusammen, sie ist nicht ansprechbar, die Augen sind geschlossen. In diesem Moment kommt der diensthabende Arzt Dr. P. herein und sagt uns, daß aufgrund des aktuellen MRT-Befundes Viktoria unverzüglich in ein künstliches Koma versetzt werden muß. Da sie hierfür intubiert wird, müssen wir unverzüglich den Raum verlassen.

Am Boden zerstört kauern wir im Elternzimmer und können noch nicht fassen, was gerade passiert ist. Der Neurologe Oberarzt Dr. K. kommt herein und erklärt, daß im aktuellen MRT-Befund zusätzlich zum Hämatom eine Schwellung des Gehirns (ein sogenanntes Hirnödem) entdeckt wurde. Um das Gehirn vor Schäden zu bewahren, wird sie nun mit Trapanal so tief wie möglich sediert und muß so lange in diesem Zustand verbleiben, bis sich das Ödem zurückbildet. Wir können noch nicht denken, geschweige denn Fragen stellen. Kurze Zeit später kommen die Oberärzte Dr. L. und Dr. M. hinzu und bitten uns ins Ärztezimmer.

Man erklärt uns, daß eine Notfall-OP geplant ist. Man kann uns nicht erklären, woher das Hirnödem kommt. Es besteht nach Auffassung der Ärzte jedoch ein Zusammenhang zum Hirnhämatom und sie sehen sofortigen Handlungsbedarf. Man will das Hämatom anbohren und das dortige Blut ablassen, weil man einen zu hohen Hirndruck vermutet und eine Schädigung des Hirn vermeiden möchte. Die OP wird im naheliegenden Katharinenhospital durchgeführt werden, Viktoria wird bereits für den Transport vorbereitet. Für die OP bekommt sie eine große Anzahl Thrombozyten verabreicht, um die Gerinnung so weit zu verbessern, daß der Eingriff überhaupt möglich ist. Zu den Einzelheiten der OP sollen wir uns sofort ebenfalls ins Katharinenhospital begeben. Dr. M. ergänzt noch, daß außerdem eine Intensivierung der Therapie angezeigt ist. Man möchte mit der Gabe von Cyclosporin (intravenös) sowie Methotrexat (intrathekal, d.h. ins Rückenmark) beginnen, da die Krankheit auch im zentralen Nervensystem aktiv zu sein scheint. Ebenfalls intrathekal soll Kortison verabreicht werden.

Dort angekommen spricht Dr. T. mit uns, er wird Oberarzt Dr. O. bei dem Eingriff assistieren. Man wird Viktoria ein Loch in die Schädeldecke bohren und die darunterliegende Hirnhaut anritzen. Das abgelassene Blut wird dann über eine Drainage abgeleitet. Diese verbleibt nach der OP zusammen mit einer Drucksonde im Kopf, um rechtzeitig einen erneuten Anstieg des Hirndrucks zu detektieren. Die OP wird ca. eine Stunde dauern. Sie behalten sich vor, Viktoria anschließend zunächst auf der neurochirurgischen Intensivstation zu behalten, abhängig vom Verlauf der OP.

Wir sind einerseits völlig niedergeschlagen von den aktuellen Ereignissen. Andererseits keimt in uns aber auch die Hoffnung, daß mit einem positiven Verlauf der OP Viktoria schnell wieder aus dem künstlichen Koma geholt werden kann.

Die OP verläuft glücklicherweise glatt. Dr. O. telefoniert mit uns und berichtet, daß sie froh sind, den Eingriff durchgeführt zu haben, denn das Blut im Gehirn stand unter hohem Druck. Es gab keine Komplikationen, Viktoria wird zurück ins Olgäle verlegt. Einerseits erleichtert aber andererseits schockiert von den sich überschlagenden Ereignissen dieses Tages besuchen wir sie alsbald nochmals.

Ihr Zustand ist stabil, es ist jedoch kein schöner Anblick. Sie ist völlig nackt, liegt auf dem Rücken, unzählige Schläuche und Kabel führen zu und in ihren kleinen Körper. Links und rechts neben ihrem Bett steht jeweils eine Batterie an Perfusoren, Geräte, die kontinuierlich mit Medikamenten gefüllte Spritzen in unsere Tochter pumpen. Über ihrem Kopfende thront ein Monitor, der ihre Werte anzeigt – es ist kein leeres Plätzchen mehr darauf zu finden, so voll ist die Anzeige. Alle paar Minuten piept eines der Geräte und fordert Aufmerksamkeit. Die Schwester ist durchgehend damit beschäftigt, alles am Laufen zu halten.

Man versichert uns, daß in dieser sehr tiefen Sedierung die Kinder absolut nichts mitbekommen. Das wäre auch besser so.

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Mittwoch, 22.6.2011

Oma Anneliese kommt zu Besuch. Viktorias Blutwerte haben sich gegenüber dem Vortag nochmals gebessert, nur die Thrombozyten sind noch nicht auf einem akzeptablen Niveau. Für morgen wird ein Kontroll-MRT angesetzt, um zu sehen, ob die Schwellung des Gehirns zurückgeht. Es besteht aufgrund der im Kopf verbleibenden Sonde ein erhöhtes Risiko, da diese aus Metall besteht, gleichwohl gibt es leider keine Alternative zum MRT. Man möchte Viktoria nur so lange wie dringend nötig im Koma halten. Sobald man sähe, daß die Schwellung zurückgehe, könne man das Medikament absetzen und sie aufwachen lassen. Das Aufwachen an sich kann je nach Fall zwei Stunden dauern, vielleicht aber auch zwei Tage und länger. Man kontrolliert dabei kontinuierlich den Hirndruck und muß ggf. die Sedierung wieder aufnehmen, um das Gehirn zu schützen. Nach einiger Zeit kann dann ein neuer Versuch gestartet werden.

Wir haben abends ein sehr ausführliches Gespräch mit dem Hämatologen Dr. M. Er kann uns nun die gesicherte Diagnose stellen. Viktoria hat definitiv Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH). Und leider hat es auch den Anschein, daß die Ursache genetischer Natur ist. Gewisse Zelleigenschaften konnte man in ihrem Blut nicht nachweisen, was darauf hindeutet, daß es sich um einen angeborenen Defekt handelt. Gewißheit verschafft jedoch nur ein Gentest, für den Blut von Vater, Mutter und Kind getestet wird. Dabei wird auch gleich die HLA-Typisierung gemacht, um zu sehen, ob ein Elternteil als potentieller Knochenmarkspender in Frage kommt. In der Regel sind Eltern jedoch leider unpassende Spender.

Einerseits sind wir erleichtert, daß nun endlich Gewißheit herrscht. Andererseits handelt es sich um eine sehr schwere Erkrankung und wir können uns noch nicht ganz ausmalen, welcher Weg nun vor uns liegt. Es wird sicherlich kein Spaziergang werden.

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Donnerstag, 23.6.2011

Heute ist die MRT-Kontrolle. Man hat sich entschieden, das Sedierungsmittel Trapanal bereits jetzt abzusetzen und ist für die Untersuchung auf Propofol umgestiegen, welches keine so tiefe Sedierung verursacht und auch schneller vom Körper abgebaut wird. Man sieht bei Viktoria ab und zu einen Finger oder Arm zucken.

Das Ergebnis der MRT-Untersuchung ist sehr erfreulich: Die Schwellung ist deutlich zurückgegangen, das Hämatom gut abgeflossen! Man entscheidet sich dafür, die Kopf-Drainage zu schließen und das Sedierungsmittel abzusetzen. Der Kopf-Druck steigt etwas an, liegt aber noch im grünen Bereich. Jetzt müssen wir warten, bis sie aufwacht. Wie lange das dauert, kann man nicht sagen, weil das Trapanal von jedem Menschen unterschiedlich schnell abgebaut und ausgeschieden wird. Viktoria wird so lange gut umsorgt, leicht bewegt, massiert, gestreichelt. Es gibt auch erste Körperreaktionen, sie bewegt ein wenig ihren Arm, wenn sie durch Massage gekitzelt wird. Dennoch atmet sie noch nicht selbständig. Man erwartet nicht, daß sie die kommenden Stunden bereits extubiert werden kann, wir möchten dennoch angerufen werden, sollte sich etwas tun.

Abends bekommen wir beide noch Blut abgenommen, das zusammen mit Viktorias Blut morgen an die Labore für die HLA-Typisierung und den molekulargenetischen Test geschickt werden soll.

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Freitag, 24.6.2011

Die Nacht über wurden wir nicht angerufen. Sie schläft noch immer, als wir morgens zu ihr kommen, sie atmet aber mittlerweile selbständig mit. Das Blutbild von heute ist viel besser geworden. Die Leukozyten sind fast wieder auf Normalniveau, diese waren in den vergangenen Tagen stets zu wenig und haben sich seit Beginn der Therapie erholt. Viktoria bekommt noch Thrombozyten wegen der Drainage am Kopf. Sie soll heute auch noch einmal Erythrozyten bekommen, da diese über die vergangenen Tage kontinuierlich abgenommen haben. Das liegt aber nicht unbedingt an der Krankheit, sondern zu einem großen Teil auch an den vielen Blutentnahmen. Säuglinge haben einfach viel weniger Blut zur Verfügung. Dafür spricht auch, daß der gelbe Farbstoff im Blut (ein Abbauprodukt der roten Blutkörperchen) zurückgegangen ist. Es sieht also nicht danach aus, daß die Erkrankung weiterhin viele Erythrozyten auffrißt. Die Leberwerte haben sich wieder verschlechtert, was den vielen Medikamenten geschuldet ist, die sie immer noch bekommt. Leider hat sie über Nacht Fieber bekommen und hat aufgrund dessen einen erhöhten Puls. Sie wird von außen gekühlt und bekommt ein fiebersenkendes Medikament.

Es wird spannend. Da Viktoria nun schon einige Zeit selbständig atmet, soll sie extubiert werden. Währenddessen müssen wir den Raum verlassen. Nach einer langen Wartezeit kommt Dr. H. zu uns und erzählt uns enttäuscht, daß sie es gar nicht erst versucht hätten. Es wurde gerade eben noch eine Ultraschall-Untersuchung des Schädels durchgeführt, während der Viktoria einen erneuten Krampfanfall erlitten hat. Aufgrund dessen wird erneut ein Notfall-MRT durchgeführt. Wieder müssen wir warten.

Nach erneut sehr langer Wartezeit dann der nächste Schock. Im aktuellen MRT ist entdeckt worden, daß das Hirnödem sich ausgeweitet hat und die rechte Seite nun mit einschließt. Das paßt zum letzten Krampfanfall, der am linken Arm zu sehen war. Die Ärzte haben sich lange beraten. Dr. L. und Dr. M. erklären uns, daß sie sich dafür entschieden haben, Viktoria erneut mit Trapanal in tiefe Sedierung zu versetzen, um das Gehirn zu schützen. Die oberste Priorität müsse der Unterdrückung der Krampfanfälle gelten. Aus diesem Grund bekommt sie zusätzlich zu Phenytoin noch Keppra, ein noch stärkeres Antikonvulsivum (krampfverhinderndes Medikament). Man kann uns nicht erklären, woher dieses neue Ödem kommt, vermutet aber einen Zusammenhang mit den Krampfanfällen. Ebensowenig kann man das neuerliche Fieber erklären. Da die HLH als Ursache der Krampfanfälle vermutet wird, wird die Therapie mit Kortison und Zytostatika unvermindert weitergeführt. Auf weitere intrathekale Gaben von Methotrexat will man aber vorerst verzichten, da es bereits Fälle gegeben hat, bei denen dieses Medikament Komplikationen auslöste. Diese Krankheit verläuft von Fall zu Fall sehr unterschiedlich, bei Viktoria scheint offensichtlich vermehrt das Gehirn betroffen zu sein.

Sie soll in dieser Sedierung vorerst verbleiben. Man will in gewissen Abständen das Trapanal reduzieren oder ganz aussetzen, um sie leicht aufwachen zu lassen, um zu sehen, ob sie erneut Krampfanfälle bekommt. Unabhängig vom Ergebnis soll sie jedoch gleich wieder tiefer schlafen. Für die kommende Woche ist dann ein weiteres MRT geplant, von dessen Ergebnis das weitere Vorgehen abhängt.

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Samstag, 25.6.2011

Es ist nicht viel passiert. Sie bekommt in ihrer tiefen Sedierung weiterhin Muttermilch über die Magensonde, Ute pumpt fleißig ab. Stündlich wird Viktoria in die Augen geleuchtet. Da sie geweitete Pupillen hat und auch trotz tiefer Sedierung manchmal ein Muskeltonus zu spüren ist, wird das geplante leichte Aufwachen verschoben. Beides sind Indikatoren für Krampfanfälle, man möchte kein Risiko eingehen.

Das Blutbild hat sich weiter verbessert. Viktoria hat in den letzten 24 Stunden keine Blutprodukte bekommen und die Werte sind stabil. Sie hat einen leicht erhöhten Puls von 150, ohne daß sie fiebert. Nach einer erhöhten Flüssigkeitszufuhr und einer Reduzierung des blutdruckregulierenden Medikaments Arterenol geht dieser aber wieder auf normale 120 zurück. Unsere Nerven liegen blank – schon solch leichte Abweichungen von Normalwerten lösen bei uns bereits mittelschwere Krisen aus.

Viktoria bekommt noch immer starke Gaben von Phenytoin und Keppra. Laut Dr. H. hat sie da mittlerweile einen „schönen Spiegel“.

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Sonntag, 26.6.2011

Ihr Blutbild ist weiter ohne Gabe von Blutprodukten stabil geblieben. Morgens wird das Sedierungsmittel Trapanal abgeschaltet, um ihre Reaktion darauf zu testen. Sie hat immer wieder für kurze Zeit erweiterte Pupillen und ab und an zuckt mal ein Finger. Das sind aber nur Indikatoren für Krampfanfälle, kein deutliches Zeichen dafür.

Man beraumt für kommenden Dienstag ein weiteres MRT an, um den Verlauf des Ödems beurteilen zu können. Bis dahin will man sie nicht aufwachen lassen, sondern nur immer wieder für kurze Zeit das Sedierungsmittel absetzen und ihre Reaktionen darauf beobachten.

Schön ist, daß Viktoria weiterhin Muttermilch über ihre Magensonde bekommt. Die Menge wurde kontinuierlich gesteigert und beträgt mittlerweile 50ml alle 4 Stunden. Da der Magen sich nach dieser Zeit wieder leert, scheint das Verdauungssystem zu funktionieren. Unter der Sedierung aber nur sehr langsam. Stuhlgang hatte sie bis heute trotz Mikroklist nicht.

Wir sprechen uns gegenseitig Mut zu, nehmen jedes noch so kleine positive Anzeichen als Grund, um die Zuversicht aufrecht zu erhalten, daß das alles noch ein gutes Ende nimmt.

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Montag, 27.6.2011

Ihr Blut bleibt leider nicht mehr ganz stabil. Die Thrombozyten sind wieder etwas zurückgegangen, so daß sie heute erneut welche bekommen soll. Ebenso ist die Zahl der Leukozyten zurückgegangen. Der HB-Wert blieb hingegen stabil. Das wirkt nicht gerade beruhigend auf uns.

Der Termin für die MRT-Untersuchung wird auf heute abend vorgezogen. Der Befund stürzt uns erneut in eine Krise. Die diensthabende Ärztin teilt uns am Telefon mit, daß das Ödem nicht zurückgegangen ist, im Gegenteil. Es ist sogar noch ein wenig größer als am Freitag. Man hat weiterhin keine Erklärung dafür. Sie versucht uns zu beruhigen, indem sie sagt, daß die Schwellung noch nicht so weit vorangeschritten ist, daß neurochirurgische Maßnahmen indiziert wären. Aber beruhigend klingt das in unseren Ohren ganz und gar nicht.

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Dienstag, 28.6.2011

Viktoria hatte heute mit etwas Hilfe Stuhlgang, sogar zweimal. Daß sie da Hilfe benötige, sei aber unter dieser tiefen Sedierung völlig normal. Wenigstens die Darmtätigkeit scheint ungebrochen. Um 12.00 Uhr wird das Trapanal ausgeschaltet, um Viktorias Reaktion zu beobachten. Bis zum Abend hat sie keine Anzeichen für weitere Krampfanfälle, die Pupillen reagieren bereits wieder auf Licht. Selbständig atmen tut sie aber noch nicht.

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Mittwoch, 29.6.2011

Sie ist weiterhin am Aufwachen, ab und an zuckt mal ein Finger oder die ganze Hand. Momentan nur auf der rechten Körperseite. Von Zeit zu Zeit atmet sie mit, aber noch nicht durchgehend. Gegen Abend werden ihre Bewegungen heftiger. Die ganze Hand zuckt mittlerweile, nicht rhythmisch (was auf Krämpfe hindeuten würde) sondern eher wild und chaotisch. Es gleicht mehr einem Zittern als einem Zucken. Die Pupillenreaktion ist nicht eindeutig, so daß man nicht genau sagen kann, ob es sich hierbei um Krämpfe handelt oder nicht. Später ist sogar die Zunge davon betroffen, auch nur auf der rechten Seite. Man kann das gut sehen, da Viktorias Mund leicht geöffnet ist. Die Ärztin verordnet Dormicum, ein Narkosemittel und ebenfalls ein Krampfhemmer. Das Zucken verstummt sofort. Man möchte für morgen ein EEG anberaumen, um zu wissen, ob es sich um ein Krampfen handelt oder nicht.

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Donnerstag, 30.6.2011

Immer wenn das Dormicum nach ein bis zwei Stunden abgebaut wurde, fängt Viktoria wieder an zu zittern. Mittlerweile zittert auch die linke Körperhälfte, im Lauf des Tages zittert fast jeder Muskel an ihrem kleinen Körper. Es sieht nicht besonders gut aus und Dr. H. bescheinigt uns auch, daß das nicht normal sei. Das EEG bringt dann letztlich Klarheit. Man findet deutliche Anzeichen von Krampfbereitschaft. Das Zittern ist also als Krampfen zu deuten. Verdammt! Wir sind niedergeschlagen.

Am Abend haben wir noch ein Gespräch mit dem Hämatologen Dr. M. Ecke quetscht ihn mächtig aus und er gibt bereitwillig und geduldig Auskunft. Einiges haben wir verstanden:

Die Blutwerte, insbesondere die Leukozyten und Thrombozyten sind wieder etwas rückläufig. Andere Werte, wie z.B. das Ferritin sind stabil. Dr. M. meint, das könnte an einer falschen Dosierung der Medikamente für die Therapie liegen, insbesondere Etoposid. Gibt man zu wenig, unterdrückt man zu wenig Immunzellen und es werden vermehrt gesunde Blutzellen aufgefressen. Gibt man zu viel, müssen wiederum vermehrt auch Leukozyten dran glauben. Um herauszufinden, wie hier der Zustand ist, möchte er morgen eine weitere Knochenmarkpunktion durchführen, da man hiermit erkennen kann, ob dort noch Hämophagozytose stattfindet (dann wäre es zu wenig Etoposid). Klingt logisch für uns.

Die befallenen Organe wie die Milz und die Leber haben sich schön erholt, sogar schneller als man das erwartet hätte. Nur scheint die Hämophagozytose allem Anschein nach bei Viktoria hauptsächlich im Kopf noch aktiv zu sein. Davon ist aufgrund der starken Krampfanfälle trotz der hohen Medikation durch Krampfhemmer auszugehen. Im Liquor wurden nur wenige Zellen mehr als normal entdeckt (neun statt fünf), das scheint also nicht das Primärproblem zu sein. Die Aktivität kann aber genausogut in den Blutgefäßen oder auch im Gewebe selbst stattfinden. Die Lymphozyten haben die Fähigkeit, selbst dorthin zu gelangen. Müssen sie auch, denn auch Krankheitserreger können sich im Gewebe festsetzen und müssen vom Immunsystem bekämpft werden können. Dr. M. vermutet, daß man durch Fortführung der Therapie letztlich auch hier Erfolg haben wird.

Auch das Ödem im Gehirn kann damit in Einklang gebracht werden. Dieses, so erklärt er weiter, ist übrigens gar nicht so dramatisch im Moment, es wäre nicht „raumfordernd“. Es bestünde aktuell also keine akute Gefahr durch die Schwellung, daß der Hirndruck ansteige und Hirngewebe gefährdet wäre.

Die oberste Priorität hat immer noch die Bekämpfung der Krampfanfälle. Da man nur sehr ungern wieder Trapanal einsetzen würde (es gibt keine Studien über dessen Langzeiteinsatz), kommt noch ein weiterer Krampfhemmer dazu: Topamax.

Als wir gehen wollen, zittern ihre Hände schon wieder. Sie bekommt abermals Dormicum verabreicht, was das Zittern instantan stoppt. Wie oft soll das noch so weitergehen?!

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Freitag, 1.7.2011

Oma Greta ist zu Besuch. Das Dormicum bekommt Viktoria mittlerweile dauerhaft. Dennoch zittern ihre Hände von Zeit zu Zeit. Das scheint sich zu verstärken, wenn man sie „manipuliert“, wenn man also etwas an ihr macht, sie bewegt.

Die Knochenmarkpunktion ergibt keine Phagozytose im Knochenmark mehr, woraufhin man das Etoposid über das Wochenende aussetzt. Die Dosierung der Chemotherapie war also doch etwas zu hoch. Nachmittags wird abermals ein EEG gemacht. Wir sind schon wieder aufs Äußerste angespannt und erwarten das Schlimmste.

Das EEG zeigt keine Krampfanzeichen. Wir können es fast nicht glauben! Die Auswertung des EEGs ergibt, daß Viktorias Bewegungen nicht mit den Ausschlägen im EEG korrelieren. Zudem sind ihre Pupillen in Ordnung. Ihre Bewegungen sind somit keine Krampfanfälle! Die erste richtig gute Nachricht seit knapp zwei Wochen!

Gegen Abend werden ihre Bewegungen immer stärker. Als die Schwester ihr eine neue Windel verpaßt und sie sie dafür anheben muß, macht Viktoria mit der rechten Hand eine Faust und bewegt den ganzen Arm dazu. Später fällt uns auf, daß ihre Augenlider zucken. Es sieht so aus, als würde sie ihre Augen darunter bewegen. Die Bewegungsmuster sind chaotisch, nicht rhythmisch. Immer noch kein Anzeichen für Krämpfe. Die Augen sind einen winzigen Spalt geöffnet, der Mund hat sich soeben geschlossen (er stand die meiste Zeit über offen). Die Schwester leuchtet in ihre Augen – die Reaktion ist normal. Aber auch nachdem die Schwester ihre Augen wieder verschließt, sind sie sofort wieder einen Spalt geöffnet. Es wird gerade immer deutlicher: Viktoria will aufwachen!

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Samstag, 2.7.2011

Heute wird ein weiteres MRT gemacht, um die Situation im Kopf beurteilen zu können. Der Befund bestätigt unseren Eindruck, den sie auf uns macht. Das Ödem im Gehirn ist deutlich zurückgegangen. Es herrscht in ihrem Kopf noch lange kein Normalzustand, aber der Radiologe erklärt uns beim Zeigen der Bilder, daß das nach so kurzer Zeit auch nicht zu erwarten ist. Hurra! Es geht wirklich aufwärts!

Den Rest des Tages verbringen wir wie immer an ihrem Bettchen. Da keine akute Gefahr mehr fürs Gehirn besteht, darf sie nun endlich umgelagert werden – als neuroprotektive Maßnahme mußte sie zuvor stets auf dem Rücken liegen. Sie hat immer wieder Phasen, in denen sie einfach nur ganz ruhig daliegt und dann auch wieder Phasen, in denen sie „wacher“ zu werden scheint. Dann beginnen ihre Hände und Füße wieder zu zittern, sie blinzelt und öffnet die Augen ein kleines bißchen. Mehr scheint momentan aufgrund der starken Medikation nicht drin zu sein. Zusätzlich zum Dormicum bekommt sie ja vier (!) Antikonvulsiva, eines davon, Phenobarbital, wird auch als starkes Schlafmittel eingesetzt. Tremor (Zittern der Hände) ist eine typische Nebenwirkung dieser Medikamente. Da scheint es nur verständlich, daß sie zittert und es ihr momentan nicht gelingt, wirklich aufzuwachen. Was sie gerade von ihrer Umwelt mitbekommt, kann uns niemand sagen.

Es wird so langsam klar, daß wir noch einen sehr weiten Weg vor uns haben. Der erste kleine Schritt zur Gesundung aber scheint gemacht.

Was die Nahrungsmenge über die Magensonde angeht, sind wir mittlerweile bei 90ml alle 4 Stunden angelangt. Ute kommt mit dem Produzieren von Muttermilch nicht mehr hinterher, Viktoria wurde ja auch schon seit fast einem halben Jahr Brei zugefüttert. Die fehlende Menge wird mit industrieller Säuglingsmilch aufgefüllt. Diese scheint sie wesentlich langsamer zu verdauen.

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Sonntag, 3.7.2011

Über Nacht wird bei Viktoria immer mal wieder ein kurzzeitiger Anstieg des Hirndrucks verzeichnet. Die Ausschläge korrelieren aber nicht mit ihren „wach“-Phasen, in denen sie vermehrt Muskelaktivität zeigt. Sie bekommt ein Schmerzmittel, das scheint zu helfen. Gut möglich, daß es ihr einfach dreckig geht. Sie hat auch immer wieder kurzzeitig leichtes Fieber. Sie wird mit Kühlelementen gekühlt und bekommt ein fiebersenkendes Medikament.

Wir sprechen mit Dr. M., einem der Neurologen. Er sieht die Ursache sowohl der Krampfanfälle als auch des Ödems in der Grunderkrankung, der HLH. Er ist auch sichtlich darüber erleichtert, daß die Situation sich erfreulicher zeigt als letzte Woche. Er erzählt, daß sie regelrecht verzweifelt waren und sich diese Verschlechterung nicht erklären konnten. Das hat sich insofern gebessert, daß man von Trapanal wieder weggekommen ist und trotzdem, vermutlich dank der anderen Medikamente, keine Krampfbereitschaft mehr im EEG gesehen hat. Zudem hat sich das Ödem zurückgebildet. Die zu beobachtenden Bewegungen wie das Zittern der Hände lassen sich durchaus auch auf die starken Antikonvulsiva zurückführen, die sie immer noch bekommt. Ob Schäden im Gehirn vorhanden sind und ob daraus bleibende Schäden resultieren, wird man noch lange nicht sagen können. Der Fahrplan für die kommenden Tage sieht vor, zunächst das Dormicum auf Null zu reduzieren. Morgen soll nochmal ein EEG gemacht werden. Verläuft das unauffällig, sollen auch die weiteren Medikamente schrittweise reduziert werden, angefangen mit Phenytoin. Die Menge an Phenobarbital, die sie bekommt, sei zwar hoch aber nicht so hoch, daß sie davon schlafen sollte. Wir haben da aber so unsere Zweifel…

Viktorias „wach“-Phasen ändern sich auch leicht. Das Zittern geht vermehrt in spezifische Bewegungen der Hand oder einzelner Finger über. Zudem öffnet sie ihre Augen noch weiter, fast bis zur Hälfte. Auf optische Reize reagiert sie aber nicht. Noch nicht? Sie reagiert aber sehr wohl auf Berührungen mit vermehrter Bewegung. Schon bei leisen Geräuschen zuckt sie zusammen. Die Atemzüge, bei denen sie mitatmet, werden mehr. Es gibt auch erste Anzeichen für ein Mithusten. Eine Grundvoraussetzung für eine Extubation.

Sie bekommt heute wieder Thrombozyten.

Abends wird sie einmal spontan richtig wach, sie macht den Eindruck, als wollte sie husten. Sprungartig steigen Puls und Blutdruck an, sie zittert am ganzen Körper. Ecke vermutet Schmerzen, eine Art Entzug? Die Schwester meint, wären es Entzugserscheinungen, würde Viktoria sich nicht von alleine wieder beruhigen, so wie sie es bereits mehrmals getan hat. Das sei untypisch dafür. Sie bekommt dennoch ein Schmerzmittel. Sofort beruhigt sie sich wieder, die Werte normalisieren sich und sie macht bald wieder den Eindruck, zu schlafen.

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Montag, 4.7.2011

An ihrem Zustand hat sich nicht viel geändert. Ihre Bewegungen werden differenzierter, sie zittert weniger, wir sehen immer mehr chaotisch anmutende Bewegungsmuster an Händen und Füßen. Meistens ballt sie ihre Hände zu Fäusten, nur selten streckt sie die Finger von sich. Das gefällt uns dennoch deutlich besser als das Zittern. Außerdem atmet sie auch während der Schlafphasen nun regelmäßiger mit. Manchmal bewegt sie ganz leicht ihre Zehen und Finger währenddessen. Vielleicht döst sie nur?!

Sie hat an den Oberarmen einen Ausschlag entwickelt. Das könnte eine Reaktion auf die Medikamente sein, vielleicht auch auf eine Creme oder ein Waschmittel. (Sie kriegt jetzt wieder Kleidung angezogen.)

Mittags findet ein weiteres EEG statt. Wieder werden keine Anzeichen für Krampfbereitschaft gefunden. Sehr beruhigend. Allerdings sei das EEG „sehr flach“ gewesen. Man kann im jetzigen Stadium noch lange nicht sagen, ob Viktoria neurologische Schäden (körperliche oder geistige Behinderungen/Entwicklungsstörungen) davontragen wird.

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Dienstag, 5.7.2011

Mittags wird Viktoria unter leichter Narkose die Hirndrucksonde entfernt. Man benötigt diese nicht mehr, da der Hirndruck zwar auch immer mal wieder kurzzeitig angestiegen war, aber nie in bedrohliche Bereiche kam. Juhu! Jedes Kabel weniger bringt etwas mehr Normalität.

Das Dormicum wird anschließend abgesetzt. Auch auf das blutdruckanhebende Mittel Arterenol kann von nun an verzichtet werden. Uns fällt auf, daß Viktoria sehr geräuschempfindlich ist. Bei jedem noch so kleinen Geräusch zuckt sie unverzüglich zusammen. Zumindest ihr Gehör funktioniert also noch bestens. An ihrem Zustand hat sich ansonsten nicht wirklich etwas geändert. Wir werden wohl noch sehr viel Geduld haben müssen, bis der nächste kleine Schritt in Richtung Gesundung gemacht ist.

Dr. S., der gerade diensthabende Arzt, stellt sich uns vor. Er erzählt uns, daß im Blut praktisch keine Granulozyten mehr zu finden sind. Diese zu den Leukozyten zählenden Zellen sind quasi die Immunabwehr des Körpers. Was im jetzigen Zustand eine Infektion anrichten würde, wollen wir uns lieber gar nicht ausmalen. Daß diese Zellen zurückgingen sei aber normal, da diese nur eine Lebenszeit von einigen Stunden haben und das Etoposid im Knochenmark quasi den Nachschub unterbindet. Das Knochenmark müsse sich zunächst etwas erholen, um erneut Granulozyten bilden zu können. Dr. S. meint, daß sich die Granulozyten ganz von selbst erholen werden und daß deren Funktion im Moment durch Medikamente (Antibiotika, Virostatika und Antimykotika) übernommen wird.

Da Dr. S. erwähnt, daß er ein Jahr lang bei Dr. M. in der Onkologie war, wird er von Ecke noch etwas ausgequetscht, was diese HLH angeht. Durch seine Ausführungen bekommen wir wieder etwas Aufwind. Durch die schläfrig machende Wirkung der Medikamente und Viktorias Vorgeschichte sei es eigentlich gut nachvollziehbar, wie sie sich gerade verhält. Und der Trend ginge ja eindeutig in die richtige Richtung, nämlich aufwärts. Das sehen wir auch so.

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Mittwoch, 6.7.2011

Es gibt keine große Veränderung zu gestern. Viktorias Ausschlag hat sich auf den Bauch ausgeweitet. Sie bekommt erneut eine intrathekale Gabe von Kortison. Außerdem wird ein weiteres EEG durchgeführt mit demselben Ergebnis wie vorgestern: Sehr flach aber keine Krampfpotentiale erkennbar. Der ZVK am Bein wird gezogen, da sie nicht mehr so viel Infusionen benötigt. Sie hat noch den anderen an der Schulter, der reicht für Medikamente aus. Jedes Kabel das entfällt und jeder Schlauch der nicht mehr benötigt wird, weckt wieder mehr Hoffnung in uns. So darf es weitergehen.

Ach ja, ihre Verdauung funktioniert mittlerweile wieder prima. Sie hat zwar starken Durchfall, aber bei der Menge an Medikamenten ist das auch nicht verwunderlich. An Nahrung bekommt sie mittlerweile 150ml alle 4 Stunden. Auch ihre Nieren arbeiten zufriedenstellend so daß man das ausschwemmende Mittel Lasix absetzen kann.

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Donnerstag, 7.7.2011

Viktoria wirkt nun deutlich wacher als noch vor einigen Tagen. Die Augen sind halb geöffnet, man könnte sich einbilden, sie erkennt ihre Mama. Auch der Papa wird einmal direkt angeblickt, nachdem er sich durch seine Stimme bemerkbar macht. Was für ein schönes Gefühl.

Aber gleich darauf blickt sie wieder ins Leere. Die Bewegungen ihrer Extremitäten sind nicht normal, eher unkoordiniert und angespannt. Die linke Hand ist stets stark nach außen gekrümmt. Außerdem macht sie einen furchtbar schwachen Eindruck, sie kann sich quasi nicht bewegen. Das wird vor allem deutlich, wenn man sie umlagert.

Sie atmet mittlerweile stets mit. Die Beatmung wurde umgestellt auf „unterstützendes Atmen“, d.h. Viktoria darf bzw. muß fast alleine atmen und das Gerät hilft nur noch, wenn sie länger als zehn Sekunden gar nicht atmet. Sie hustet auch mit, wenn Sekret aus der Lunge abgesaugt wird. Beides sind Voraussetzungen für eine Extubation, der nächste große Schritt. Was dafür aber noch fehlt, ist das Schlucken, denn wenn sie selbständig atmet und Sekret abhustet, muß sie dieses auch hinunterschlucken können, sonst würde es zurück in die Lunge fließen. Daß sie schluckt, hat man aber noch nicht beobachtet. Die Spucke sammelt sich eher im Mund und bildet irgendwann Blasen auf den Lippen.

Da im Dauer-EEG immer wieder kurze Ausschläge zu beobachten sind, wird heute ein weiteres (großes) EEG durchgeführt. Immer noch gibt es keine Anzeichen für Krampfpotentiale. Prima, das darf so weiter gehen! Viktorias Bewegungen schüren bei uns jedoch Ängste, ihr Gehirn könnte durch die HLH bleibende Schäden erlitten haben. Besonders ihre Hände sehen sehr verkrampft aus, die Bewegungen wirken spastisch. Normal sind sie jedenfalls nicht. Hoffentlich wird das noch besser…

Gegen Abend hat sie heftige Ausschläge im EEG, aber nur einseitig. Einer der Werte schnellt über 70 hoch, auf der anderen Seite wird lediglich 0,05 angezeigt! Gleichzeitig sieht man auch an ihrem rechten Arm deutlich mehr Aktivität als auf der linken Seite. Die Schwester beruhigt uns, daß diese Messungen furchtbar ungenau seien und das auch an nicht gut anliegenden Elektroden liegen kann, oder daran, daß Viktorias Kopf nun auf der anderen Seite liegt. Daß es Krämpfe sind, glauben wir zwar nicht. Aber gerade die hohe Amplitude auf nur einer Seite verursacht schon wieder ein flaues Gefühl in der Magengegend.

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Freitag, 8.7.2011

Heute gibt’s wirklich gar nicht Neues. Sie wirkt vielleicht wieder einen Tick wacher als gestern, ihre Bewegungen weisen aber immer noch auf „neurologische Störungen“ hin. Am Montag soll das nächste MRT gemacht werden.

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Samstag, 9.7.2011

Heute ist Viktorias erster Geburtstag. Den haben wir uns wahrlich anders vorgestellt. Trotzdem ALLES GUTE, KLEINE MAUS! Wir glauben weiterhin ganz fest daran, daß du wieder gesund wirst!

Sie wirkt erneut wacher als gestern. Wenn sie wach ist, sind ihre Augen mittlerweile fast ganz offen. Aber es ist schwer zu sagen, ob und was sie sieht. Man hat manchmal das Gefühl, sie bemerkt es, wenn man sich vor ihren Augen bewegt. Dann schaut sie einen kurz an und gleich darauf wieder woanders hin. Manchmal scheint es, sie schaue im Raum umher, dann starrt sie wieder einfach nur an die Decke. Die Bewegungen ihrer Hände und Füße sind unverändert seltsam. Es fällt zunehmend eine Seitendifferenz auf, die linke Seite bewegt sich weniger und sieht verkrampfter aus. Die rechte Seite ist aktiver und die Faust läßt sich leichter öffnen. Auch ihre Mundbewegungen sind rechts deutlicher als links, das linke Augenlid hängt leicht herunter (vgl. Samstag, 11.6.).

Der Blasenkatheter wird gezogen, da die Ausscheidung gut funktioniert. Man muß nun nicht mehr so genau die Flüssigkeitsbilanz bestimmen, es genügt die vollen Windeln zu wiegen. Schön, wieder ein Schlauch weniger!

Ute hat Viktorias Krankheitsgeschichte dazu genutzt, sich ein erstes graues Haar wachsen zu lassen.

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Sonntag, 10.7.2011

Das Online-EEG wird abmontiert, da man dort sowieso keine Veränderungen mehr beobachten kann. Die Anzeige am Monitor wirkt wieder deutlich aufgeräumter. Endlich kann man wieder ihren Kopf streicheln. Der sieht ganz schön malträtiert aus von den früheren Venenzugängen und dem ständigen Anbringen und Abziehen der Elektroden. Nur das Pflaster der Kopf-OP verdeckt noch den Blick auf die darunterliegende Narbe.

Viktoria selbst zeigt keine Veränderung zu gestern. Sie schaut einen immer noch nicht an, bewegt unkoordiniert ihre Hände und Füße und liegt ansonsten nur da. Immer wieder hat sie Fieber. Die HLH ist bestimmt noch aktiv.

Es beschleicht uns der Verdacht, ihr Gehirn müsse nach diesem „Reset“ vielleicht neu „hochfahren“ und alles nochmal von vorne lernen. Ihr Verhalten paßt in der Tat ziemlich gut auf ein Neugeborenes: Sie fixiert nichts mit den Augen, ihre Bewegungen sind unkoordiniert, Muskeln sind quasi keine vorhanden (ist auch kein Wunder nach dieser langen Liegedauer). Wir müssen einfach noch viel Geduld haben. Leicht gesagt…

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