Veränderung

Auch wenn die Griechen heute Pleite sind – einige der frühesten und größten Philosophen waren hellenischer Herkunft. Das hier von Heraklit von Ephesos ist 2500 Jahre alt:

Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung.

Diese Aussage hat durch die Jahrtausende nichts von ihrer Wahrheit eingebüßt. Augenscheinlich mag diese Weisheit nicht sehr tiefsinnig erscheinen. Wie wichtig sie tatsächlich ist, erkennt man jedoch durch die Beobachtung, wie sehr wir Menschen an Altem festhalten und wie oft wir Neues fürchten. In bekanntem und vertrautem Terrain wähnen wir uns geschützt und sicher und zwar so sehr, daß wir ein sehr hohes Maß an Leid akzeptieren, nur um diese vermeintliche Sicherheit nicht aufgeben zu müssen. Jede Veränderung des Status Quo gefährdet diese illusorische Sicherheit – daher haben wir erst einmal Angst davor.

Ich höre oder lese oftmals, die Angst der Menschen vor Veränderung sei natürlich. Sie sei ein Relikt der Evolution, weil Neues prinzipiell erst einmal unser Leben bedrohe und wir daher instinktiv mit Angst reagieren. Ich möchte dieser Ansicht hier ganz vehement widersprechen! Eine solche Angst mag normal sein, aber sie ist in meinen Augen keineswegs natürlich! Schaut euch an, wie ganz kleine Kinder auf Neues reagieren. Ich erinnere mich noch genau, wie das bei Viktoria war. Als sie zu Greifen begann, lag jedesmal, wenn ich ihr etwas Neues in die Hand gab, ein unglaublich faszinierter Ausdruck in ihrem Gesicht. Das neue Dingsbums wurde eindringlich untersucht, hauptsächlich natürlich mit dem Mund. Von Angst war da nichts zu sehen.

Stellt euch ein Kleinkind vor, daß auf dem Spielplatz etwas Unbekanntes im Sand findet. Instinktiv blickt es zunächst einmal fragend zur Mutter, um sich die Unbedenklichkeit bescheinigen zu lassen. Fällt deren Gesichtsausdruck nicht zu Boden, so gilt das neue Dings als ungefährlich und wird in Beschlag genommen und untersucht. Natürliche Angst vor etwas Unbekanntem sieht für mich anders aus.

Und wie steht es mit dem Umgang mit Menschen? Neugeborene haben keine Angst vor Fremden, das weiß jeder. Nach einigen Monaten stellt sich jedoch das sogenannte Fremdeln ein. Kinder fangen urplötzlich an zu weinen, wenn sie ein fremdes Gesicht sehen. Aber ist das Angst? Für mich ist das ein Ausdruck von Unsicherheit und von Überrumpelung. Das Gehirn hat erst kürzlich gelernt, zwischen bekannten und unbekannten Gesichtern zu unterscheiden und urplötzlich sieht sich das Kind mit einer neuen Emotion konfrontiert, nämlich dem Gefühl des „die oder den kenne ich gar nicht“. Diese Erfahrung kann tatsächlich schockierend sein, so daß den Kindern die Tränen kommen. Meist genügt es dann, wenn die Mutter das Kind auf den Arm nimmt und ein paar Schritte Abstand hält, so daß von diesem sicheren Bereich aus der Fremde studiert werden kann. Die Angst vor Neuem kann ich darin nicht sehen, eher ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit – welches zweifellos natürlich ist.

Halte ich mir das vor Augen, ist für mich klar: Angst vor Veränderung ist nicht natürlich! Ich denke, daß wir Erwachsenen den Kindern im Laufe ihres Lebens antrainieren, Veränderungen als Bedrohung wahrzunehmen – durch unsere Verhaltensweisen und durch das Vorleben unserer eigenen Neurosen. Doch Veränderung ist allgegenwärtig, sie ist ein natürlicher Bestandteil des Lebens. Ja, sie ist das Leben selbst! Es liegt in der Natur des Menschen, Veränderungen zu bewirken – an sich selbst und seiner Umwelt. Ein Mensch, der ewig an derselben Stelle verharrt, kämpft gegen seine Natur. Veränderung ist also ein wesentlicher Bestandteil unserer Existenz.

Ute und ich sind gerade voller Vorfreude auf die uns bevorstehende Veränderung. Sicher, wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Wir wissen nicht, welchen Weg dieses Kind gehen wird. Aber wir wissen genau, daß wir es lieben werden – egal, ob es krank oder gesund sein sollte. Unsere Erfahrung mit Viktoria hat uns gezeigt, daß wir diese Liebe in uns haben und daß wir diese auch weitergeben können. Damit haben wir vielen anderen werdenden Eltern etwas voraus. Niemand hat eine Garantie auf ein gesundes Kind. Es mag sein, daß unsere Chancen rein rechnerisch schlechter stehen als bei anderen. Doch kann man meines Erachtens keinen größeren Fehler begehen, als sein Leben an Statistiken auszurichten. So haben wir den Schritt ins Blaue gewagt und Umarmen die Veränderung, die auf uns zukommt. Es gibt keine passenden Worte, um zu beschreiben, wie sehr wir uns auf dieses Kind freuen.

Viktoria bekommt Ende Juni ein Geschwisterchen. 🙂

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5 Antworten zu Veränderung

  1. Thomas sagt:

    Endspurt für Euch Drei! 🙂
    Hoffe Ihr seid alle wohlauf und alles ist gut und drücke die Daumen, für die nächsten Wochen …!
    Liebe Grüße, Thomas

  2. Ruth aus Schweinfurt sagt:

    Hallo Ihr Lieben
    gerade habe ich auf Vickys Seite geschaut und die wunderbare Nachricht vom Geschwisterchen gelesen.
    Ich freue mich sehr und wünsche Euch von Herzen alles Gute
    Eure Ruth

  3. Carmen sagt:

    Hallo ihr Lieben,

    gerade habe ich mal wieder reingeschaut und es freut mich riesig für euch, dass ihr wieder ein Kind erwartet!

    Alles Gute und bis Dienstag, liebe Ute 😉

  4. Thomas sagt:

    Gesundheit und Glück für Euch drei!
    Wunderbare Nachrichten, freue mich riesig für Euch 🙂

  5. Nathalie sagt:

    Wir wünschen euch alles Gute!

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