Buch: Die spirituelle Welt der Kinder

Noch vor wenigen Jahren wurde Kindern keine eigene Spiritualität zugestanden. Es galt die Lehrmeinung, daß der Mensch sich erst mit der zunehmenden Entwicklung des Intellekts mit den wirklich wichtigen Fragen des Lebens beschäftigen kann (Wo kommen wir her? Was passiert nach dem Tod? usw.) Der Psychologe Tobin Hart räumt mit diesem Vorurteil ein für allemal auf. Über fünf Jahre hinweg sammelte er erstaunliche Geschichten über spirituelle Erfahrungen, die er von Kindern, deren Eltern oder anderen Menschen, die sich an ein Ereignis ihrer Kindheit erinnerten, erzählt bekam. Nicht selten bekam er im Gespräch mit fremden Menschen zu hören: „Ich habe es ja noch niemandem erzählt, aber auch ich hatte ein besonderes Erlebnis…“

Doch der Reihe nach. Was ist Spiritualität? Ein Auszug aus der Einleitung: „Wenn wir über Spiritualität sprechen wollen, ist das manchmal, als würde von einem Fisch verlangt, über das Wasser zu sprechen. Damit meine ich, daß die Spiritualität das Meer ist, in dem wir schwimmen – und wir bestehen in der Tat zum größten Teil aus Wasser. […] Unser ganzes Leben ist ein spirituelles Ereignis. […] Das Spirituelle findet sich auch in kleinen Alltagsmomenten: Ein kleines Kind umarmt uns, und uns geht das Herz auf. Wir atmen die milde Luft eines Frühlingstages, und die Freude darüber macht uns weich. […] Das Spirituelle ist stets gegenwärtig, ob wir uns dessen bewußt sind oder nicht – genau wie das Wasser, das den Fisch umgibt.“

Unter einer spirituellen Erfahrung ist somit ein Moment der Erkenntnis gemeint, ein kurzer Blick auf das, was uns vereint – der Fisch wird sich des Wassers bewußt. Spiritualität geht sogar noch darüber hinaus. Nicht immer ist man sich dieser Erkenntnisse bewußt, sie treten vielmehr als Gefühl in Erscheinung. Man ist sich einer Sache ganz sicher, kann aber nicht erklären, warum. Somit ist auch klar, daß auch Kinder spirituelle Erlebnisse haben können. Kinder „sehen“ mit dem Herzen. Sie sind noch weitgehend untrainiert, was das logische Denken angeht. In Bezug auf spirituelle Erfahrungen scheint das ein Vorteil zu sein, neigen wir Erwachsenen doch gerne dazu, Dinge zu „zerdenken“.

Viele Erfahrungen von und mit Kindern, die der Autor in diesem Buch wiedergibt, sind mehr als erstaunlich. Ein kleines Mädchen geht zu einer wildfremden Frau und sagt ihr, sie solle „den Papa in ihr Herz lassen“. Volltreffer. Die Frau bricht in Tränen aus und erzählt der Mutter des kleinen Mädchens von den Problemen mit ihrem Vater.
Ein ansonsten ruhiger kleiner Bub bekommt während einer Autofahrt einen so heftigen Schreikrampf, daß die Familie anhalten muß. Kurze Zeit später begräbt eine Gerölllawine in der Nähe die Straße unter sich – wären sie weitergefahren, wären sie vermutlich alle gestorben.
Eine 11-jährige kehrt plötzlich vom Spielen nach drinnen zurück und sagt zu ihrer Mutter: „Ellen [eine Freundin der Mutter] ist tot“. Die Mutter ist zunächst sehr entrüstet. Minuten später folgt ein Anruf, der bestätigt, daß ihre Freundin tatsächlich gerade gestorben ist.

Es sind Beispiele wie diese, die uns zeigen, daß Kinder scheinbar Zugang zu einer anderen Quelle des Wissens haben. Mit der Empfänglichkeit für diese Quelle verhält es sich wie mit Malen oder Klavierspielen. Manche haben eine Begabung dafür und manche eben weniger. Dieses Buch hilft, solche besonders begabten Kinder zu verstehen und bietet Ansätze, wie Eltern ihren Kindern bei der Verarbeitung solcher Erlebnisse helfen können. Es geht darum, die Kinder ernst zu nehmen. Wenn ein kleines Mädchen darauf beharrt, von ihrem früheren Leben als Indianerin zu erzählen, ist es wenig hilfreich sie als geisteskrank abzustempeln oder sie gar mit Medikamenten vollzustopfen. Vielmehr sollten wir unseren selbstgesteckten Horizont überprüfen und die Kinder dazu ermutigen, ihre Fähigkeiten zu nutzen und auszubauen. Ob man diese dann für Hellsichtigkeit, Einblicke in andere Realitäten oder pure Phantasie hält, ist dabei völlig nebensächlich.

Fazit: Ein hochgradig inspirierendes Buch, das uns eines ganz klar macht: Kinder sind spirituelle Führer. Sie lassen uns wachsen und führen uns zu uns selbst zurück. Folgender Abschnitt aus dem Vorwort macht das überdeutlich: „Ein Freund wurde von seiner 5-jährigen Tochter gefragt: „Papa, weißt du, warum die Kinder auf diese Welt kommen?“ „Nein“, antwortete mein Freund, „verrat es mir.“ „Um Erwachsenen beizubringen, wie man mit dem Herzen denkt, damit alles gut geht“, erwiderte sie. „Sonst denken sie mit dem Kopf, und das macht das Leben schwer.“

Fazit: Absolut lesenswert, auch für nicht-Eltern!
5/5 Sterne

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