Freitag, 24.6.2011

Die Nacht über wurden wir nicht angerufen. Sie schläft noch immer, als wir morgens zu ihr kommen, sie atmet aber mittlerweile selbständig mit. Das Blutbild von heute ist viel besser geworden. Die Leukozyten sind fast wieder auf Normalniveau, diese waren in den vergangenen Tagen stets zu wenig und haben sich seit Beginn der Therapie erholt. Viktoria bekommt noch Thrombozyten wegen der Drainage am Kopf. Sie soll heute auch noch einmal Erythrozyten bekommen, da diese über die vergangenen Tage kontinuierlich abgenommen haben. Das liegt aber nicht unbedingt an der Krankheit, sondern zu einem großen Teil auch an den vielen Blutentnahmen. Säuglinge haben einfach viel weniger Blut zur Verfügung. Dafür spricht auch, daß der gelbe Farbstoff im Blut (ein Abbauprodukt der roten Blutkörperchen) zurückgegangen ist. Es sieht also nicht danach aus, daß die Erkrankung weiterhin viele Erythrozyten auffrißt. Die Leberwerte haben sich wieder verschlechtert, was den vielen Medikamenten geschuldet ist, die sie immer noch bekommt. Leider hat sie über Nacht Fieber bekommen und hat aufgrund dessen einen erhöhten Puls. Sie wird von außen gekühlt und bekommt ein fiebersenkendes Medikament.

Es wird spannend. Da Viktoria nun schon einige Zeit selbständig atmet, soll sie extubiert werden. Währenddessen müssen wir den Raum verlassen. Nach einer langen Wartezeit kommt Dr. H. zu uns und erzählt uns enttäuscht, daß sie es gar nicht erst versucht hätten. Es wurde gerade eben noch eine Ultraschall-Untersuchung des Schädels durchgeführt, während der Viktoria einen erneuten Krampfanfall erlitten hat. Aufgrund dessen wird erneut ein Notfall-MRT durchgeführt. Wieder müssen wir warten.

Nach erneut sehr langer Wartezeit dann der nächste Schock. Im aktuellen MRT ist entdeckt worden, daß das Hirnödem sich ausgeweitet hat und die rechte Seite nun mit einschließt. Das paßt zum letzten Krampfanfall, der am linken Arm zu sehen war. Die Ärzte haben sich lange beraten. Dr. L. und Dr. M. erklären uns, daß sie sich dafür entschieden haben, Viktoria erneut mit Trapanal in tiefe Sedierung zu versetzen, um das Gehirn zu schützen. Die oberste Priorität müsse der Unterdrückung der Krampfanfälle gelten. Aus diesem Grund bekommt sie zusätzlich zu Phenytoin noch Keppra, ein noch stärkeres Antikonvulsivum (krampfverhinderndes Medikament). Man kann uns nicht erklären, woher dieses neue Ödem kommt, vermutet aber einen Zusammenhang mit den Krampfanfällen. Ebensowenig kann man das neuerliche Fieber erklären. Da die HLH als Ursache der Krampfanfälle vermutet wird, wird die Therapie mit Kortison und Zytostatika unvermindert weitergeführt. Auf weitere intrathekale Gaben von Methotrexat will man aber vorerst verzichten, da es bereits Fälle gegeben hat, bei denen dieses Medikament Komplikationen auslöste. Diese Krankheit verläuft von Fall zu Fall sehr unterschiedlich, bei Viktoria scheint offensichtlich vermehrt das Gehirn betroffen zu sein.

Sie soll in dieser Sedierung vorerst verbleiben. Man will in gewissen Abständen das Trapanal reduzieren oder ganz aussetzen, um sie leicht aufwachen zu lassen, um zu sehen, ob sie erneut Krampfanfälle bekommt. Unabhängig vom Ergebnis soll sie jedoch gleich wieder tiefer schlafen. Für die kommende Woche ist dann ein weiteres MRT geplant, von dessen Ergebnis das weitere Vorgehen abhängt.

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