Die ganze Nacht über hat Viktoria lautstark geatmet. Wir haben bei dem Krach kaum schlafen können. Auch morgens ist der Stridor nicht völlig weg, aber sie klingt nicht mehr ganz so angestrengt. Viktoria ist sehr, sehr schlapp, schmatzt zwar etwas, aber zum Essen reicht es nicht. Wie die letzten Tage auch schon müssen wir sondieren. Tagsüber schläft sie viel. Auch wenn sie mal nicht schläft, sind ihre Augen eigentlich durchgängig geschlossen. Nur für einige wenige Momente öffnet sie sie einen Spalt weit, vor allem bei Lichtwechseln von hell nach dunkel. Wir haben Besuch, nehmen Viktoria mit zum Spaziergang. Die Atmung ist die ganze Zeit zu hören. Laut und beständig. Sie muß oft husten. Es geht nicht so gut und erschöpft sie sichtlich.
Abends verlassen unsere Freunde die Wohnung. Sie sind noch keine fünf Minuten aus der Tür, als man auf einmal Viktorias Atmung nicht mehr hört. Sie atmet schon noch, aber ganz langsam und recht tief. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich fast unmerklich. Hält man den Finger an ihre Nase merkt man aber deutlich den Luftzug. Was das jetzt wohl wieder soll?! Aber gut, sie ist schwer krank und sie darf so atmen, wie sie möchte. Mulmig ist uns aber dennoch zumute. Es passiert irgendwas mit ihr.
Da wir es die letzten Tage vor uns hergeschoben haben, bringen wir Viktoria ins Bad, um sie zu waschen. Geduldig läßt sie uns gewähren, ab und an hören wir einen wohlig grunzender Seufzer. Sie atmet also noch, obwohl man sonst nichts hören kann. Nachdem auch ihre Haare gewaschen sind, setzt sich Papa mit ihr auf dem Schoß auf die Couch im Wohnzimmer und beobachtet sie. Sie ist schlapp wie ein Sack Kartoffeln, die Augen sind geschlossen, der Mund steht offen. Da fällt dem Papa auf, daß Viktoria etwas bläuliche Lippen hat. Schon bevor wir mit ihr ins Bad sind, war der Gedanke da. Aber nun manifestiert sich die Gewissheit, daß sie definitiv zu wenig atmet!
Ute kommt dazu. Wir müssen uns entscheiden. Notarzt – ja oder nein! Nach kurzer Überlegung greift Ecke spontan zum Hörer. Noch während er mit der Leitstelle telefoniert und die Frage gestellt bekommt, ob sie denn noch atmen würde, muß er stutzen – denn da ist kein Luftzug mehr! Nach dem Auflegen übernehmen spontane Reaktionen die Handlungsweise. Spontan – aber doch ruhig. Es bricht keinerlei Panik bei uns aus. Ecke preßt seine Lippen auf Viktorias Mund und pustet. Es kommt durch die Nase wieder heraus. Richtig, da war ja was. Also Nase zuhalten und weiter. Es geht schwer. Viktorias Atemwege sind total verschleimt. Aber es geht. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich. Nach einigen Zügen stellt Papa fest, daß die Halsschlagader nicht mehr zu sehen ist. Im Bad auf dem Boden liegend konnte man sie noch deutlich pulsieren sehen. Er versucht einen Puls zu finden. Am Hals. Auf der Brust. An der Hand. Er findet nichts. Aber er ist auch kein Profi, das muß ja noch nichts bedeuten.
Dennoch muß gehandelt werden. Der Notarzt ist informiert und man hat gelernt, bis zu dessen Eintreffen erste Hilfe zu leisten. Also legt Papa seine Tochter auf den Boden und beginnt die Reanimation. Abwechselnd beatmen und Herzdruckmassage. Er und auch Ute bleiben dabei ganz ruhig. Es passiert einfach. Nach einiger Zeit merkt Papa, daß es nichts bringt. Kein Puls, keine Atmung, keinerlei Reaktion. Der Gedanke, sie wird wahrscheinlich heute sterben, wird zum ersten mal ganz klar. Trauer überkommt ihn. Und doch schiebt er den Gedanken zur Seite. „Och nee, Kleine, komm! Jetzt noch nicht!“ kommt es über seine Lippen. Er macht weiter. Irgendwann – wir haben nicht auf die Uhr gesehen – trifft der Rettungsdienst ein. Wenig später kommt der Notarzt dazu. Wir setzen uns daneben und sehen zu. Immer noch ruhig – aber immer trauriger. Sie schaffen es, Viktoria mit Katecholaminen zu reanimieren. Ihr Herz schlägt wieder, Puls 170. Aber immer noch keine Atmung. Der Notarzt muß intubieren. In diesem Moment bereuen wir, daß wir ihn gerufen haben. Viktoria wird ins Krankenhaus nach Pforzheim transportiert – dort kennt man uns. Mama fährt im Krankenwagen mit, Papa mit dem Auto hinterher.
Während der halbstündigen Fahrt haben wir viel Zeit, das ganze auf uns wirken zu lassen – jeder für sich. Es wird immer mehr zur traurigen Gewissheit, daß dies keinen Wendepunkt in Viktorias Geschichte darstellt – sondern einen Endpunkt. Und doch glimmt noch immer etwas Hoffnung auf. Verrückt.
Wir treffen fast zeitgleich in der Klinik ein. Dort müssen wir im Wartezimmer der Intensivstation Platz nehmen, bis Viktoria umgelagert und angeschlossen ist. Mittlerweile hat sich viel Trauer in unseren Herzen ausgebreitet, doch es ist keine Verzweiflung dabei. Wir reden darüber, daß es nun doch vorbei zu sein scheint. Daß es für Viktoria sicher das Beste sein wird. Daß es für uns ja nicht völlig überraschend kommt. Daß wir es verkraften werden.
Eine Ärztin kommt mit ernster Mine zu uns ins Zimmer und sagt: „Es sieht nicht gut aus. Ihre Tochter war sehr lange ohne Sauerstoff, die Pupillen sind lichtstarr. Es tut mir Leid.“ Es ist eine traurige Nachricht, doch keine schockierende. Man hofft ja doch bis zum letzten Moment, aber es sieht nun doch nicht nach einer Wendung aus und wir hatten lange Zeit, uns auf diesen Moment einzustimmen.
Wir dürfen zu ihr.
Sie ist noch immer über den Mund beatmet und hängt über ihren Hickman-Katheter an einer Infusion. Auf dem Monitor sehen wir einen Puls von 170 bei einer Sauerstoffsättigung von 60%. Viel zu wenig. Kurze Zeit später kommt der diensthabende Oberarzt Dr. E. zu uns. Er war auch letztes Jahr bei Ausbruch der Krankheit bei uns und kennt Viktoria noch. Er macht uns klar, daß Viktoria einen sehr lange andauernden Sauerstoffmangel erlitten hat. Die einzige noch funktionierende Körperfunktion sei der Herzschlag. Ansonsten zeige Viktoria keinerlei Reaktion mehr auf irgendetwas. Selbst wenn sich die Sauerstoffaufnahme noch einmal bessern sollte, ist aufgrund der unvermeidlichen weiteren Hirnschädigung nicht zu erwarten, daß sie sich nochmal erholen wird. Aber uns war das schon klar, bevor er es aussprach.
Wir werden gefragt, ob wir weitere lebensverlängernde Maßnahmen möchten. Wir sind uns sofort einig. Nein, Viktoria darf gehen. Es würde das Unvermeidliche nur hinauszögern. Viktoria würde das nicht wollen. Die Beatmung kann man aus rechtlichen Gründen nicht einstellen und Dr. E. müßte mich daran hindern, aktive Sterbehilfe zu leisten. Wir müssen also warten, bis Viktoria den Abgang alleine hinbekommt. Das kann angesichts der Katecholamine, die sie zur Reanimation bekommen hat, eine ganze Weile dauern. Wenigstens kann die Atmung von reinem Sauerstoff auf Raumluft umgestellt werden. Viktoria bekommt auch vorsorglich eine Dosis Morphin, wobei wir und auch Dr. E. nicht davon ausgehen, daß Viktoria Schmerzen hat.
Die Schwestern bringen uns zwei Liegestühle. Wir dürfen Viktoria auf den Schoß nehmen, erst Papa, dann wird er anschließend von Mama abgelöst. Von Zeit zu Zeit hebt sich Viktorias Brustkorb, sie macht den Anschein, als wolle sie husten – soweit das mit dem Schlauch in der Lunge eben möglich ist. Es ist seltsam zu spüren, wie sie sich tatsächlich noch bewegt, obwohl sie eigentlich schon nicht mehr da ist. Der Hustenreflex sitzt tief im Stammhirn, so tief wie der Puls.
Endlich können wir die Magensonde entfernen, die so lange ihr Gesicht entstellt hat. Es ist schön, unsere kleine Tochter noch einmal aus nächster Nähe spüren zu dürfen, ihre weiche Haut zu streicheln, ihr durchs seidige Haar zu fahren. Es war so wunderschön mit ihr. Selbst als sie so sterbenskrank war. Und es ist es noch. Wir versuchen für den Moment alles um uns herum zu vergessen. All die Qualen des letzten Jahres, all die Hoffnungen, all die Angst. In diesem ewigen Moment sind wir glücklich, daß wir unsere Tochter in den Armen halten dürfen. Das ist alles was zählt.
Draußen hören wir Autos hupen – Italien hat gegen England gewonnen. Es ist uns egal. Wir sind mit den Gedanken bei unserer geliebten Tochter. Stunde um Stunde verrinnt. Man kann zusehen, wie ganz langsam ihr Puls heruntergeht, die Ausschläge kleiner werden und die Sättigung sinkt. Ganz langsam. Schritt für Schritt. Nach ein paar Stunden zeigt der Monitor nur noch einzelne Ausschläge, das Pulsoxymeter ist ganz flach. Es ist 2.00 Uhr. Die Ärztin kommt herein und hört Viktorias Herz ab. Es schlägt nicht mehr. Es hat aufgehört. Es ist vorbei.
Viktoria wird extubiert, ihre Infusion abgestöpselt. Wir dürfen sie bei uns behalten und mit ihr kuscheln. Wir bekommen eine Elternliege. Zu dritt liegen wir auf dieser engen Matratze, Papa legt Viktoria auf seinen Bauch. Sie ist noch ganz warm und weich. Es ist unsagbar traurig, aber gleichzeitig auch unsagbar schön. Tränen laufen uns übers Gesicht. Es wird zwischen uns beiden ausgesprochen, was lange Zeit nicht ausgesprochen wurde. Wie die Zukunft aussieht und ob wir es verkraften werden. Das werden wir. Nach einigen Stunden wird es zu unbequem, wir betten Viktoria auf den Wickeltisch und versuchen noch etwas Schlaf zu finden. Währenddessen kommt die Ärztin noch einige male herein, um Viktoria zu untersuchen.
Morgens informieren wir unsere Betreuerin Angelika vom Kinderhospiz-Dienst Sterneninsel, die uns schon eine Weile begleitet. Sie kommt sofort zu uns. Nun gilt es, die Frage zu beantworten, was mit Viktorias Körper geschieht. Es besteht die Möglichkeit, sie mit zu uns nach Hause zu nehmen. Aber wollen wir das wirklich? Wie ist das wohl mit einem toten Kind in der Wohnung? Wird man sich vor ihr ekeln? Kann man sich so besser von ihr verabschieden? Wir wissen es nicht. Und dennoch entscheiden wir uns nicht zuletzt auch aufgrund von Angelikas Rat dafür.
Da es in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit darstellt, als Privatperson eine Leiche zu transportieren, dürfen wir sie nicht einfach in unserem Auto mit nach Hause nehmen. In dem Moment, wo ein Mensch verstirbt, gehört sein Körper rechtlich dem Staat. Wir als Eltern verlieren also völlig die Handlungsvollmacht über unser verstorbenes Kind. Eine grausame Gesetzeslücke in unseren Augen. Nachdem uns seitens der Klinikleitung klargemacht wird, daß aus Angst vor den Folgen ein Gesetzesverstoß nicht geduldet werden könne, muß also eine andere Lösung her. Es ist schlimm, daß man als Eltern in so einer Situation noch mit so etwas konfrontiert wird. Aber Angelika setzt alle Hebel in Bewegung und findet eine Lösung, die auch von der Klinik akzeptiert wird.
Kurze Zeit darauf wird Viktoria von einem unwahrscheinlich netten Bestatter abgeholt und zu uns nach Hause gebracht. Es gibt einfach richtige Gutmenschen auf dieser Welt. Und er gehört dazu.
Zuhause angekommen betten wir Viktoria auf ihren roten Sitzsack mitten im Wohnzimmer, dort wo sie oft geschlafen hat. Wir besprechen noch einige Details mit dem Bestatter – wir dürfen jederzeit anrufen, damit er sie holen kommt. Dann sind wir mit Viktoria allein.
Es ist seltsam. Ungewohnt. Gruselig ist es nicht. Wir haben keine Scheu. Keine Berührungsängste. Obwohl aus der Nase etwas braunes Blut läuft – das ist schnell weggewischt. Es ist immer noch schön, sie zu streicheln, ihr durchs Haar zu fahren. Und so traurig. So unsagbar traurig. Wir geben ihr ihren weißen Teddybär in den Arm, den sie früher oft angelacht hatte und setzen einige andere Stofftiere um sie herum. Es sieht so friedlich und anrührend aus.
Angelika und später auch Sabine kommen zu uns und leisten uns Gesellschaft. Es gilt nun die Trauerfeier für Viktoria zu organisieren. Viel zu tun. Die beiden Betreuerinnen nehmen uns so viel Arbeit wie möglich ab, ziehen Viktoria ein paar ihrer eigenen Sachen an und organisieren auch eine Trauerrednerin. Wir informieren zunächst die engere Familie, die über den Abend verteilt zu uns kommt, um gemeinsam mit uns von Viktoria Abschied zu nehmen. Selbst der einzige ihr verbliebene Großvater schleppt sich mit seinen 82 Jahren auf Krücken die Treppen hoch, um diesen Moment zu erleben. Der bereitgestellte Rollstuhl und die organisierten Helfer interessieren ihn nicht. Jetzt wissen wir, woher Viktoria ihren Dickkopf hatte. 🙂
Es entsteht Trubel in unserer Wohnung. Menschen kommen und gehen. Die anfängliche Scheu aller Besucher verfliegt nach kurzer Zeit. Es entstehen viele Gespräche. Man erzählt, wie man Viktoria erlebt hat. Was man denkt, wo sie nun ist. Es wird um sie geweint. Es wird für sie gelacht. Und schon jetzt wird klar: Viktoria mit zu uns nach Hause zu nehmen war die allerbeste Entscheidung, die wir treffen konnten. Durch den völlig offenen Umgang mit ihrem toten Körper verliert der Tod ein großes Stück von seinem Schrecken. Und man kann in persönlicher Weise in heimeliger Umgebung von ihr Abschied nehmen. So lange, wie man möchte. In einer Aussegnungshalle wäre so etwas undenkbar. Und wenn ich mir vorstelle, Viktoria wäre nun nicht in unserem Wohnzimmer – es wäre schrecklich! Es würde einfach etwas wesentliches fehlen. Sie mochte den Trubel. Immer im Geschehen, aber doch mit Freiraum. Genau das hat sie hier noch ein letztes mal. Und dafür sind wir unendlich dankbar.
Abends, als dann alle gegangen sind, kehrt Stille in unsere Wohnung ein. Wir sitzen Arm in Arm vor Viktorias Sitzsack. Die für sie entzündete Kerze flackert im Zug der leichten Abendbrise. Melancholie überkommt uns, aber keine Verzweiflung. Uns kommt in den Sinn, was wir noch alles mit ihr vorhatten, was unsere Träume mit ihr und für sie waren. Unsere Hoffnungen und Wünsche. Irgendwann fallen uns die Augen zu, wir hatten die Nacht davor fast nicht geschlafen.
Im Nachhinein war es doch gut den Notarzt zu verständigen. Die Intubation war zwar nicht schön, und auch auf die Scherereien mit dem Transport nach Hause hätten wir gerne verzichtet. Letztlich hätten wir uns aber vielleicht doch Vorwürfe gemacht, wenn wir nichts getan hätten. Es ist also schon richtig gelaufen. Auch wenn der offizielle Todeszeitpunkt erst in der Nacht in der Klinik war – für uns ist sie daheim auf der Couch in Papas Armen gestorben. Einen schöneren Tod können wir uns nicht vorstellen.
Hallo Vicky,
heute vor einem Jahr hast du dich aufgemacht zu den Sternen um die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Danke, dass du in uns so viele Impulse hinterlassen hast. Deine Geschichte bringt mich immer wieder zum Nachdenken, was denn nun wirklich wichtig ist —-wir müssen einfach offenerer, großzügiger, dankbarer sein.
Liebe Vicky, du bist ein prima Schutzengel – pass auf deine Familie auf und ganz besonders auf deine kleine Schwester! (machst du aber sowieso…;-))
Alles Liebe, Petra
Hallo Ecke,
ich habe mir lange überlegt, was ich antworten kann.
Erst einmal vielen Dank auch für Deine Antwort.
Was meine Trauerverarbeitung angeht, denkle ich mal, dürfte die nach fünf Jahren abgeschlossen sein. Ich gehe zwar jede Woche an das Grab -zu öfters reicht lkeider die Zeit mit meiner Kleinen nicht- aber meine Probleme liegen da irgendwie anders, z.B. darin nur schwer Kontakt zu Anderen aufzubauen.
Meine Vorstellung von dem Ort, wo meine Frau sich nun „befindet“ -spirituell gesehen- hat mehr etwas von einem schönen warmen Garten, in dem meine Frau auf mich wartet. Miriam tröstete ich -nach dem Tod der ersten Oma im April 2011 – damit, dass sich nun ihre Mama mit ihrer Mutter im Himmel treffen würde und dort zusammen bei Kuchen und Kakao sitzen würden. Nach sieben Monaten wurde der Kreis dann um meine Mutter erweitert, wobei auch dieses Bild der an sich glücklichen Verstorbenen, die beieinander sitzen, meine Tochter tröstete.
Zur Zeit habe ich auch viel damit zu tun, dass meine Tochter in der Schule nicht gut mitkommt. Es war schon länger auffällig, dass sie sich nicht richtig konzentrieren kann und dass sie 2011 beide Omas verloren hat, kommt noch dazu. Dies nennt man dann ADS. Die Logo- und Ergotherapie für Miriam nehmen mich dann auch voll in Anspruch und ich hoffe ihr mit einigen Spielen, mit denen sie dann auch Lernspaß haben kann, auf die Sprünge zu helfen. Eventuell kommt noch eine Psychootherapie dazu oder Medikation. Ich habe also ordentlich zu tun und habe immer des Gefühl nicht genug Zeit zu haben.
Aber wenn Du möchtest, kannst Du mir gerne mitteilen, was für Euch hilfreich ist.
Viele Grüße
Wilfried
Liebe Eltern,
ich habe vorhin auf SPON den Link zu Ihrem Blog gesehen und bin diesem gefolgt.
Es macht mich sehr traurig, zu lesen, wie ein so kleiner süßer Schatz wie es ihre Vicky war, erkrankt und sierbt.
Ich selbst bin 42 und seit fünf Jahren Witwer. Meine Frau erkrankte, als sie mit unserer zweiten Tochter im dritten Monat schwanger war; eine Tuberkulose rief eine Lungenentzündung hervor und nach einigen Tagen musste meine Frau ins künstliche Koma versetzt werden. Nach fünf Tagen im Koma verlor sie unsere Tochter und nach weiteren 12 Tagen ihr eigenes Leben.
Wenigstens hat man es in Deutschland mit verstorbenen Föten oder Embryos wohl nicht so eilig, sie zu beerdigen, so konnten sie gemeinsam beerdigt werden.
Gerade die erste Zeit für mich und meine Tochter -damals 2 Jahre und vier Monate- war schwer; ihr wurde erzählt, ihre Mama sei auf einem Stern und grüßte schon mal abends mit einem Winken aus dem Fenster ihre Mama.
Mir persönlich half es nach einem Jahr, den Grabhügel mit dem provisorischen Kreuz durch einen vernünftigen Grabhügel zu ersetzen und die Gedenkwebseite zu progranmieren. So hatte ich das Gefühl, noch nachträglich wenigstens für meine Frau etwas zu tun.
Wenn man Freunde hat, mit denen man sich treffen kann, oder wengistens einen liebenden Partner kann man wenigstens sein Leid teilen und die Freude, die man hat vermehren. Dies ist zumindest meine Erfahrung aus den letzten fünf Jahren.
Daher hoffe ich, dass Sie als Eltern einander Trost und Stärke geben. Kein weiteres Kind kann Ihnen ihre Vicky zurückgeben, aber ihre Vicky würde sicher auch nicht wollenb, dass Sie „ihr zuliebe“ auf weiteres Glück verzichten.
Viele Grüße udn viel Trost
W. Huthmacher
Lieber Wilfried,
ich habe Deine Gedenkseite für Deine Frau besucht. Ich finde es toll, daß Du so etwas hast. Nancy sieht auf den Bildern sehr glücklich und strahlend aus, sie muß eine tolle Persönlichkeit gewesen sein – Deine Tochter Miriam sieht ihr sehr ähnlich. Ich hoffe, Du und Miriam könnt einander Halt geben und Euch gegenseitig Lebensfreude spenden.
Ich habe Eure Geschichte gelesen. Mein Gott, was für ein Schicksal habt Ihr durchlebt. Schon als ich den Begriff „künstliches Koma“ las, kamen viele Erinnerungen zurück – lag doch Viktoria ebenfalls sehr lange in einem solchen Zustand. Und auch kenne ich dieses Gefühl der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins, daß Du erfahren haben mußt. Ich kann regelrecht mitfühlen, wie das für Dich gewesen sein muß. Und doch kann ich es nicht. Denn es ist stets etwas völlig anderes, die Dinge selbst zu durchleben, als sie erzählt zu bekommen. Es macht aber auch keinen Sinn, Vergleiche anstellen zu wollen, welches Erlebnis auf einer nicht existenten Skala als schlimmer zu beurteilen wäre.
Was aber durchaus Sinn macht, ist sich darüber auszutauschen, um selbst einen neuen Betrachtungswinkel auf das Erlebte zu gewinnen. Falls Du mal im Südwesten von Deutschland unterwegs sein solltest, würde es mich freuen, wenn Du auf einen Sprung vorbeischauen würdest.
Du schreibst: „ihr wurde erzählt, ihre Mama sei auf einem Stern und grüßte schon mal abends mit einem Winken aus dem Fenster ihre Mama.“ Das läßt darauf schließen, daß Du selbst damit nichts anfangen kannst, daß Du Deinem Kind Dinge erzählst, an die Du selbst nicht glauben kannst.
Vielleicht kann ich Dir einen neuen Blickwinkel auf das Geschehene geben, der Dir in Deiner Trauer weiterhilft. Ich habe etwas für mich gefunden, was mir unheimlich viel Trost spendet. Vielleicht funktioniert das auch für Dich.
Alles Liebe, Ecke
Ihr seid unsagbar stark, meine Hochachtung.