Montag, 11.7.2011

Am Morgen wird ein Kontroll-MRT durchgeführt. Der Befund ist erneut sehr erfreulich, das Ödem ist weiter auf dem Rückzug. Sehr schön, so haben wir uns das vorgestellt!

Hurra, der Schlauch ist draußen! Viktoria wird heute endlich extubiert. Das Atmen, vor allem das Ausatmen, fällt ihr aber noch sichtlich schwer. Sie klingt dabei wie ein Gipfelstürmer, der gerade den Mount Everest erklommen hat. Man erklärt uns, daß die Luftröhre noch geschwollen ist – kein Wunder nach drei Wochen Beatmung. Sie bekommt Suprarenin, ein abschwellendes Inhalat. Ein Physiotherapeut kommt und hilft ihr mit leichter Massage beim Atmen. Im Lauf des Tages bessert sich die Atmung bereits hörbar. Husten und Schlucken scheinen ebenfalls prima zu funktionieren. Es sieht so aus, als könnte der Schlauch draußen bleiben. Jaaaa!

Da sie insbesondere in den Wachphasen schwer nach Luft ringt und sich das auch in der Sauerstoffsättigung bemerkbar macht, bekommt sie zur Unterstützung ein Sauerstoffröhrchen, das an die Nase führt.

Viktoria bekommt statt Säuglingsnahrung nun ein Nahrungspräparat, das ihren höheren Kalorienbedarf decken soll. Man hat wohl bemerkt, daß sie nun ein Jahr alt ist und den „Anweisungszettel für Einjährige“ konsultiert. Über die Magensonde kann man leider keinen Brei verabreichen. Besonders gesund sieht diese Flüssignahrung nicht aus.

Die Chemo-Therapie fordert ihren Tribut, Viktoria beginnen die Haare auszufallen. Es hat sich in den letzten Tagen durch einzelne Haare auf dem Kissen angedeutet, mittlerweile sind es schon kleinere Büschel, die verloren gehen. Bald werden wir sie „Baby Kojak“ nennen müssen.

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Dienstag, 12.7.2011

Viktorias Nacht verläuft ruhig, sie atmet immer noch selbständig. Das Atemgeräusch ist schon viel besser geworden, aber sie röchelt noch sehr, das Atmen fällt ihr sichtlich schwer. Endlich dürfen wir sie wieder auf den Arm nehmen! Das letzte mal war vor über drei Wochen! Ein unbeschreibliches Gefühl…

Der Physiotherapeut kommt nun jeden Tag, um Viktoria zu bewegen und Atemtherapie mit ihr zu machen.

Dr. H. will uns gerade beibringen, daß wir uns bzgl. normaler Nahrungsaufnahme wohl noch etwas gedulden werden müssen und man sie erstmal weiter über die Magensonde ernähren müsse. Er ist sichtlich baff, als ihm die Schwester erzählt, daß Viktoria heute morgen 90ml Säuglingsmilch aus einer Nuckelflasche getrunken hat. Er hätte nicht gedacht, daß sie so schnell wieder trinken kann, aber wenn’s ums Essen geht, ist unsere Kleine halt immer noch gleich bei der Sache. Viktoria, so darfst du weitermachen!

Sie darf also weiter aus der Flasche trinken, was wir auch gleich ausnutzen. Diesmal ringt sie dabei jedoch mehr und mehr nach Luft und die Sauerstoffsättigung sinkt soweit ab, daß wir den neuerlichen Trinkversuch abbrechen müssen. Man muß das nun auch nicht erzwingen, solange die Schwellung der Luftröhre immer noch so stark die Atmung erschwert. Es war trotzdem sehr beruhigend zu sehen, daß Viktoria (noch) trinken kann, da können wir gerne noch etwas warten. Sie bekommt den Rest über die Magensonde.

Sie ist heute bei weitem nicht mehr so geräuschempfindlich. Als sie mittags zum Schlafen auf den Bauch gelegt wird, bekommen wir ein weiteres Stück Viktoria zurück. Sie beschwert sich hörbar, macht langgezogene „aaaaaaa’s“… auf dem Bauch zu liegen, konnte sie noch nie leiden. Nach kurzem Beruhigen schläft sie aber trotzdem bäuchlings ein, das schwere Atmen ermüdet sie stark.

Nachmittags kommt der Neurochirurg Dr. M., entfernt das Pflaster am Kopf und zieht den Faden am Kopf. Jetzt kann man Viktorias Narbe sehen, sie ist größer als wir erwarteten. Es wird ein weiteres EEG durchgeführt. Und wieder hat sich der Befund gebessert! Von einer deutlichen Amplitudenvergrößerung ist die Rede und es wurden weiterhin keine Krampfpotentiale gesehen. YES! So, genau SO machst du weiter, Viktoria!

Trotz der ganzen Fortschritte ist sie weiterhin sehr schwach und schläft auch sehr viel. Aber nicht umsonst spricht man von „sich gesund schlafen“.

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Mittwoch, 13.7.2011

Viktoria kann nun wieder weinen, wenn sie Schmerzen hat oder ihr etwas nicht paßt. Ihre Stimme klingt dabei wieder ganz normal. Schreien kann sie noch nicht. Da sie noch sehr angestrengt atmet, wird eine Bronchoskopie durchgeführt: Mit einer Endoskopkamera werden die Atemwege durchleuchtet, die engste Stelle (direkt unter den Stimmbändern) ist geschwollen. Das wird aber in ein paar Tagen von alleine wieder abgeschwollen sein.

Heute bekommt Viktoria zum ersten mal Besuch vom Logopäden T., der sie bei ihren Trink- und Eßversuchen unterstützen soll. Viktoria will aber gerade schlafen und hat überhaupt keine Lust auf Logopädie, also sind diese ersten Versuche relativ fruchtlos.

Das Sauerstoffröhrchen braucht sie nun nicht mehr, ihr Sättigung ist stabil. Abends werden Viktoria und Ute kurzfristig auf die K1 (Onkologie und Hämatologie) verlegt, weil das Bett auf der Intensivstation wegen eines hereingekommenen Notfalls gebraucht wird. Juhu! Endlich sind die beiden wieder zusammen und wir müssen uns an keine „Besuchszeiten“ mehr halten. Außerdem gibt so ein Umzug weg von der Intensivstation wieder Aufwind: Viktoria wird gesund werden!

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Donnerstag, 14.7.2011

Der Physiotherapeut gibt Ute Anweisungen, wie sie Viktoria helfen kann zu entspannen. Die Übungen funktionieren an der rechten Hand ganz gut, die linke wird weiter geballt. Die Seitendifferenz ist nach wie vor deutlich ausgeprägt.

Dr. M. und Dr. B. kommen zur Visite und können uns nun endlich bestätigen, daß Viktoria definitiv die familiäre Form der HLH hat. Das hat das Ergebnis der molekulargenetischen Untersuchung ergeben. Eine Knochenmarktransplantation ist also aus medizinischer Sicht die einzige Möglichkeit, Viktoria endgültig zu heilen. Zuerst muß sie aber in einen wesentlich besseren Zustand kommen, momentan sei eine Transplantation nicht möglich.

Das Trinken klappt schneller als der übervorsichtige Herr T. erwartet hat. Uns überrascht das nicht, da das seit Dienstag schon wieder ganz ordentlich funktioniert. Sie hat kaum Probleme zu trinken sondern einfach nur großen Hunger. Womit er allerdings recht hat, ist die Vermutung, daß sie eine verminderte oder zumindest veränderte Wahrnehmung hat. Das paßt ganz gut zu ihrem Verhalten, sie wirkt immer noch total „neben der Kappe“. Trotzdem kommen immer mehr uns bekannte Verhaltensmuster zu Tage. Sie ist sichtlich unerfreut darüber, wenn sie gewickelt wird und bringt das auch mit einem lautstarken Jammern zum Ausdruck. Das gefällt uns natürlich sehr.

Die Atemgeräusche sind wesentlich besser. Im Wachzustand strengt sie das Atmen nicht mehr an, und im Schlaf hört man fast nichts mehr. Nur ein dezentes Schnarchen am Abend…

Abends wird das Aciclovir abgesetzt: andere Station, andere Ärzte, andere Meinungen. Die Begründung ist, daß der Herpesverdacht ausgeräumt ist und die Leber geschont werden soll.

Der Hautausschlag ist zwar noch vorhanden, aber deutlich besser geworden.

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Freitag, 15.7.2011

Es sieht so aus, als würde die Betreuung langsam wieder anstrengend. Viktoria kann nachts wieder jammern und die Mama vom Schlafen abhalten. Das ist einerseits sehr erfreulich, da das ein weiteres deutliches Lebenszeichen von ihr ist. Andererseits merkt man nun zunehmend, wie dreckig es ihr eigentlich geht.

Mittags schafft sie es aber, in völliger Entspannung zu schlafen. Die Ärzte (Hämatologe, Neurologe und ein Arzt der Intensivstation) treffen sich zu einem Gespräch, das Ergebnis wird uns aber noch nicht mitgeteilt.

Da der ZVK mittlerweile nicht mehr gut funktioniert, wird nachmittags eine weitere Operation notwendig. Viktoria soll einen Hickman-Katheter implantiert bekommen. Das ist ein intravenöser Langzeit-Katheter, der unter die Haut implantiert wird und bis zu zwei Jahre dort verbleiben kann. Im Hinblick auf die noch bevorstehende Knochenmarktransplantation ist das sicherlich sinnvoll. Im Zuge der OP werden gleich noch eine Knochenmarkpunktion sowie eine Lumbalpunktion durchgeführt, bei der sie eine weitere Dosis Kortison sowie Methotrexat (MTX) intrathekal erhält. Auch erhält sie nochmals Etoposid (VP-16).

Die OP verläuft gut. Aufgrund der erneuten Intubation, die für die OP nötig war, atmet und trinkt Viktoria nun aber wieder schlechter und bekommt erneut ein Inhalat. Außerdem wird abends noch sehr gejammert. Das könnte möglicherweise auf postoperative Schmerzen hindeuten, und Viktoria bekommt ein Schmerzmittel.

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Samstag, 16.7.2011

Heute passiert nicht viel. Man merkt deutlich, daß Wochenende ist – kein Physiotherapeut, kein Logopäde, die Stationsärztin will auch nichts von uns, nur Blut abnehmen.

Viktoria bekommt heute nochmals Erythrozyten verabreicht, da der Hb-Wert auf 7,8 gefallen ist.

Ihre Fortschritte scheinen sich nur noch im marginalen Bereich abzuspielen. Das Trinken klappt heute wieder etwas weniger gut, dafür bewegt sie heute deutlich ihren Kopf. Es sind ganz sachte Bewegungen, aber sie sind da. Und gestern ist uns das noch nicht aufgefallen.

Seit heute soll bei Viktoria vor jeder Mahlzeit der Blutzucker gemessen werden und das nicht etwa über den Katheter, sondern über einen Pieks in den Finger! Begründet wird das damit, daß man die Nahrungsaufnahme von 6 mal am Tag alle 4 Stunden auf 5 mal nur tagsüber umstellen möchte, womit wir generell einverstanden sind. Wir sind aber ganz und gar nicht begeistert, daß sie jedesmal gepiekst werden soll, zumal kein Arzt diese Maßnahme mit uns besprochen hat. An den Katheter geht man wegen der Infektionsgefahr verständlicherweise nur so selten wie möglich dran, aber wir sehen die ganze Maßnahme als überflüssig an! Wieso wird hier über die Köpfe der Eltern hinweg entschieden?!

Beim Trinken legt Viktoria außerdem ein weiteres Bewegungsmuster an den Tag, das wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Sie öffnet den Mund und „wackelt“ mit dem Kopf wie ein Neugeborenes, das nach der Brust sucht. Hat ihr Gehirn einen Reset durchgeführt und muß gerade neu booten? Wie lange wird das wohl dauern?!

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Sonntag, 17.7.2011

Und wieder sind es die kleinen Fortschritte, die uns Aufwind geben. Wenn Viktoria schläft und kurz aufwacht, um dann gleich weiter zu dösen, streckt sie sich und bewegt dabei ihren rechten Arm mit in die Höhe. Später am Tag macht sie das nochmals. Ecke gewinnt den Eindruck, daß sie es schafft, sich im Schlaf so zu bewegen, wie sie das will. Wenn sie jedoch wach ist, blockiert irgendwas diese Möglichkeit. Vielleicht eine Art Reizüberflutung aufgrund veränderter Wahrnehmung?!

Morgens klärt Ute das Thema Blutzucker mit der Stationsärztin Dr. B. Viktoria muß nun nicht mehr gepiekst werden, da die Werte den letzten Tag über stabil waren.

Eckes Schwester kommt mit Familie zu Besuch. Viktoria ist den ganzen Tag heute nicht gut drauf. Wenn sie wach ist, verdreht sie ihre Augen ständig nach links oben, egal wie ihr Kopf liegt. Die Augen zucken dabei ein wenig. Irgendwann röten sie sich (vor allem das rechte) vermutlich aufgrund dieses Starrens, und sie bekommt Tränenflüssigkeit, die auch zu helfen scheint. Dazu wimmert sie leise ohne Unterbrechung bei jedem Atemzug. Außerdem klappt heute das Trinken überhaupt nicht.

Gegen Abend fällt ihre Sauerstoffsättigung etwas ab. Die Stationsärztin Dr. K. kommt vorbei und macht sich vor Ort ein Bild. Just in diesem Moment erleben wir einen neuen Krampfanfall! Viktorias Arme zucken rhythmisch zusammen. NEIN! DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN!!! Ihr wird Diazepam rektal verabreicht, ein weiteres Antikonvulsivum. Warten. Das Zucken des linken Arms verstummt, rechts zuckt Viktoria noch immer. Sie hat mittlerweile die Augen geschlossen, das neue Medikament macht auch schläfrig. Nach einigen Minuten verläßt Dr. K. das Zimmer um mit der Oberärztin Dr. G. zu telefonieren. Als sie zurückkommt, zuckt der Arm noch immer. Mittlerweile sind bereits zehn Minuten seit Beginn des Krampfanfalls vergangen. Nach Rücksprache mit Dr. G. soll Viktoria erneut auf die Intensivstation verlegt werden. Vorher will man noch Blut abnehmen, um die Atemgaskonzentrationen zu messen. Das dauert alles sehr lange, der neue Katheter funktioniert nicht besonders gut. Dann platzt noch die Wasserflasche, die für die Sauerstoffgabe nötig ist, und eine Gasflasche muß geholt werden. Zu allem Überfluß bemerkt man dann noch, daß der Überwachungsmonitor keinen Akku hat und muß für die Verlegung noch schnell einen anderen besorgen. Das wirkt alles nicht gerade  professionell. Bis sie endlich hinausgerollt wird, vergeht eine knappe Stunde, während der Viktoria mit dem Zucken noch immer nicht aufgehört hat.

Wieder müssen wir warten. Jede Minute wird zur Ewigkeit. Eine weitere Stunde später dürfen wir endlich zu ihr. Sie ist nicht intubiert, man hat ihr Dormicum gegeben, was den Krampfanfall vorerst erfolgreich durchbrochen hat. Wir sind ein wenig erleichtert. Doch während wir noch an ihrem Bettchen stehen und uns gegenseitig Mut machen, merken wir, wie ihr rechter Arm wieder zu zucken beginnt. Die Atmung ist außerdem nicht mehr gut, sie röchelt als müßte sie gleich husten, tut es aber nicht. Sie soll nun noch zusätzlich Phenytoin bekommen, das hatte man ja schonmal gegeben und vor zwei Wochen bereits erfolgreich absetzen können. Sie muß dafür nochmal einen Venenzugang bekommen, da das Medikament venenreizend ist und nicht über den zentralen Katheter gegeben werden kann. Wir müssen erneut den Raum verlassen.

Nach einer Viertelstunde kommt Dr. S. zu uns und erklärt, daß er nochmal telefonisch Rücksprache mit Oberarzt Dr. O. gehalten hat und sie Viktoria nun aufgrund der schlechten Atmung erneut intubieren werden. Falls die erneute Gabe von Dormicum den Krampfanfall nicht durchbrechen kann, müßte man sogar wieder auf Trapanal gehen – sie also erneut ins künstliche Koma versetzen.

Oh Gott, alles bloß das nicht! Wieder müssen wir warten.

Eine weitere Stunde später – es ist mittlerweile zwei Uhr nachts – hat sich die Situation weiter zugespitzt. Als wir geholt werden, ist Viktoria wieder intubiert, selbst die Maximaldosis Dormicum hat nicht geholfen, also hat man noch Trapanal gegeben. Und selbst das konnte den Krampfanfall nicht durchbrechen, Viktorias rechter Arm zuckt noch immer!!! So schlimm war es noch nie! Es soll noch in der nächsten Stunde ein Notfall-MRT gemacht werden, der Radiologe ist bereits auf dem Weg in die Klinik, das MRT wird gerade hochgefahren. Man möchte sich ein Bild davon verschaffen, was diese Krämpfe auslösen könnte, und die Zeit drängt, da eventuell weitere neurochirurgische Maßnahmen indiziert wären. Und wieder heißt es warten.

Knapp zwei endlose Stunden später endlich der Befund. Dr. S. zeigt und erklärt ausführlich die neu gemachten Bilder. Man sieht auf der linken Seite an der Stelle, wo das subdurale Hämatom war, eine deutliche Flüssigkeitsansammlung, ein sogenanntes Hygrom. Es scheint also, als wäre Nervenwasser an diese Stelle der früheren Blutung nachgelaufen und könnte verantwortlich für diese neuerlichen Krämpfe sein. Dazu paßt auch, daß der Anfall hauptsächlich die rechte Körperseite betraf. Weiterhin sieht man auf den MRT-Bildern, daß das Hirnödem weiter rückläufig ist, die Mark-Rinden-Differenzierung hat sich weiter gebessert. Wenigstens etwas Positives.

Um das Hygrom abzulassen, ist eine weitere OP geplant. Dr. S. erzählt von einem „Shunt-System“, einer Drainage, die unter die Haut implantiert vom Kopf in den Bauchraum führen würde. Man würde es so vermeiden, alle 3 Wochen eine externe Drainage legen zu müssen. Genaueres werden aber die Neurochirurgen entscheiden.

Über die Ursache der neuerlichen Verschlechterung kann Dr. S. auch nur spekulieren. Ob es tatsächlich die letzte Gabe von MTX war oder ein neuerlicher Schub der HLH, ist nicht abschließend zu klären. Im Blutbild von heute hat man jedoch deutlich erhöhte Ferritin-Werte (2200) gemessen, auch der Interleukin-2-Rezeptor (il-2) weist auf eine zugenommene Aktivität der HLH hin.

Viktoria krampft seit der MRT-Untersuchung nicht mehr, man hat durch Hinzunahme von Sufentanil (einem starken Schmerzmittel, das zur Analogsedierung eingesetzt wird) den Krampfanfall durchbrechen können. Im Augenblick ist es nicht unbedingt erforderlich, die geplante OP sofort durchzuführen, man würde nur wenige Stunden gewinnen. Es wird alles für die OP morgen früh um 8.00 Uhr vorbereitet.

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Montag, 18.7.2011

Die geplante OP wird durchgeführt, wie wir aber kurzfristig informiert werden, soll doch kein Shunt-System implantiert, sondern nur eine weitere externe Drainage gelegt werden. Die OP verläuft ohne Komplikationen. Es gab auch nicht viel zu tun, das Bohrloch war ja schon vorhanden. Der Neurochirurg Dr. M. sucht uns danach auf und erklärt, daß er kein Shunt-System verlegt hat, weil zum einen ihr akuter Fall es bedingt, daß man kontrollieren sollte, wieviel Flüssigkeit tatsächlich aus dem Kopf abfließt. Zum anderen besteht aufgrund des vermutlich hohen Eiweißgehalts des Hygroms und noch nachkommender Flüssigkeit die Gefahr der Verstopfung des Shunts, ohne daß man das bemerken würde. Die externe Drainage soll nun zunächst mal dort verbleiben und man möchte beobachten, wie sich der Ausfluß entwickelt. Falls es notwendig werden würde, könnte man immer noch einen Shunt verlegen.

Ob ein direkter Zusammenhang zwischen dem Hygrom und den Krämpfen besteht, kann Dr. M. nicht sagen. Es wäre möglich, muß aber nicht sein. Im Zusammenhang mit ihrer Grunderkrankung ist ihre Krampfbereitschaft nun einmal stark erhöht und es könnte schon sein, daß so eine an sich nicht wirklich schlimme Wasseransammlung dann dazu beiträgt, Krämpfe auszulösen.

Bis wir endlich zu Viktoria dürfen, vergehen noch weitere zwei Stunden. Sie sieht furchtbar aus. Das Gesicht ist stark aufgedunsen, die Lippen stark geschwollen – sie hat ein richtiges Fischmaul. Es gibt überall an ihrem Körper Wassereinlagerungen. Der Hautausschlag ist zurück, diesmal über den ganzen Korpus verteilt. Man hat wieder einen Arterienkatheter verlegt (wegen der erneuten Gabe von Arterenol, das wiederum wegen der tiefen Sedierung nötig ist), einen Blasenkatheter und ein Online-EEG. Sie ist nun wieder voll verkabelt und beatmet im tiefsten künstlichen Koma. Soweit waren wir vor drei Wochen schon einmal.

Immerhin: Sie krampft gerade nicht mehr. Es wurde ein weiteres (großes) EEG durchgeführt, und man hat keine Krampfpotentiale gesehen. In dieser tiefen Sedierung ist eine Beurteilung aber aufgrund des sehr flachen EEGs fast unmöglich. Man entscheidet sich, das Trapanal wieder abzusetzen und weiter zu beobachten.

Doch nur einige Stunden später sieht man erneut rhythmische Zuckungen am rechten Arm. Ein weiteres EEG bringt Klarheit: Ja, es sind Krämpfe. Das haben wir auch ohne EEG sofort gesehen. Die Neurologen Dr. W. und Dr. M. erklären uns, daß man das Trapanal dennoch nicht mehr einschalten möchte aufgrund dessen Nebenwirkungen. Die Zuckungen seien auch nur so leicht, daß dadurch keine Schäden im Gehirn verursacht würden. Sagen sie. Wir wollen ihnen glauben. Zumal wir wissen, wie lange es dauert, um aus einer tagelangen Trapanal-Sedierung wieder zu Bewußtsein zu gelangen.

Gegen Abend haben wir nochmal ein Gespräch mit Dr. M., dem Hämatologen. Er ist auch sichtlich betrübt von der aktuellen Entwicklung. Dennoch sieht er es nicht so, daß wir wieder ganz am Anfang wie vor drei Wochen stehen. Im Raum steht die Frage, ob die erneute Gabe von Methotrexat (MTX) und die neuerlichen Krampfanfälle in Zusammenhang stehen. Zwischen der letzten Gabe von MTX und dem ersten nicht durchbrechbaren Krampfanfall lagen ebenfalls zwei Tage. Dr. M. ist aber nach Rücksprache mit der Studienzentrale für die HLH in Hamburg der Meinung, daß das Methotrexat diese Krämpfe eher nicht ausgelöst hat. Bei den bekannten Fällen zeigten sich im MRT gewisse Veränderungen, die bei Viktoria nicht beobachtet wurden. Ganz ausschließen kann man diese Möglichkeit aber dennoch nicht.

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Dienstag, 19.7.2011

Die ganze Nacht über hat das Krampfen nicht aufgehört. Wenn man Viktoria bewegt, werden die Bewegungen am rechten Arm stärker und auch die Augenlider zucken, läßt man sie in Ruhe, werden die Bewegungen nach einiger Zeit wieder minimal. Als wir morgens zu ihr kommen, wird gerade ein weiteres MRT vorbereitet. Da der Krampf nicht aufgehört hat, möchte man sicher gehen, daß nicht die neuerliche Verlegung der Drainage dafür mit verantwortlich ist.

Der Befund ist schlechter als gestern. Das Hygrom ist zwar gut abgeflossen, die Mark-Rinden-Differenzierung in diesem Bereich ist jedoch wieder deutlich schlechter als zuvor. Man spricht nun in diesem Zusammenhang von einer Infiltration und nicht mehr von einem Ödem. Auf Nachfrage erklärt Dr. P., daß ein MRT zwar eine wunderbare Technik sei und der leitende Radiologe Dr. W. auch bereits Zigtausende von diesen Bildern gesehen habe. Dennoch sehen ein Ödem und eine Infiltration einfach gleich aus. Und in diesem Fall muß aufgrund der Grunderkrankung einfach von einer Infiltration von Makrophagen ausgegangen werden. Im übrigen sehen aufgrund von Sauerstoffunterversorgung abgestorbene Hirnregionen auf den Bildern genauso aus wie Infiltrationen und Ödeme. Aber die Tatsache, daß sich bereits auffällige Regionen relativ schnell wieder normalisiert haben, spricht dafür, daß in Viktorias Fall noch kein Gewebe nekrotisiert wurde. Wenigstens ein kleiner Lichtblick.

Aufgrund des Befunds haben die Ärzte entschieden, doch wieder Trapanal einzusetzen, um Gehirnschäden vorzubeugen. Sie wird also wieder ins Koma versetzt. Man möchte das Trapanal erst einmal bis Donnerstag weiter geben und sich dann entscheiden, wie weiter verfahren wird (Trapanal absetzen/Kontroll-MRT, etc). Unsere schlimmsten Befürchtungen sind eingetroffen.

Eigentlich haben wir erwartet, daß der Befund schlechter wird. Auch beim letzten mal, als sich die Situation so dramatisch verschlechtert hatte, hat es einige Tage gedauert, bis eine Besserung im Gehirn stattgefunden hat. Wir können nichts weiter tun als zu warten. Die nervliche Belastung hat mittlerweile unmenschliche Ausmaße angenommen. Wie sollen wir das noch verkraften?!

Gegen Abend kommt der Hämatologe Dr. B. vorbei. Er hat aber auch keine neuen Informationen für uns. Auch er erklärt uns nochmals, daß er und die anderen Ärzte das Methotrexat (MTX) nicht als den Auslöser der neuerlichen Verschlechterung sehen. Es sei zwar bekannt, daß MTX neurologische Schäden verursachen könne, diese würden sich im MRT-Bild aber anders darstellen (eher fleckig).

Ecke diskutiert noch mit ihm, wie man weitere Rückschläge vermeiden könne. Am Sonntag wurde wie jede Woche im Blut das Ferritin bestimmt. Dabei kam ein exorbitanter Wert heraus (Ferritin: 2360, normal 150). Bei der letzten Bestimmung vor ca. einer Woche lag dieser Wert noch bei 800, eine weitere Woche davor bei 700. Laut Dr. M. sollte dieser Wert nicht sprunghaft ansteigen. In Viktorias Fall tut er es aber dennoch schneller, als man das erwartet hat. Da der Ferritinwert auch auf die Aktivität der HLH zurückschließen läßt, hat dessen Erhöhung also bereits am Sonntag morgen den kommenden Krankheitsschub angedeutet. Dr. B. sieht das ähnlich. Wir werden da dran bleiben, daß von nun an engmaschigere Kontrollen dieser für die HLH bedeutsamen Werte durchgeführt werden.

Es stellt sich allerdings auch die Frage, was man tun kann, wenn sich ein neuer Schub andeutet. Man kann nicht beliebig hoch die Chemo-Medikamente dosieren, da man sonst auch Gefahr läuft, zu wenig Blutzellen zu produzieren. Das wiederum würde vermehrte Bluttransfusionen erfordern, die sich im Hinblick auf die noch bevorstehende Knochenmarktransplantation negativ auswirken. Das liegt daran, daß in einer Transfusion immer auch noch T-Zellen des Spenders vorhanden sind, man kann nicht restlos alle extrahieren. Und genau gegen die geht dann Viktorias Immunsystem vor und entwickelt quasi eine Immunität gegen gewisses Blut. Wir fragen uns aber, ob das wirklich schlimmer sein kann als das, was wir gerade erleben…

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Mittwoch, 20.7.2011

Über Nacht ist nichts passiert. Die Nervenwasseruntersuchung vom letzten Freitag hat wieder eine leicht erhöhte Zellzahl ergeben, und der Eiweißgehalt ist stark erhöht. Man hat jedoch keine Hämophagozytose gesehen. Daraus ableiten kann man aber nichts.

Viktorias Unterlippe ist nicht mehr so stark geschwollen, aber der Ausschlag sieht wirklich nicht gut aus.

Vormittags wird ein EEG durchgeführt. Aufgrund der starken Sedierung kann man aber quasi nichts erkennen. Das Trapanal wird daraufhin von 4ml/h auf 1ml/h reduziert, das Sufentanil und das Dormicum komplett abgesetzt. Nachmittags wird ein weiteres EEG gemacht. Der Befund sieht immer noch fast eine Nullinie, jedoch sind rhythmische Spikes erkennbar – epilepsietypische Krampfpotentiale. Die Sedierung muß also unvermindert weitergehen, die Trapanaldosis wird wieder auf 4ml/h erhöht. VERDAMMT!

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Donnerstag, 21.7.2011

Ein weiteres EEG zeigt immer noch Krämpfe, aber sie sind deutlich weniger ausgeprägt als gestern. Nachmittags zeigt ein weiteres MRT, daß die Situation im Gehirn sich nicht gebessert hat. Sie hat sich aber auch nicht verschlechtert. Zugegeben, ein schwacher Trost. Aber bei der letzten akuten Phase haben sich die Symptome auch erst nach über einer Woche im künstlichen Koma gebessert. Warum sollte das nun anders sein?!

Dennoch machen wir uns immer größere Sorgen, wie sie diesen neuen Krankheitsschub überstehen wird und vor allem, ob und wie wir weitere Rückschläge zukünftig vermeiden können.

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Freitag, 22.7.2011

Es wird ein weiteres EEG durchgeführt. Das Ergebnis zeigt jedoch praktisch eine Nullinie, das Trapanal hat seine maximale Wirkung entfaltet. In diesem Zustand ist keine Beurteilung möglich. Bevor man weitere Schritte unternimmt, will man das Wochenende abwarten und sie solange weiter sediert halten.

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Samstag, 23.7.2011

In der am Mittwoch erstmalig abgenommenen Probe des Nervenwassers (Liquor), das gerade über die Drainage im Kopf abfließt, wurden Bakterien gefunden. Frau Dr. S. erklärt, daß das auch während der Entnahme hätte passieren können. In der Probe am folgenden Tag wurden keine mehr entdeckt, das sollte also kein weiteres Problem darstellen. Dennoch hat man vorsorglich das Antibiotikum gewechselt. Das Ergebnis, um welches Bakterium es sich genau handelt, erwartet man in den nächsten ein bis zwei Tagen.

Sonst passiert heute wie erwartet nichts. Die Ausschwemmung funktioniert (mit Lasix-Unterstützung) wieder ganz gut, die Bilanz ist nun negativ, d.h. Viktoria scheidet mehr aus als sie bekommt. Das sieht man ihr auch im Gesicht an, es ist nicht mehr so stark aufgedunsen. Auch schön ist, daß der Ausschlag am Körper langsam wieder abklingt. Allerdings ist unter der Sedierung nun auch das Verdauungssystem lahmgelegt.

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Montag, 25.7.2011

In der Nacht zum Montag bekommt Viktoria nochmals Thrombozyten, der letzte Wert lag bei 75.000 (normal 150.000 bis 300.000). Der Mangel an Blutplättchen ist höchstwahrscheinlich eine Nebenwirkung des VP-16, die man eben in Kauf nehmen muß.

Das EEG von heute zeigt weiter eine flache Linie ohne Krampfpotentiale. Eine Röntgen-Kontrollaufnahme der Brust (die letzte war vor vier Wochen) hat eine Verdichtung der Lunge im linken Flügel gezeigt. Das ist wohl der starren neuroprotektiven Lagerung geschuldet. Sie wird von nun an wieder leicht von Seite zu Seite gedreht, um dem entgegenzuwirken.

Die Ärzte Dr. M., Frau Dr. K. von der Hämatologie, sowie Dr. P. und Dr. C. von der Intensivstation beraten sich heute, wie weiter vorgegangen werden soll. Man teilt uns mit, daß das Trapanal seit 16:00 Uhr abgeschaltet wurde. Es wäre „unverantwortlich, das über einen noch längeren Zeitraum zu verabreichen“. Wir fragen uns, warum das bislang verantwortlich gewesen ist. Die Therapie soll in voller Intensität über einen längeren Zeitraum fortgeführt werden, auch eine weitere Gabe von MTX ist geplant. Das Aufwachen wird mehrere Tage dauern. Sollte sie beginnen zu krampfen, würde man nicht wieder Trapanal geben, sondern man würde die Krämpfe in Kauf nehmen. Erst wenn diese in einen generalisierten Krampfanfall übergehen sollten, würde man einschreiten. Solange die Sauerstoffversorgung gewährleistet ist, sei auch nicht mit Schäden durch die Krämpfe zu rechnen.

Die Drainage am Kopf wird verschlossen, es lief in den letzten Tagen keine nennenswerte Menge an Nervenwasser nach. Der Keim, der am Mittwoch im Liquor gefunden wurde, ist identifiziert. Es handelt sich um Staphylococcus Epidermidis, einen harmlosen Hautkeim. Selbst in Viktorias immunsupprimiertem Zustand sollte der kein Problem darstellen. Um den Keim jedoch nicht zu verbreiten, müssen die Schwestern von nun an Handschuhe und Kittel tragen.

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Dienstag, 26.7.2011

Viktoria sieht heute etwas besser aus als gestern, fast wie ein normal schlafendes Baby. Sie hatte heute Nacht mehrmals Stuhlgang, der Darm funktioniert wieder. Seit dem Abschalten des Trapanals ist auch der Puls stetig gestiegen, er liegt nun bei 150. Außerdem beginnen die Pupillen, auf Licht zu reagieren. Viktoria wacht ganz langsam auf…

Die Körpertemperatur war jetzt während der gesamten Sedierung auf einem normalen Niveau, teilweise mußte Viktoria sogar gewärmt werden. Das ist ein deutlicher Unterschied zum letzten mal, da mußte sie ständig gekühlt werden und bekam fiebersenkende Medikamente. Vielleicht ein gutes Zeichen?!

Eine weitere Röntgen-Kontrolle zeigt immer noch eine Verdichtung im linken Lungenflügel. Das heutige EEG ist zufriedenstellend, man sieht wieder eine größere Amplitude zu gestern und keine Krampfpotentiale. Die Drainage am Kopf wird gezogen. Ein weiteres MRT steht auf dem Programm. Leider ist der Befund nicht besser geworden, es gibt keine Veränderung zur Bildgebung vom letzten Dienstag. Verdammt! Da hatten wir uns mehr erhofft.

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Mittwoch, 27.7.2011

Das Aufwachen geht weiter, Viktorias rechter Arm zuckt ab und zu, aber unregelmäßig. Wenn sie bewegt wird, zuckt auch mal der Arm links und sehr selten auch mal der ganze Torso.

Es passiert gerade nicht viel, Viktoria wird von Stunde zu Stunde etwas wacher. Ihre Pupillen reagieren wieder prompt auf Lichtreizung. Sie hat begonnen mitzuatmen, und ab und an zucken ihre verschlossenen Augenlider. Auch ihre Extremitäten zucken immer wieder ganz leicht. Die Bewegungen werden intensiver, wenn sie bewegt oder gewickelt wird. Das kennen wir ja bereits.

Ein weiteres EEG wird gemacht. Der vorläufige Befund zeigt keine Krampfpotentiale! Man macht uns aber deutlich, daß der endgültige Befund noch aussteht, die Neurologen sind wohl gerade im Streß. Vielleicht müssen sie es auch über Nacht unter’s Kopfkissen legen, wer weiß…

Am späteren Nachmittag wird eine Lumbalpunktion durchgeführt, bei der sie erneut intrathekal MTX und Decortin (Kortison) erhält.

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Donnerstag, 28.7.2011

Und wieder ist Viktoria wacher als gestern. Meistens atmet sie selbständig mit, nur ab und an gibt es noch Phasen, in denen sie „sich beatmen läßt“. Ihr Mund hat sich geschlossen, manchmal macht sie schmatzende Bewegungen, ohne aber die Lippen zu öffnen.

Der endgültige Befund des EEG von gestern ist da. Prinzipiell entspricht er dem vorläufigen Befund, hinzugefügt wurde jedoch der Satz: „Immer wieder einzelne Sharp Waves zu sehen.“ Das sind durchaus noch pathologische Ausschläge, die nicht normal sind. Die Hauptsache ist aber, daß es keine epilepsietypischen Potentiale sind. Klingt doch ganz gut. So muß es weitergehen.

Das EEG von heute ist jedoch wieder schlechter. Man hat mehr von den „Sharp Waves“ – den scharfen Ausreißern – gefunden, darunter einzelne, zum Teil aber auch rhythmisch wiederkehrende. Das verheißt nichts Gutes.

Dr. P. konfrontiert uns heute mit neuem Unbehagen. Die Neurologen haben sich beraten ob der starken Krampfneigung Viktorias und haben eine neue Idee, was die Ursache dafür sein könnte. Es gibt ein sogenanntes „Alpers Syndrom“, ebenfalls ein genetischer Defekt, der bekannt dafür ist, starke Krämpfe zu verursachen. Durch einen weiteren Gentest soll ausgeschlossen werden, daß Viktoria zusätzlich zur bereits gesicherten Diagnose HLH auch noch dieses Syndrom hat. Dr. P. betont, daß die Wahrscheinlichkeit für zwei so seltene Gendefekte unvorstellbar klein wäre. Wir glauben auch nicht daran, dafür passen die beobachteten Dinge einfach zu gut zur HLH. Wir willigen dennoch ein, den Test durchzuführen, dessen Ergebnis wieder einige Wochen auf sich warten lassen wird.

Viktoria hat unglaublich viel Sekret in Lunge und Nase, die Schwestern sind heute ständig am Absaugen. Durch die lange Liegedauer hat sich das wohl angesammelt und löst sich nun vermehrt, da sie auch ein Medikament zur Sekretverdünnung bekommt. Gegen Abend bekommt sie eine weitere Dosis Etoposid (VP-16).

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Freitag, 29.7.2011

Viktoria beginnt, ihre Augen zu öffnen, zunächst nur das linke, gegen Abend öffnet sich auch das rechte. Sie schmatzt vermehrt und gähnt auch recht viel. Ob das ein Zeichen für eine Sauerstoffunterversorgung ist? Kann eigentlich nicht sein, da der Oxymeter eine prima Sättigung von 100% anzeigt. Sie bewegt ihre Arme von Zeit zu Zeit, einmal dreht sie ihren Kopf ein wenig zur Seite. Sie macht recht geschmeidige Bewegungen, gar nicht verkrampft oder stark zitternd. Das sieht viel besser aus als noch vor der letzten Sedierung! Damals hatte sie dauerhaft gefäustelt und die Arme stark angespannt. Das jetzt gefällt uns viel besser! Auch ihr Ausschlag ist fast abgeklungen.

Allerdings gibt es auch etwas Neues, was uns nicht so gefällt. Sie hat oft einzelne starke Zuckungen, vermehrt am rechten Arm, manchmal aber auch links oder am ganzen Körper. Diese treten zwar nicht rhythmisch auf, sind aber dennoch nicht normal. Diese Kontraktionen sind mal stärker, mal weniger stark, bei den starken zuckt auch der Kopf zur Seite. Selbst im Schlaf verstummen diese Zuckungen nicht, sie werden jedoch seltener und schwächer.

Äußerst beunruhigt nehmen wir den heutigen Ferritin-Wert zur Kenntnis: 1200! Das ist deutlich zu hoch und könnte auf eine erneute Aktivität der HLH hinweisen.

Das EEG von heute zeigt mehr Aktivität und größere Amplituden sowie keine epilepsietypischen Potentiale – auch nicht während der Zuckungen. Sehr gut! Das Online-EEG wird entfernt, ebenso der Blasenkatheter. Sie bekommt heute nochmals rote Blutkörperchen, der Hb-Wert war wieder zu niedrig.

Gegen Abend hat Ute den Eindruck, Viktoria würde mit den Augen ihrer Bewegung folgen. Wenn man das dann durch extra Bewegungen überprüfen möchte, folgt sie einem aber nicht mehr. Macht sie das vielleicht absichtlich?!

Auf alle Fälle kann man deutlich sehen, daß sie sich von Mama beruhigen läßt. Schließlich schläft sie ein.

Die sich anbahnende Glatze wird immer deutlicher. Es finden sich nur noch direkt oben auf dem Kopf längere Haare, alle anderen sind weitgehend ausgefallen. Auch die Wimpern gehen vermehrt aus.

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Samstag, 30.7.2011

Viktorias Augen sind seit heute morgen in den Wachphasen nun fast ganz geöffnet, das linke Lid hängt noch immer ein wenig herunter. Sie liegt entspannt da und schaut umher, fixiert aber nichts. Ihre Pupillen sind geweitet. Ihr Puls hat sich schön beruhigt, er liegt heute morgen um die 100.

Es wird wieder spannend. Da sie die vergangenen Tage prima mitgeatmet hat, spricht nichts mehr gegen eine Extubation. Wir müssen draußen warten.

Als wir wieder reinkommen, liegt Viktoria ohne Beatmungsschlauch auf dem Bauch. Es hat geklappt! Sie bekommt vorerst noch eine Sauerstoff-Brille zur Sicherheit. Glücklicherweise scheint sie diesmal keine Schwellung der Luftröhre erlitten zu haben, die Atmung klingt normal. Sie wimmert manchmal ganz leise mit jedem Atemstoß, es geht ihr sehr schlecht.

Als sie einige Zeit später vom Bauch auf den Rücken gedreht wird, beginnt sie, sich deutlich hörbar zu beschweren! Ja, sie weint sogar richtig! So herzzerreißend das auch für uns klingt, so sind wir dennoch unwahrscheinlich glücklich darüber, daß sie überhaupt noch weinen kann, ja daß sie überhaupt Emotionen zeigt! Wir freuen uns über jedes Stück Viktoria, das wir zurückbekommen. Nachdem sie fertig umgelagert ist, beruhigt sie sich auch schnell wieder.

Ihre Augenbewegungen sehen nicht mehr so gut aus wie heute morgen. Sie schaut stets nach oben, die Augen driften nach außen ab. Bei jedem Lidschlag sind sie wieder ein Stück weiter in der Mitte um dann wieder nach außen zu wandern, mal nach links, mal nach rechts. Das wirkt wirklich sehr seltsam. Zudem sind ihre Lider etwas angeschwollen. Sie hat nunmal immer noch viel Wasser eingelagert, daß sich nun wohl umverteilt. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen.

Sie macht so gut wie keine Bewegungen. Die Hände sind die meiste Zeit über ganz entspannt, die Beine durchgestreckt. Die häufig auftretenden Zuckungen sind heute noch etwas stärker ausgeprägt. Sie betreffen immer unterschiedliche Bereiche ihres Körpers.

Gegen Abend wird der Arterienkatheter gezogen. Wieder ein Schlauch weniger. Und nun ist es endlich soweit: Viktoria darf endlich wieder auf Mamas Arm! Nach fast zwei Wochen! Beim Umlagern beschwert sie sich zwar, beruhigt sich aber schnell, sobald sie realisiert hat, wo sie liegt.

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Sonntag, 31.7.2011

Die Nacht über hat sie angeblich nicht viel geschlafen. Auch als wir morgens zu ihr kommen, ist sie wach. Der ZVK am Bein wird gezogen, der wurde ja wegen der Narkose gelegt. Auch die Sauerstoffbrille kann weg, die Atmung ist prima. Ja sogar die Magensonde wird gezogen, die vorübergehend durch den Mund geführt wurde, um die Nase zu entlasten. Sie soll erst für die nächste Mahlzeit eine neue bekommen. Für ein paar Stunden haben wir also zum ersten mal wieder ein fast Schlauch-freies Baby! Nur der Hickman-Katheter ist noch da.

Der Hämatologe Dr. M. besucht uns und erzählt überraschend, daß Viktoria noch heute zurück auf die K1 verlegt werden soll. Da sie so prima selbständig atmet, spricht für die Ärzte nichts dagegen. Huch! Das haben wir so schnell nicht erwartet. Wir räumen also zügig unser Elternzimmer in der Nachbarschaft der Klinik und befinden uns gegen Nachmittag wieder auf einer normalen Station, wo Mama neben ihrem Kind schlafen darf. Hurra!

Es handelt sich sogar um ein Einzelzimmer, da zum einen bei Viktoria dieser Hautkeim gefunden wurde, und zum anderen aufgrund ihrer Immunsuppression erhöhte Infektionsgefahr besteht. Die Medikation wird zurückgefahren, das Ambisome (Antimykotikum) bekommt Viktoria nun nur noch drei mal die Woche statt täglich, das Fortecortin (Kortison) in halbierter Dosis.

So schön das auch alles klingt, Viktorias Erscheinung macht uns dennoch große Sorgen. Wenn sie wach ist, wirkt sie stets abwesend. Die Augen sind asymmetrisch, das linke schaut in eine leicht andere Richtung als rechts, die Pupillen sind unterschiedlich geweitet (rechts größer). Sie schaut immer nach oben, fixiert nichts, die Augen driften nach jedem Lidschlag ab. Der Lidschluß ist nicht vollständig, daher röten sie sich immer wieder nach längerer Wachphase. Die rechte Hand zittert, Arme und Beine sind durchgestreckt, die Zehen nesteln. Alle paar Sekunden zuckt sie zusammen, vermehrt an der rechten Hand, so als würde ihr jemand Stromstöße verpassen. Ihr Mund macht schmatzende Bewegungen, viel mehr bewegt sie nicht. Mit dem letzten Koma hat Viktoria nun auch die Fähigkeit zu trinken verloren, sie reagiert überhaupt nicht auf die Flasche.

Es wird mehr und mehr deutlich, wie dreckig es ihr geht. Sie beginnt immer zu weinen, wenn sie gewickelt oder umgelagert wird, manchmal aber auch einfach so. Dabei verzieht sie schmerzvoll das Gesicht und öffnet den Mund, preßt dann mit dem bißchen Kraft, das ihr noch geblieben ist, wimmernde Schreie heraus, die so herzzerreißend sind, das man einfach gleich mitheulen muß.

Wir hoffen sehr, daß sie in den kommenden Tagen Kräfte sammelt und es ihr bald besser geht.

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Dienstag, 2.8.2011

Heute ist wieder volles Programm. Morgens wird Viktoria im Kinderwagen von Mama zum EEG gefahren, übrigens ohne EKG- und Oxy-Überwachung. Mittags steht ein MRT an. Viktoria wird nicht intubiert, nur leicht betäubt. Bei dieser Gelegenheit wird auch die intrathekale Gabe von MTX und Prednisolon um einen Tag vorgezogen.

Nachmittags kommen die Neurologen Dr. K. und Dr. M. vorbei und schauen sich Viktoria an. Ihre Augenbewegungen seien heute besser, vor allem das rechte bewege sie variabler. Im EEG hat man keine eindeutigen Krampfpotentiale gesehen, jedoch eine erhöhte Krampfbereitschaft. Sie überlegen, ob sie an der Medikation etwas umstellen können, um die Zuckungen loszuwerden.

Die Nahrungsmenge (Säuglingsmilch) soll nun langsam gesteigert werden, man will von der parenteralen Nahrung (Infusion) wegkommen.

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Mittwoch, 3.8.2011

In der Nacht zu Mittwoch gab es ein kleines Malheur mit der Magensonde. Beim Umlagern ist sie ein bis zwei Zentimeter herausgezogen worden, die herbeigerufene Schwester konnte sie wieder an ihren Platz zurückschieben. Danach mußte Viktoria jedoch oft würgen und hat auch viel geweint. Die Schwester meinte, am wahrscheinlichsten wäre es, daß beim Rausziehen der Sonde ein wenig Magensaft hochgekommen wäre und Viktoria nun Sodbrennen hätte. Klingt plausibel. Da Viktoria sich nicht beruhigen läßt, verordnet die Ärztin etwas Chloralhydrat, ein leichtes Beruhigungsmittel. Wie wir das aber schon kennen, drückt Viktoria das Zäpfchen zusammen mit anderen „Beigaben“ wieder heraus. Auch der zweite Versuch scheitert. Die Stationsärztin ist mittlerweile ratlos. Um 4.00 Uhr nachts nimmt Ute Viktoria nochmals auf den Arm – sie schläft sofort ein.

Heute ist es nicht besser. Viktoria weint und weint und weint. Immer wenn sie wach ist, ist sie stark angespannt und wimmert oder weint bitterlich. In den letzten Tagen wurde sie dabei immer lauter. Nichts scheint sie zu beruhigen. Umlagern, auf den Arm nehmen, im Arm wiegen, im bereitgestellten Gartenstuhl auf Mamas Schoß betten, alles funktioniert nicht. Sie beruhigt sich höchstens für ein paar Minuten, beginnt aber bald wieder zu jammern und zu weinen. Das ist unglaublich anstrengend.

Die Zuckungen sind heute viel seltener als gestern. Manchmal hat sie Phasen, in denen die Zuckungen fast aufhören. Dann wiederum hat sie auch Phasen, in denen sie sehr oft und viel zuckt, nicht rhythmisch und immer mit einem anderen Teil des Körpers. Das Antikonvulsivum Topamax wird ab heute langsam ausgeschlichen und nach und nach durch Trileptal ersetzt.

Es gibt noch keinen MRT-Befund. Als Viktoria noch auf der Intensivstation lag, ging das deutlich schneller. Die Magensonde ist verstopft und muß ersetzt werden. Bis zur nächsten Mahlzeit genießt Ute wieder ein schlauchfreies Baby. Die Blutwerte der Bauchspeicheldrüse sind nicht normal. Es wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, die jedoch ohne Befund bleibt.

Gegen Abend bekommen wir wieder ein Stückchen Viktoria zurück. Beim Wiegen auf Mamas Arm kann Ute deutlich erkennen, daß Viktoria – so wie sie das früher getan hat – einen Punkt an der Wand fixiert und beim langsamen Bewegen mit den Augen verfolgt. Viktoria kann also definitiv sehen! Ein kleiner Lichtblick. Dennoch scheint sie das Gesehene nicht wahrzunehmen oder nicht einordnen zu können. In ihrem Kopf herrscht wohl noch ein ziemliches Durcheinander.

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Donnerstag, 4.8.2011

Morgens beginnt Viktoria oft mit der rechten Hand zu zucken, teilweise rhythmisch! Überhaupt sind die Zuckungen heute viel öfter und auch die starken „Stromstöße“ sind häufiger. Das ist extrem beunruhigend. Wenigstens ihre Pupillen sind heute auffallend eng, wenn sie ins Licht schaut.

Die Werte der Bauchspeicheldrüse haben sich wieder gebessert, ohne daß man interveniert hat. Die Nahrungsmenge wird abermals gesteigert (nun auf 50ml alle 4 Stunden), da vor den Mahlzeiten keine Reste im Magen gefunden werden können. Der MRT-Befund liegt nun endlich vor. Erneut sind keine wesentlichen Änderungen zu sehen, die Infiltration ist noch immer stark ausgeprägt. Das paßt auch zu dem, wie sie sich gibt. Schwer krank. Das ist absolut niederschmetternd.

Sie bekommt eine weitere Dosis VP-16. Im Laufe des Tages wird Viktorias Puls immer höher, spät abends liegt die Herzfrequenz bei 170! Sie weint noch immer stets wenn sie wach ist, bei Tag und bei Nacht. Wir testen ihr Saugbedürfnis mit einem Schnuller, aber sie zeigt keinerlei Reaktionen. Der Mund geht nur zum Weinen auf, kein Saugreflex, nichts. Da sie sich nicht beruhigen läßt, bekommt sie ein Schmerzmittel (Novalgin). Das hilft jedoch nicht, anscheinend sind es keine Schmerzen, die sie plagen.

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Freitag, 5.8.2011

Viktoria hat leichtes Fieber, schon nachts stieg die Temperatur an. Zur Sicherheit wurde daher noch in der Nacht Blut abgenommen. Es wurden jedoch zum Glück keine erhöhten Entzündungswerte gemessen. Das Ferritin ist auch gleich geblieben, der Wert liegt immer noch bei viel zu hohen 1200.

Viktoria zuckt heute nicht mehr so viel, das teilweise rhythmische Zucken der Hand ist gar nicht mehr zu beobachten. Sie wirkt deutlich ruhiger als in den vergangenen Tagen. Auch in den Weinphasen jammert sie mehr als daß sie weint. Viktoria bekommt ab heute wieder Logopädie. Da sie aber zum Trinken noch lange nicht bereit scheint, macht die Vertretung von Herrn T. Körperwahrnehmung. Dazu gehören festes Anfassen und ganz leichtes Vibrieren. Sie zeigt Ute, wie das funktioniert.

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Samstag, 6.8.2011

Viktorias Fieber ist nur leicht zurückgegangen. Bei der morgendlichen Blutabnahme wird ein zu niedriger Kaliumwert gemessen. Nach einer weiteren Blutabnahme zur Kontrolle wird der Kaliumgehalt der Infusionslösung erhöht. Zur Sicherheit soll der Wert vorerst zweimal am Tag nachgemessen werden.

Viktoria ist heute deutlich entspannter. Ihre sonst stets durchgestreckten Gliedmaßen lockern sich immer wieder mal. Sie zuckt nur noch ganz selten. Ute hegt langsam den Verdacht, daß die Zuckungen verstärkt während ihrer Hungerphasen auftreten. Ihr Schlaf läßt so langsam endlich einen Rhythmus erkennen. Obwohl Viktoria in der ersten Nachthälfte viel geweint hat, schlief sie ab 2.00 Uhr tief und fest bis zum Morgen.

Wegen einer groß angelegten Putzaktion aufgrund erhöhter Keimbelastung werden Viktoria und Ute abermals in ein anderes Zimmer verlegt. Als ob das Leben hier langweilig wäre…

Uns fällt vermehrt auf, daß Viktoria instantan beginnt zu weinen, wenn man ihren Kopf bewegt. Auch nach dem Auf-den-Arm-nehmen dauert es eine Weile, bis sie sich wieder beruhigt. Das aber auch nur, wenn man sie dann nicht mehr bewegt. Daß man mit zu vielen Makrophagen im Kopf einen dicken Schädel hat, klingt nur logisch für uns. Die müssen da raus!

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Sonntag, 7.8.2011

Der Vormittag läuft ganz gut. Viktoria hat nun vermehrt Phasen, in denen sie minutenlang wach und entspannt ist. Wird sie dann unentspannt, genügt es manchmal, einfach nur ihre Liegeposition etwas zu ändern, z.B. wenn man sie auf dem Schoß liegen hat. Sie beruhigt sich dann wieder. Nachmittags klappt das schon nicht mehr so gut. Zudem haben ihre Zuckungen wieder zugenommen. Nach langen fruchtlosen Beruhigungsversuchen bekommt sie abermals ein Schmerzmittel (Novalgin) und schläft sofort daraufhin ein. Es waren wohl doch Schmerzen.

Viktoria hat immer noch erhöhte Temperatur. Sonst passiert heute nichts. Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Ihr geht es immer noch dreckig, aber es scheint sich zu bessern. Sie hat noch immer starke Wahrnehmungsstörungen oder Schwierigkeiten, das Wahrgenommene zu verarbeiten. Sie ißt nicht, öffnet auch den Mund nicht, wenn man sich mit einem muttermilchgetränkten Wattestäbchen vorarbeitet. Ihre Augen sind immer noch asymmetrisch und schauen die meiste Zeit nach links oben. Im Vergleich zu Beginn der Woche ist eine leichte Besserung zu erkennen, die Augen bewegen sich variabler. Man kann aber nicht sagen, daß sie direkt etwas anschauen würde. Sie reagiert auf Geräusche, manchmal sehr deutlich. Mamas Gesang hat zum Beispiel eine sehr beruhigende Wirkung.

Ihre Bewegungen sind variabler geworden. Die rechte Seite macht dabei einen besseren Eindruck als die linke – wie bei den Augen auch. Die Arme sind zwar noch angespannt, die rechte Hand ist aber oft schön locker und manchmal streckt sie auch ihre Finger von sich. Links klappt das auch, aber nicht so oft und nicht so gut. Von den Beinen ist ebenfalls das linke die meiste Zeit über durchgestreckt, das rechte ist nun oft locker gebeugt und streckt sich nur bei großer Anspannung.

Ihr Puls korreliert gut mit ihrem Erregungszustand. Im Schlaf ist er knapp unter 100, in entspannten Wachphasen um die 100 und wenn ihre Anspannung ansteigt, klettert er über 150. Die Atmung ist bei Erregung stoßartig, manchmal grunzt sie dabei. Das klingt dann so, als würde sie nach Luft schnappen. Die Sauerstoffsättigung ist aber dennoch stets sehr gut. Im Ruhezustand ist die Atmung prima und obwohl sie seit dem letzten Aufwachen aus der Narkose vor gut einer Woche noch kein einziges mal (!) gehustet hat, finden die Ärzte auch beim Abhören der Lunge keinen Hinweis auf Sekretansammlungen. Viktoria scheint ihren Schleim auch ohne zu husten nach oben zu befördern und herunterschlucken zu können.

Die Medikamente zeigen mittlerweile deutliche körperliche Veränderungen. Die Haare auf dem Kopf sind wegen der Chemo quasi nicht mehr vorhanden, die im Gesicht dafür mehr dank des Cyclosporins. Außerdem hat sie nun deutlich ausgeprägte Kortison-Bäckchen.

Ob die HLH wirklich gerade stillsteht oder ob ein neuer Schub bevorsteht, soll am Montag durch eine erneute Bestimmung des Ferritins und des Interleukin-2-Rezeptors (il-2) überprüft werden. Es gibt auch Überlegungen für weitere EEG-/MRT-Untersuchungen.

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Montag, 8.8.2011

Die Nacht war übel, Viktoria hat sehr oft und lange geweint und geschrien und immer wieder ganz arg gezuckt. Auch tagsüber wird das nur vorübergehend besser, nachmittags ist es wieder ganz schlimm. Dennoch verschläft sie mehr als den halben Tag – es gibt bei ihr gerade nur Extreme.

Die Blutwerte sind sehr erfreulich. Der Hb ist zwar nur bei 7,9 und damit etwas niedrig, dafür sind die Thrombozyten mit 151.000 und die Leukozyten mit 4250 (!) annähernd auf Normalniveau. Auch die Verteilung der Leukozyten ist gut. Das beste ist jedoch der Ferritin-Wert, der von 1200 auf 930 gefallen ist. In der Vergangenheit war das ja stets ein guter Marker für die Aktivität der HLH. Vom Normwert von 150 sind wir zwar noch ein gutes Stück entfernt, aber der Weg stimmt.

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Dienstag, 9.8.2011

Heute ist es etwas besser als gestern, aber sie schreit noch immer durchgehend. Gegen Abend bekommt sie ein Schmerzmittel, woraufhin sie ein wenig zur Ruhe kommt. Ihr Ruhepuls liegt seit heute nicht mehr bei 100, er pendelt um 130. Außerdem hat sie leichtes Fieber (37,5°C axillar).

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Mittwoch, 10.8.2011

In der Nacht war Viktoria zweimal wach und hat gezuckt und geschrien, was das Zeug hält. Beide male ist es erst nach Verabreichung eines Beruhigungsmittels (Chloralhydrat) gelungen, sie zur Ruhe zu bringen.

Da der Hb weiter gefallen ist, bekommt sie heute nochmals Erythrozyten transfundiert. Ein weiteres EEG steht auf dem Programm. Einen Befund bekommen wir noch nicht. Keine Intensivstation – keine Priorität.

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Donnerstag, 11.8.2011

Auch in dieser Nacht bekommt Viktoria einmal Chloralhydrat, da sie stark zuckt und lange schreit und sich gar nicht beruhigen will.

Heute ist wieder Chemo-Tag, VP-16 wird verabreicht. Außerdem bekommt sie eine Dosis Immunglobuline, da diese zu niedrig sind.

Viktoria ist heute deutlich weniger anstrengend. Sie wirkt wacher und entspannter, läßt sich manchmal auch beruhigen. Ihre Augenbewegungen sind deutlich besser geworden. Sie schaut nun nicht mehr nur ständig nach oben oder verdreht die Augen, es wirkt nun eher, als blicke sie umher. Oft hat man den Eindruck, sie schaut einen direkt an. Das linke Augenlid hängt noch immer, sonst wirken die Augen symmetrisch.

Abends haben wir ein Gespräch mit Dr. M. Er ist erfreut über die guten Blutwerte, man muß nun nicht mehr so oft Blut abnehmen. Die Therapie soll nach Protokoll weitergeführt werden, d.h. die Kortisondosis wird halbiert, das VP-16 wird ab heute nur noch 14-tägig gegeben. Außerdem kann man die Antibiotika und Antimykotika in den nächsten Tagen absetzen, sowie ein dritter negativer Befund über den gefundenen Hautkeim vorliegt. In den letzten zwei Wochen wurden zwei Abstriche von ihrer Haut gemacht und beide waren negativ. Erst nach dem dritten negativen Befund aber gilt der Keim als nicht mehr vorhanden.

Der EEG-Befund hat eine weitere Amplitudenvergrößerung ergeben, es sind nun auch höhere Frequenzanteile enthalten, sie wird ja auch zunehmend wacher. Weiterhin wurde keine epilepsietypische Krampfbereitschaft gefunden. Soweit so gut. Leider hat man jedoch immer wieder einzelne Krampfpotentiale gefunden, die nicht normal sind. Die Zuckungen, die Viktoria phasenweise plagen, lassen sich damit aber nicht erklären. Diese kommen wahrscheinlich eher aus dem Stammhirn und sind nicht im EEG zu sehen.

Abends läßt sie sich nicht mehr so richtig beruhigen. Ihre Nase ist verstopft, sie niest häufig. Irgendwann gelingt es Ute doch, sie in den Schlaf zu singen.

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Freitag, 12.8.2011

In der Nacht bekommt sie wieder einmal Beruhigungsmittel – gut kann das auf Dauer nicht sein.

Heute gibt es wie angekündigt keine Blutabnahme – zum ersten mal seit gut 10 Wochen. Die Medikamente sollen nur schrittweise von der intravenösen Gabe auf orale Verabreichung umgestellt werden. Den Anfang macht heute das Luminal.

Ein weiteres Stück Viktoria kehrt zurück. Sie hat Schluckauf! Das hatte sie früher so oft, daß es für uns als Charakteristikum gilt. Wie schön! Leider ist heute wieder fast nur jammern, weinen und schreien angesagt. Bei Mama auf dem Arm zu sein hilft heute gar nicht. Sie will lieber in Ruhe gelassen werden.

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Samstag, 13.8.2011

Die Nacht war dieses mal gut, Viktoria war nur selten wach und hat sich jedesmal wieder schnell beruhigt.

Sie wird heute von Verdauungsproblemen geplagt – vermutlich Blähungen, die diensthabende Ärztin kann viel Luft im Darm ertasten. Viktoria jammert und schreit viel und hat oftmals dünnen Stuhlgang – den lieben langen Tag. Dazu rast ihr Puls bei bis zu 180 Schlägen pro Minute. Sie hat in den letzten Tagen so viel Kraft gesammelt, daß sie mit ihrem Schreien zu alter Lautstärke zurückgefunden hat. Man kann sich neben ihr kaum mehr unterhalten – fast schon so wie früher. Ob sie Bauchschmerzen hat? Es rumort dort hörbar und spürbar. Sie bekommt mehrfach warme Kompressen, was die Schmerzen zu lindern scheint. Sie niest wieder vermehrt heute.

Wenn sie sich für fünf Minuten beruhigt, fällt auf, wie gut ihre Augenbewegungen im Vergleich zu letzter Woche geworden sind. Es wirkt bereits ziemlich normal, wie sie umherschaut. Nur wenn sie müde ist, verdreht sie manchmal noch ihre Augen. Ihre Extremitäten lockern sich auch zusehends. Nur bei Anspannung sind sie noch versteift.

Gegen Abend beruhigt sie sich endlich und schläft mit viel Zuwendung schließlich ein. Daraufhin sinkt auch ihr Puls wieder auf normale 120.

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Sonntag, 14.8.2011

Bereits um 22.00 Uhr – zwei Stunden nach dem Einschlafen – war Viktoria wieder wach und hat erneut begonnen zu jammern. Sie war sehr angespannt und konnte sich nicht mehr beruhigen, auch hat sie immer mal wieder geschrien. Es sah nach Wut aus. Ute konnte sie immer wieder ein wenig beruhigen, aber nie soweit, daß sie entspannen konnte. Im Gegenteil, sie hat sich immer mehr aufgeregt. Nach vier zermürbenden Stunden hat sie abermals Chloralhydrat bekommen.

Heute ist sie dagegen sehr entspannt. Sie liegt oft wach und aufmerksam im Bett oder auf unserem Schoß und schaut umher. Sie hat immer noch ordentlich Stuhlgang und auch immer noch Luft im Darm, aber das scheint sie nicht mehr so zu plagen wie noch gestern. Auch ihre Arm- und Beinbewegung sieht viel besser aus als noch vor einer Woche. Sie bewegt öfters mal die Arme ein wenig (vor allem den rechten) und streckt auch immer wieder mal wieder ihre Finger. Den Kopf kann sie ganz leicht neigen und auch der Rumpf wird ansatzweise bewegt. Es wird besser und besser!

Nicht besser sind aber ihre Zuckungen. Sie hat heute wieder vermehrt Phasen von 30-60 Minuten, in denen sie sehr stark und oft am ganzen Körper zuckt. Diese „Stromstöße“ sehen nicht nur beunruhigend aus, sie scheinen Viktoria selbst sehr zu plagen, manchmal spannt sie sich dabei ziemlich an, ihr Puls steigt und sie beginnt zu meckern.

Mittlerweile ist es nicht mehr von der Hand zu weisen, daß bei jeder Mahlzeit ihr Puls rasant in die Höhe schießt, bis zu 180 Schläge in der Minute. Das passiert unabhängig davon, ob Viktoria entspannt ist oder sich aufregt, ja sogar im Schlaf.

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Montag, 15.8.2011

Auch heute steigt der Puls beim Essen auf 187. Viktoria fängt aber nicht an zu schreien, sie scheint keine Schmerzen zu haben. Die Ärzte beraten sich und kommen zu dem Schluß, ein Herzecho machen zu lassen. Auf Utes (!) Vorschlag hin wird zunächst die Magensonde einige Zentimeter herausgezogen; sie war im Lauf der letzten Tage nach und nach immer weiter in Viktorias Körper verschoben worden. Sie bekommt erstmal nur Tee, den sie auch gut verträgt. Die anschließende Mahlzeit allerdings läßt ihren Puls wieder in die Höhe schießen, und von da an schreit sie. Abends wird die Magensonde schließlich gezogen und durch eine neue ersetzt, worauf die Abendmahlzeit sehr gut vertragen wird.

Die Flüssigkeitsbilanz ist in Ordnung, es genügt nun, das bislang regelmäßig verabreichte Lasix nur noch bei Bedarf zu geben.

Bei der heutigen Blutabnahme wird erneut der lösliche Interleukin-2-Rezeptor bestimmt, er liegt fast im Normbereich (721 statt 1800 vor zwei Wochen). Da dieser Wert die Aktivität der HLH ziemlich gut wiedergibt, haben wir es schriftlich: Viktoria wird gesund! Der Ferritinwert ist zwar leicht auf 1320 gestiegen. Da aber dieser Indikator für die HLH noch von einigen anderen Faktoren abhängt, soll uns das nicht weiter beunruhigen.

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Dienstag, 16.8.2011

Morgens findet ein weiteres EEG statt. Mittags wird das geplante Herzecho durchgeführt, weil Viktoria in den letzten Tagen immer wieder einen hohen Puls beim Verabreichen der Nahrung hatte. Es gibt glücklicherweise keine Auffälligkeiten. Das mit dem Puls hat sich seit der neuen Magensonde auch erledigt, die alte hatte wohl das Problem verursacht, obwohl sich niemand so richtig erklären kann, warum. Nachdem diese nämlich herausgezogen wurde, formte sie sich wieder so, wie sie wohl im Magen zu liegen kam. Und das Ende lag nicht unten. Ecke mutmaßt, daß die Schlinge unten den Magenpförtner offengehalten hat. Und Tachykardie ist ein bekanntes Problem, wenn Nahrung unverdaut in den Dünndarm gelangt. Warum ist man hier nicht gleich auf die Idee gekommen, die Sonde auszutauschen?!

Heute kommt zum ersten mal die Ergotherapeutin Frau W. Sie macht Bewegungstherapie, nimmt Viktoria auf den Arm und „hüpft“ mit ihr. Anschließend wird sie in eine Hängematte gelegt und geschaukelt. Auch ein Blink-Dudel-Dingsbums wird eingesetzt zur Reizstimulation. Ob es Viktoria gefallen hat, können wir nicht so richtig sagen. Sie war auf jeden Fall irgendwie „beeindruckt“.

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Mittwoch, 17.8.2011

Viktorias Hände sind heute sehr entspannt, man kann richtig mit ihren Fingern spielen. Die Logopädin hat auch Fortschritte gesehen. Sie meinte, ab und zu schlucke Viktoria das, was man ihr in den Mund träufele. Dennoch ist sie vom Trinken und Saugen noch weit entfernt. Dr. B. meinte zu den Zuckungen, das könnte eine Übergangsphase von „keine Bewegung“ zu „normale Bewegung“ sein, da das Gehirn gerade am wieder hochfahren sei. Im EEG sehe man keine wesentliche Änderung zu letzter Woche. Sie hat immer noch einzelne Spikes, aber keine epilepsietypischen Potentiale. Das sei ein guter Kompromiß zwischen „keine Medikamente und viel Krampfen“ und „viele Medikamente und kein Krampfen“.

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Donnerstag, 18.8.2011

Die letzten vier Nächte seit Sonntag waren eigentlich ganz in Ordnung. Viktoria war zwar immer wieder auch mal für längere Zeit wach, aber sie hat sich nicht so in einen Schrei-Rausch hineingesteigert, daß man sie wieder mit Chloralhydrat hätte beruhigen müssen. Dennoch ist sie immer noch stets angespannt und jammert, weint und schreit, sobald sie wach ist.

Beim Gespräch mit Dr. B. kommt das Thema Knochenmarktransplantation (KMT) zur Sprache. Noch immer erlaube Viktorias Zustand nicht den Beginn der Transplantation. Auf Nachfrage, was genau sich denn noch ändern müsse, bevor man beginnen könne, holt Dr. B. weit aus und erzählt, wie eine KMT abläuft, was alles passieren kann und wie lange das im Durchschnitt dauert. Doch eine genaue qualitative Aussage, was Viktoria noch fehlt, um eine KMT zu überstehen, können wir nicht heraushören. Auch ihre neurologische Situation müsse sich noch bessern, diese hat ja Einfluß auf ihren Gesamtzustand. Im Verlauf des Gesprächs kommt ihm die Idee, daß man Viktoria demnächst schon einmal in der Uniklinik Tübingen vorstellen und untersuchen lassen könnte. Dort befindet sich das größte Transplantationszentrum Süddeutschlands, und auf deren Urteil käme es letztlich an.

Leider hat man im dritten Abstrich aus Viktorias Nase den MRSE-Keim wieder gefunden. Das heißt, wir dürfen mit ihr vorerst noch nicht auf den Flur zum Spazierenfahren.

Was die Nahrungsmittelmenge angeht, konnte man diese problemlos auf aktuelle 5 mal 120ml pro Tag steigern. Entsprechend hat man die parenterale Ernährung (Infusion) reduzieren können. Das Ziel ist ja weiterhin, ganz davon wegzukommen.

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Freitag, 19.8.2011

Das ZKRD hat bei der Spendersuche zwei potentielle Spender gefunden! Einer stimme in neun von zehn Merkmalen überein, der andere sogar in allen. Das ist ein unglaublicher Glücksfall, manche Patienten warten jahrelang vergeblich auf einen passenden Spender! Die potentiellen Spender werden nun kontaktiert und – wenn sie zustimmen – auch untersucht. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Transplantation ist gemacht – sofern die potentiellen Spender zusagen und auch gesund sind.

Viktoria schreit heute wieder ununterbrochen… wann wird das endlich mal besser?! Dr. B. meint, Viktorias Verhalten rührt wahrscheinlich vom Kortison her, das hätte als Nebenwirkung eine wesensverändernde Wirkung. Manche Kinder würden lethargisch und lägen nur noch da und viele würden mit schlechter Laune und Schreien reagieren, so wie Viktoria. Nach dem Absetzen sollte sich das innerhalb einiger Tage bessern. Das klingt zu schön, um wahr zu sein.

Auch der Neurologe Dr. W. läßt sich blicken. Man hat momentan Schwierigkeiten, einen ausreichenden Spiegel beim Trileptal zu erzielen. Anvisiert sind 10mg, gemessen wurden 1,2mg. Das rührt vermutlich von Viktorias überaktiver Leber her, die gerade auf Volldampf läuft, um den ganzen Mist abzubauen, den sie kriegt. Dabei schießt sie anscheinend etwas über das Ziel hinaus. Man wird die Trileptal-Dosis nun verdoppeln, denn diese Krampfpotentiale im EEG würden auf Dauer das Gehirn ermüden. Die Spikes würden ganz gut mit Viktorias Zuckungen korrelieren.

Ecke und Ute sind sich unsicher bezüglich der vielen Krampfmedikamente. Würde Viktoria ohne diese Medikamente krampfen? Hängen ihre Zuckungen mit den EEG-Spikes zusammen? Die Neurologen scheinen keine Ahnung zu haben. Bei jedem Gespräch kriegt man andere Informationen.

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Samstag, 20.8.2011

In den vergangenen Wochen haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit Viktoria von einer Osteopathin behandelt werden kann. Das Klinikum selbst bietet so etwas nicht an (zumindest nicht die ganzheitliche Osteopathie) und hat sich zu allem Überfluß auch noch quergestellt, daß wir Viktoria von einer externen Therapeutin auf der Station behandeln lassen dürfen. Angeblich aus Haftungsgründen. Da wir aber nicht locker ließen, ist der gefundene Kompromiß eine stundenweise Entlassung auf unsere Verantwortung. Die Ärzte halten das in ihrem Zustand für vertretbar, und wir wollen nichts unversucht lassen, um Viktoria zu helfen. Leider würde eine Fahrt mit dem Auto einen sehr großen Streß für unsere Kleine bedeuten, und die Praxis der Osteopathin ist 4km entfernt – zu weit für den Kinderwagen. Alle Versuche, in der Nähe eine Räumlichkeit aufzutun, scheiterten zunächst. Doch eine gute Seele hat keine Mühen gescheut, uns doch noch zu einem Raum zu verhelfen. Tobias, wir stehen in deiner Schuld!

Viktoria wird für ihren Ausflug abgestöpselt, der Hickman-Katheter mit Heparin geblockt und wir kuscheln sie bequem in ihren Kinderwagen, der 10 Wochen lang ungenutzt im Keller stand. Während der Fahrt ist sie zunächst ruhig, beginnt dann aber doch zu quengeln und schreit schließlich. Aber da sind wir auch schon angekommen.

Während der ersten halben Stunde der Behandlung ist Viktoria ziemlich unleidlich und schreit oft. Es ist ja auch alles neu und ungewohnt für sie. Erst als die Osteopathin mit ihrer Behandlung den Kopf erreicht (sie arbeitet sich von unten nach oben), entspannt sich Viktoria innerhalb von Sekunden und schläft recht schnell ein. Auch das Zurücklegen in den Kinderwagen kann sie nicht aus dem Reich der Träume reißen. Erst als wir bei unserer Rückkehr ins Krankenhaus am Aufzug warten, schlägt sie die Augen wieder auf. Schade, wir hatten eigentlich gehofft, daß das länger anhält.

Ob es was gebracht hat? Schwierig zu sagen. Viktoria ist für den Rest des Tages furchtbar unleidlich, eigentlich ist sie ständig am Schreien. Aber das unterscheidet sich nur wenig von den vergangenen drei Wochen, es wäre ja ein Wunder gewesen, wenn das schlagartig aufgehört hätte. Wir wollen die Behandlungen dennoch im wöchentlichen Abstand wiederholen. Dafür müssen wir uns aber eine andere Räumlichkeit suchen, die heute genutzte stand nur dieses eine mal zur Verfügung. Hat jemand eine Idee?

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Sonntag, 21.8.2011

Viktoria ist heute deutlich weniger unleidlich. Das dauerhafte Weinen und Schreien ist einem angestrengten Jammern und Nölen gewichen. Sie schreit nur noch selten, z.B. wenn sie gewickelt oder gewaschen wird. Ob das der osteopathischen Behandlung zu verdanken ist?!

Auffällig ist noch immer, daß sie sofort herzzerreißend zu weinen beginnt, wenn man ihren Kopf bewegt. Wir gewinnen den Eindruck, daß sie Nackenschmerzen hat. Nackensteifheit ist auch eine Begleiterscheinung der HLH.

Dr. M. und Dr. E. schauen vorbei. Viktorias Blutwerte sind gut. Thrombos, Erythros und Leukos sind fast normal, die für die HLH wichtigen Indikatoren (löslicher Interleukin-2-Rezeptor, Ferritin, Fibrinogen), die man einmal wöchentlich bestimmt, sind auf dem Rückzug. Dennoch kann man noch nicht von einer Remission der HLH sprechen, der Weg sei aber der richtige. Man strebt an, Viktoria in ca. zwei Wochen in der Uniklinik Tübingen vorzustellen, um deren Urteil einzuholen.

Die Therapie geht ab kommender Woche in die Erhaltungsdosierung über, die bis zur Knochenmarktransplantation aufrecht erhalten werden muß. Das Kortison wird nun nur noch – beginnend am morgigen Montag – alle 14 Tage an drei aufeinanderfolgenden Tagen verabreicht, allerdings in einer etwas höheren Dosis. Beim VP-16 ist man ja bereits bei einem 14-tägigen Rhythmus. Das Cyclosporin muß unvermindert weitergegeben werden, die Antibiotika und Antimykotika kann man demnächst reduzieren oder auch ganz absetzen.

Auf Nachfrage, was denn nun diese unterschiedlichen Aussagen zum EEG zu bedeuten haben, wird deutlich, daß man es einfach nicht weiß. Man weiß: Es gibt Spikes und Viktoria zuckt. Natürlich ist auch jedesmal im EEG ein Ausschlag zu sehen, wenn sie ihre Muskeln bewegt – ob willkürlich oder unwillkürlich. Das ist aber zu erwarten, weil dieser elektrische Impuls alles andere überwiegt. Man kann nun zwar nicht mit Sicherheit sagen, daß die Spikes die Zuckungen auslösen, man sieht jedoch auch Spikes, ohne daß es zu Muskelaktivität kommt. Auch die Vermutung, daß die Zuckungen im Stammhirn verursacht werden, ist reine Spekulation. Wir bekommen den Eindruck, daß die Neurologie eine sehr unscharfe Disziplin ist, bei der jede Menge Spielraum für Interpretation herrscht. Wie dem auch sei, die Medikationsänderungen an den Krampfmedikamenten dienen jedenfalls dazu, diese Spikes bzw. Zuckungen loszuwerden.

Man will kommende Woche ein weiteres MRT durchführen. Da Ecke den Sinn zu diesem Zeitpunkt in Frage stellt und wir Viktoria nicht schon wieder sediert und intubiert sehen wollen, überrascht uns Dr. M. mit einem Kompromiß. Es geht den Ärzten hauptsächlich darum zu untersuchen, wie sich das Hygrom entwickelt hat. Dafür reiche ein Schnell-Scan von ca. fünf bis zehn Minuten. So lange könne man Viktoria auf Mamas Bauch liegend in die Röhre schieben, ohne daß sie betäubt und beatmet werden müsse. Das klingt schon viel besser.

Ein weiteres Stück Normalität kehrt zurück. Aufgrund des Keims darf Viktoria zwar nicht auf dem Stationsflur herumgeschoben werden, aber wir dürfen ab jetzt öfter mal ganz nach draußen in den Klinikgarten. Frische Luft, das Fahren im Kinderwagen und die Geräuschkulisse tun ihr sichtlich gut.

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