Montag, 22.8.2011

Viktoria hat die ganze Nacht geschlafen. Das erste mal überhaupt. Das heutige EEG ist wiederum etwas besser als letzte Woche, die Amplituden haben sich weiter vergrößert. Jedoch sind immer noch einzelne Spikes zu sehen.

Heute ist wieder Volle-Kanone-Blutkontrolle. Die Werte sind in Ordnung: Ferritin 1200, il-2 800, Thrombos 375.000, Leukos 6.000, Hb 10,8. Die Antibiotika werden heute wie versprochen abgesetzt.

Und Volle-Kanne-Programm ist heute auch noch: Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie. Während die Ergotherapeutin mit Viktorias Beinen arbeitet, entspannen sich nach ein paar Minuten Geschrei ihre Arme und Hände etwas, und sie macht in der Luft Bewegungen, als würde sie nach etwas greifen wollen.

Ab dem Nachmittag schreit Viktoria wieder vermehrt. Nachdem Mama mit ihr von einem kleinen Spaziergang im Kinderwagen zurückkommt, ist nur noch Dauergejammer angesagt. Es ist deutlich schlimmer als gestern.

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Mittwoch, 24.8.2011

Die letzten zwei Nächte waren gut. In der Nacht zum Dienstag schlief sie nach schwieriger Einschlafphase durch, in der Nacht zum Mittwoch war sie nur zwei Stunden wach. Dafür ist heute wieder Extrem-Schreitag. Sie hört gar nicht mehr auf.

Nachmittags findet das angekündigte MRT mit Mama statt. Der Befund ist alles andere als gut, er zeigt eine Ausdehnung des Hygroms auf nun beide Seiten. Gleichzeitig sieht man, daß das Gehirn schrumpft. Das könnte möglicherweise eine Folge des Kortisons sein, ist aber nicht sicher. Der durch die Schrumpfung entstehende subdurale Raum wird quasi mit Liquor aufgefüllt. Es scheint aber keine Druckzunahme im Kopf zu geben, so daß der Neurochirurg Dr. M. und einer seiner Kollegen keinen akuten Handlungsbedarf sehen.

Um 18.00 Uhr gibt es die letzte Kortisondosis für zwei Wochen. Wir setzen große Hoffnungen darin, daß das Geschrei nun besser wird.

Um 20.00 Uhr unternehmen wir einen weiteren Ausflug für die zweite osteopathische Behandlung. Wir dürfen in einem Restaurant eines kleinen Hotels einen Nebenraum nutzen, der heute nicht gebraucht wird. Viktoria schläft dieses mal nicht bei der Behandlung ein, schreit aber auch nicht mehr ganz so viel. Die Therapeutin meint, sie müsse quasi wieder von vorne beginnen, die Spannungen seien heute sogar noch stärker als am Samstag. Es wäre vielleicht gut, wenn man die Therapie zweimal pro Woche fortführt.

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Donnerstag, 25.8.2011

Morgens wird Blut abgenommen, um den Natriumspiegel zu kontrollieren. Der ist zwar in Ordnung, dafür stellt man einen erhöhten Kaliumspiegel fest. Zur Überprüfung wird ein zweites mal Blut abgenommen – dieser Wert ist in Ordnung. Die erste Abnahme erfolgte durch den recht schwergängigen weißen Katheterschenkel und dabei sind wahrscheinlich irgendwelche Zellen geplatzt, die Einfluß auf den Kaliumspiegel haben.

Die Flüssigkeitsbilanz ist nicht gut, Viktoria bekommt heute wieder Lasix zum Ausschwemmen. Außerdem ist eine weitere Dosis VP-16 an der Reihe.

Der Hautkeim, der zuletzt in der Nase gefunden wurde, soll nun doch saniert werden – das hat „die Hygiene“ des Krankenhauses so entschieden. Viktoria bekommt nun für die nächsten Tage dreimal täglich eine antibiotische Nasensalbe (Turixin) und täglich einen Vollwaschgang mit einem antiseptischem Schaum sowie neue Bettwäsche und Kleidung.

Bei einer Besprechung der Stationsärzte mit dem Radiologen Dr. W. wird beschlossen, kommende Woche nochmal ein ausführliches MRT zu machen. Man möchte genau wissen, was in Viktorias Kopf los ist.

Gegen Abend entwickelt sie Fieber (38,0°C axillar). Der Grund könnte die Chemotherapie sein, die nachmittags verabreicht wurde.

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Freitag, 26.8.2011

Viktoria schläft fast den ganzen Tag. Das Fieber hält weiter an, sie bekommt zum Senken Perfalgan (Paracetamol). Abends wird zur Sicherheit eine Blutabnahme durchgeführt. Sie hat keine Entzündungszeichen und ausreichend Leukos. Der Ferritinwert ist auf 841 gefallen, das deutet also nicht auf eine erneute HLH-Aktivität hin.

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Samstag, 27.8.2011

Das Fieber ist leicht zurückgegangen, liegt aber trotz des Paracetamols immer noch zwischen 37,1°C und 37,8°C axillar. Vormittags ist Viktoria noch ganz gut drauf und einigermaßen entspannt. Ab Nachmittag ist sie zunehmend unzufrieden und gegen Abend hören wir wieder nur Geschrei.

Eine weitere Bestandsaufnahme: Sie fixiert nichts mit den Augen, oftmals starrt sie nach oben. Auf Geräusche reagiert sie mitunter. Wenn man sie laut anspricht, schaut sie manchmal in Richtung des Sprechers und öffnet weit die Augen. Sie trinkt nicht. Wenn man ihr Muttermilch auf einem Watteträger anbietet, öffnet sie den Mund kaum, macht aber ein wenig schmatzende Kieferbewegungen, ohne dabei den Mund zu öffnen.

Sie ist oftmals sehr stark angespannt, streckt dann die Beine von sich und drückt die Füße durch, die Arme sind stark angewinkelt, die Hände zu Fäusten geballt. Sie atmet stoßweise und jammert, weint oder schreit. Sie hat aber auch immer wieder ruhige Phasen, in denen sie entspannter ist. Dann kann man leicht ihre Finger öffnen und die Arme etwas bewegen. Allerdings gefällt ihr das nicht und sie spannt sich schnell wieder an, wenn man sie bewegt. Sie selbst bewegt sich kaum, neigt den Kopf etwas oder bewegt auch mal ihre Extremitäten ein wenig, vor allem wenn sie sich reckt und streckt. Das wurde von Woche zu Woche zwar mehr, größere Bewegungen sind jedoch noch nicht zu sehen. Noch immer wird sie von zeitweise gehäuft auftretenden Zuckungen geplagt. Diese wirken, als würde sie Stromstöße erhalten und sind teilweise so stark, daß sogar ein Schreien kurz unterbrochen wird. Diese Zuckungen treten vermehrt dann auf, wenn sie angespannt ist oder gerade kurz vor dem Einschlafen. Aber auch im Schlaf sieht man sie manchmal. Während sie schläft ist die Atmung normal, je nachdem wie tief der Schlaf ist, entspannt sie sich auch dabei.

In ihrem jetzigem Zustand kann man keine Knochenmarktransplantation (KMT) wagen. Ihre neurologische Situation muß sich noch deutlich bessern, damit sie die Vorkonditionierung übersteht. Für kommenden Donnerstag ist dennoch ihre Vorstellung in der Uniklinik Tübingen geplant, bei dem uns in einem ersten Gespräch mit den Spezialisten dort der Ablauf einer KMT nähergebracht werden soll.

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Sonntag, 28.8.2011

Viktorias Fieber hält an. Den Vormittag über ist sie noch relativ entspannt. Ihre Kopfwunde beginnt, stark zu nässen. Innerhalb weniger Stunden muß das Pflaster mehrmals gewechselt werden, auch ihr Kopfkissen hat etwas Flüssigkeit abbekommen. Da der Verdacht besteht, daß es sich dabei um Liquor (Nervenwasser aus dem Gehirn) handelt, wird ein Abstrich gemacht. Der kann aber erst morgen getestet werden, sonntags haben alle Labore, die das testen könnten, geschlossen.

Gegen Nachmittag ist Viktoria wieder deutlich angespannter, sie jammert und weint sehr, ist kaum zu beruhigen. Es klingt dennoch anders als die Tage zuvor, als sie noch unter dem Einfluß des Kortisons stand. Nach einem erneuten Pflasterwechsel bekommt Oberarzt Dr. S. von den Neurochirurgen telefonisch den Tip, wie man relativ einfach zwischen Liquor und Wundsekret unterscheiden kann – mittels eines Zuckertests. Dieser fällt positiv aus, es kann sich also nicht um Wundsekret handeln, denn dieses enthält keinen Zucker. Damit erhärtet sich der Verdacht, daß Viktoria unter erhöhtem Hirndruck leidet. Dazu paßt auch ihr hoher Blutdruck, der sich im Bereich von 115/95(98) bewegt. Da sie Schmerzen zu haben scheint, bekommt sie Perfalgan (Paracetamol). Daraufhin entspannt sie sich und schläft ein, ihr Blutdruck sinkt auf 100/41(56).

Dr. S. versucht, mit den Neurochirurgen das weitere Vorgehen zu besprechen, er wartet jedoch sehr lange auf einen Rückruf. An diesem Sonntag Abend hetzen die Herren Doktoren anscheinend von einer OP in die nächste. Alles Drängen von seiner Seite nützt nichts, er entschuldigt sich auch bei uns und sagt, wie unbefriedigend auch für ihn die Situation sei. Gegen 22.00 Uhr wird Viktorias Wunde notdürftig abgeklebt, damit kein Liquor mehr entweichen kann. Es handelt sich ja auch um eine potentielle Infektionsquelle. Viktoria wacht davon nicht auf.

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Montag, 29.8.2011

Bereits um 0.00 Uhr ist Viktoria wieder wach. Fast die ganze Nacht ist sie angespannt und jammert, muß sich mehrmals übergeben – auch Erbrechen ist ein Anzeichen erhöhten Hirndrucks! Es geht ihr sehr dreckig, sie verdreht die Augen nach oben, hat hohes Fieber (39,6°C axillar).

Morgens dann endlich die Entscheidung: Man will doch wieder eine externe Drainage legen. Wir fragen uns, warum das nicht schon gestern Abend passiert ist?! In dieser akuten Situation will der Neurochirurg Dr. B. keinen Shunt (eine dauerhafte Drainage vom Kopf in den Bauchraum) implantieren, das würde man dann in den kommenden Tagen machen wollen.

Viktoria wird für die OP ins Katharinenhospital verlegt, im Olga-OP könnte man erst um 13.00 Uhr operieren. Anschließend ist geplant, daß sie auf die Intensivstation des Olgäle kommt – schon wieder. Sie soll dort so lange bleiben, bis die Drainage gezogen und durch einen Shunt ersetzt wird. Kurz vor 10.00 Uhr wird sie vom Roten Kreuz aus ihrem Zimmer gebracht – für uns heißt es abermals warten…

Die Operation verläuft glücklicherweise ohne Komplikationen, es dauert aber eine Ewigkeit. Eigentlich handelt es sich um einen Eingriff von nicht einmal 20 Minuten, jedoch gibt es organisatorische Verzögerungen. Um 14.00h dürfen wir endlich zu ihr. Sie ist wach, es geht ihr nicht besser als vor dem Eingriff. Wir sind ernüchtert. Sie hat immer noch hohes Fieber (39,9°C rektal), ihr Puls rast (180), sie hat hohen Blutdruck (110/80), dazu zittert sie am ganzen Körper, macht ungelenke Bewegungen mit ihren Armen und Beinen. Die Augen sind nach oben verdreht (man sieht fast nur das weiße), sie jammert ununterbrochen. Sie bekommt Perfalgan (Paracetamol), es wirkt nicht, sie jammert noch immer. Sie bekommt Dipidolor, ein starkes Schmerzmittel. Nach der zweiten Dosis davon entspannt sie sich endlich, das Fieber geht zurück, ihr Blutdruck sinkt auf 100/50(60), der Puls auf 150. Wenig später schläft sie ein. Sie scheint starke Schmerzen zu haben.

Bereits einige Stunden später ist sie wieder wach, das Fieber steigt wieder, sie zuckt, ist sehr angespannt. Sie macht einen schrecklichen Eindruck. Wir bleiben so lange es geht bei ihr, sie kann aber einfach nicht einschlafen.

Wir nutzen die Gelegenheit, um beide seit langem mal wieder daheim zu übernachten. Erholsam ist es nicht – wir haben den Kampf gegen die Tränen längst verloren.

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Dienstag, 30.8.2011

Die Nacht verlief nach Angaben der Schwestern recht gut, sie hat fast durchgeschlafen. Als wir morgens zu ihr kommen, schläft sie bereits wieder. Sie wurde von der Schwester schon gewaschen und umgezogen, bei der Fußmassage sei sie dann wieder eingenickt. Unter dem Einfluß des Paracetamols und Novalgins ist auch das Fieber wieder weg, sie hat 36,8°C axillar. Ist die letzte Gabe längere Zeit her, steigt es wieder an. Sie bekommt aufgrund der Drainage wieder Antibiotikaprophylaxe, weil es sich dabei um eine potentielle Infektionsquelle handelt.

Wir können unseren Augen kaum trauen. Sie liegt völlig entspannt da, die Arme und Finger sind locker, ganz (!) ausgestreckt! Wenn sie von Zeit zu Zeit etwas wacher wird, reckt und streckt sie sich, spreizt die Finger, winkelt sogar das rechte Bein an (!) und streckt es anschließend wieder. Sie verschläft fast den ganzen Vormittag. Dann schlägt sie die Augen auf, schaut umher. Sie wirkt total müde, aber entspannt. Sie reckt und streckt sich, wir erkennen erstmals wieder bekannte Mimik in ihrem Gesicht – eben so wie sie früher ihre Gesichtspartie bewegt hat. So erfreulich haben wir sie seit vielen, vielen Wochen nicht gesehen! Unglaublich!!! Hatte sie seit längerer Zeit schon Schmerzen? Lag es tatsächlich an einem erhöhten Hirndruck? War der schon längere Zeit erhöht? Wir wissen es nicht.

Der Ferritinwert von heute (900) läßt zumindest nicht auf einen neuen Schub der HLH schließen. Mittags ist das angekündigte große MRT, wofür sie leider abermals narkotisiert und intubiert werden muß. Anschließend darf Viktoria trotz Drainage wieder zurück auf die K1 – wir sind sehr erleichtert. Eine erneute Nacht Intensivstation hat uns wirklich mehr als gereicht.

Als sie um 15.00 Uhr aus dem MRT kommt und wieder auf die K1 verlegt wird, geht es ihr schon nicht mehr so gut wie vormittags. Sie jammert wieder, ist nicht mehr entspannt. Der Neurochirurg Dr. M. meint, der Druck sei nicht erhöht gewesen. Auch beim Legen der Drainage ist dem operierenden Arzt Dr. B. nicht aufgefallen, daß hoher Druck auf dem Kopf gewesen sei. Die Hygrome rühren wahrscheinlich eher daher, daß das Gehirn schrumpft und Liquor in den entstehenden Raum nachfließt.

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Mittwoch, 31.8.2011

Die Nacht war nicht gut. Sie war ständig wach, hat geweint und geschrien. Dafür verschläft sie den ganzen Vormittag. Sie scheint Bauchweh zu haben, es blubbert und rumort im Bauch und wenn man draufdrückt, weint sie instantan. Über die Kopfdrainage fließt immer wieder etwas Liquor ab, es ist aber nicht viel. Dr. M. läßt sich blicken und meint, es sähe nicht nach übermäßig viel Druck aus, dafür ist die austretende Liquormenge zu gering.

Gegen 13.30 Uhr beginnt Viktoria zu jammern, wird schnell energischer, bis sie schließlich wie am Spieß schreit. Um 12.00 Uhr war die letzte Gabe von Novalgin. Dennoch bekommt sie um 14.00 Uhr noch zusätzlich Perfalgan – kein direkter Effekt. Um 14.30 Uhr wird ein drittes Schmerzmittel angehängt – kein direkter Effekt. Trotz mittlerweile dreier Schmerzmittel schreit sie weiter wie am Spieß, ihr Puls ist bei 180 Schlägen pro Minute, sie klingt völlig verzweifelt. Gegen 16.00 Uhr kommt sie endlich ganz allmählich zur Ruhe. Sie ist sichtlich erledigt und schläft ein.

Nur eine Stunde später ist sie bereits wieder wach. Zunächst ist sie nur leicht aufgeregt, doch bald wird sie zunehmend angespannter und schreit schließlich wieder, als würde sie jemand braten – der Puls rast erneut bei 180. Sie bekommt nochmals Novalgin – kein direkter Effekt. Sie bekommt nochmals Perfalgan – langsam kommt sie runter und wird ruhiger.

Frau Dr. G. kommt vorbei und macht sich ein Bild von Viktoria. Sie mutmaßt, daß ihr Verhalten nicht nur von Schmerzen sondern auch von einem Krampfanfall herrühren könnte. So ein Quatsch! Wir sind mittlerweile Experten, was Krampfanfälle bei Viktoria angehen. Und das sind keine!

Viktoria bekommt nochmals Dipidolor, das starke Schmerzmittel. Wenn das nicht reicht, soll sie auch Beruhigungsmittel (Chloralhydrat) bekommen. Ecke macht klar, daß Viktoria das nicht benötigen wird, sie hat einfach nur Schmerzen, wenn man ihr die nimmt, kommt sie auch zur Ruhe. Und genau so ist es auch. Das Dipidolor entfaltet innerhalb von Sekunden seine Wirkung (es wird über die Infusion gespritzt) und Viktoria entspannt sich sofort. Bis sie einschläft vergehen aber noch fast zwei Stunden. Dennoch muß man hier nicht mit Beruhigungsmittel nachhelfen. Mann!

Über die Ursache der Schmerzen schweigen sich die Ärzte aus. Auch wir sind ziemlich ratlos.

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Donnerstag, 1.9.2011

Die Nacht war okay. Sie war zwei- oder dreimal wach, ist aber immer gleich wieder eingeschlafen. Unter den Schmerzmitteln hat sie eine Temperatur von 37,5°C axillar. Morgen soll nochmal ein MRT gemacht und anschließend die Drainage gezogen werden.

Viktorias Atmung hat sich verschlechtert. Sie atmet noch immer stoßartig, dabei hält sie beim Ausatmen jeweils kurz die Luft an, das Einatmen folgt dann hechelnd hinterher, wobei sie grunzende, glucksende Geräusche von sich gibt. Sie macht den Eindruck, als hätte sie noch immer Schmerzen. Dr. M. meint, diese könnten unmöglich von der Drainage kommen, man hat da Erfahrungswerte auch von älteren Kindern. Das starke Schmerzmittel Dipidolor scheint die Schmerzen soweit zu lindern, daß sie sich beruhigt. Auffällig ist, daß sie sofort zu weinen beginnt, als Frau Dr. K. ihr auf dem Bauch herumdrückt, sich aber gleich wieder beruhigt, nachdem sie damit aufhört. Ob es doch Bauchschmerzen sind? Es wird ein Ultraschall vom Bauch durchgeführt, der Radiologe sieht sich auch Viktorias Hüfte an. Es wird nichts gefunden.

Viktoria erbricht schwallartig ihre gesamte Abendmahlzeit – trotz der Drainage! Die Ursache kann also unmöglich erhöhter Hirndruck sein, immer mehr spricht dagegen. Aber warum trat dann Liquor aus der Kopfnarbe aus?!

Den für heute geplanten Vorstellungstermin in Tübingen hat man natürlich abgesagt – mit der Kopfdrainage kann man sie nicht transportieren.

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Freitag, 2.9.2011

Auch diese Nacht war in Ordnung. Sie bekommt weiterhin Schmerzmittel. Seitdem sie gestern Abend erbrochen hat, hat sie nichts mehr zu essen bekommen, nur etwas Tee. Für das MRT muß sie sowieso nüchtern sein. Viktoria jammert und weint wieder viel heute morgen. Morgens findet noch ein EEG statt, mittags das angekündigte MRT. Der MRT-Befund sieht eine leichte Besserung der Mittellinienverschiebung, daher soll die Drainage doch noch einige Tage im Kopf verbleiben.

Nach dem MRT ist sie zunächst ruhig. Sie bekommt wieder 50ml Säuglingsmilch. Es bleibt drin. Später beginnt sie erneut sich anzuspannen und zu jammern. Sie bekommt Novalgin, schläft bald darauf ein. Doch eine Stunde später ist sie bereits wieder wach und jammert. Als sie abends wieder schreit, bekommt sie erneut Dipidolor. Sofort hört das Schreien auf, sie entspannt sich jedoch nicht. Die Atmung ist immer noch sehr schlecht und stoßartig. Sie bekommt abermals 50ml Nahrung. Es bleibt gerade noch so drin. Mehr wäre nicht gut gewesen – sie hat schon etwas gewürgt.

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Samstag, 3.9.2011

Die Nacht war schlecht. Sie war oft wach und hat gejammert. Morgens gibt’s wieder nur Geschrei. Sie bekommt erneut Dipidolor und entspannt sich daraufhin. Wenn es doch immer so eindeutig wäre…

Über Mittag schläft sie wieder – das macht sie oft in den letzten Tagen. Kaum wird sie wach, ist sie erneut angespannt, jammert, weint und schreit schließlich. Heute ist auch das Zucken wieder ganz extrem schlimm, vor allem an der rechten Hand. Aber auch die starken „Stromstöße“ treten heute wieder gehäuft auf.

Viktoria scheint Probleme mit dem Magen zu haben. Die Morgenmahlzeit wird – kaum hat deren Sondierung begonnen – in hohem Bogen erbrochen. Auch später als sie nur 30ml Muttermilch bekommt, wird ihre Anspannung sofort größer und ihr Puls steigt. Wir regen an, daß sie vorerst nichts mehr zu essen bekommen soll.

Schmerzmittel scheinen nicht mehr so gut zu helfen, selbst das starke Dipidolor nicht. Sie schreit sehr, ihr Puls ist auf 180. Durch Umlagern kann man sie kurz beruhigen, ehe ihr Schreien bald wieder von neuem losgeht. Nach fünf Stunden Jammern und Schreien bekommt sie erneut Perfalgan und Chloralhydrat zur Beruhigung verabreicht. Nach zwei Minuten schläft sie ein. So schnell kann das durch die Sonde gegebene Beruhigungsmittel gar nicht gewirkt haben.

Mittags kommt die Schwester herein und gibt Viktoria ein neues Medikament. Erst auf Nachfrage erfahren wir, daß der Neurologe Dr. W. sich mit den Stationsärzten besprochen hat und eine Idee vorschlug, wie man Viktoria helfen könnte. Schön. Nur finden wir es eine Unverschämtheit, daß wir dazu nicht konsultiert, ja nicht einmal informiert wurden. Es ist nicht das erste mal, daß über unseren Kopf hinweg Entscheidungen getroffen werden.

Dr. W.s Idee geht so: Er mutmaßt, daß die Schmerzen von dem erhöhten Muskeltonus ihrer Extremitäten kommen könnten. Eigentlich eine gute Idee. Nur unserer Beobachtung nach erkennt man zuerst ihre Schmerzen im Gesicht, sie beginnt zu jammern und erst danach spannt sie sich an. Allerdings besteht durchaus die Möglichkeit, daß sie sich durch die Spasmen in weitere Schmerzen hineinsteigert und diesen Teufelskreis nicht mehr alleine durchbrechen kann. Sie bekommt ab heute testweise Baclofen, ein Muskelrelaxans. Bis sich davon ein ausreichender Spiegel aufgebaut hat, werden noch einige Tage vergehen.

Das EEG von Freitag zeigt keine Veränderungen, immer noch pathologische Spikes.

Nach nur einer Stunde Schlaf bei einem Puls von 110 schlägt Viktoria plötzlich die Augen weit auf und spannt sich an. Die Atmung wird unmittelbar wieder stoßartig und der Puls springt auf 150. Nur zwei Minuten später ist die Anspannung wieder vorbei, sie schlägt die Augen wieder zu und schläft weiter. In diesem Moment stinkt es, als hätte eine ganze Rinderherde einen fahren lassen! Sind die Schmerzen von Blähungen verursacht?

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Sonntag, 4.9.2011

Die Nacht war beschissen. Viktoria war von 1.00 Uhr bis 6.00 Uhr wach und konnte nicht schlafen. Während der ganzen Zeit hatte sie ihre schlechte Stoßatmung, ließ sich überhaupt nicht zur Ruhe bringen – trotz Perfalgan und Novalgin. Gegen 5.00 Uhr begann sie zu weinen, bald ging es in Schreien über. Nur mit einem Beruhigungsmittel war sie um 6.00 Uhr zum Schlafen zu bewegen.

Bereits um 9.00 Uhr ist sie wieder wach. Sie bekommt wieder ihren „Vollwaschgang“, der ihr sichtlich und hörbar mißfällt. Der Neurochirurg Dr. M. kommt vorbei und zieht die Drainage, endlich kann man Viktoria wieder problemlos auf den Arm nehmen. Für die kleine OP, die direkt in ihrem Zimmer durchgeführt werden kann, bekommt sie nochmal eine Dosis Dipidolor, narkotisiert werden muß sie nicht. Kaum ist Dr. M. fertig und das Pflaster drauf, ist Viktoria ruhig und entspannt. Eine halbe Stunde später schläft sie auf Papas Schoß ein. Auch der Rest des Tages verläuft besser als gestern, sie hat noch ihre Stoßatmung – wenn auch nicht mehr ganz so extrem – und ist nicht wirklich entspannt, sie jammert jedoch nicht.

Und noch ein Grund zur Hoffnung: Das letzte Perfalgan ist bereits vier Stunden her und ihre Temperatur ist bei nur 36,8°C axillar.

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Montag, 5.9.2011

Die Nacht war in Ordnung. Als sie morgens zu schreien beginnt, bekommt sie nochmals Dipidolor, worauf sie sofort wieder ruhig und sehr entspannt ist.

Die Ärzte haben überraschend für uns einen Termin für morgen in Tübingen ausgemacht. Soll uns recht sein. Der Befund vom letzten MRT ist da. Durch die Drainage hat sich die Mittellinie wieder leicht erholt. Es könnte also durchaus Überdruck geherrscht haben, wenn auch nur ein sehr geringer. Die Struktur des Gehirns hat sich insgesamt stark verändert, das läßt keine guten Prognosen zu. Man möchte, daß wir in dieser Woche mit dem leitenden Radiologen Dr. W. sprechen und uns die Bilder von ihm im Detail erklären lassen.

Die Blutwerte von heute sind prima (Thrombos 600.000, Leukos 8000, Hb 8,7). Sie bekommt von heute bis einschließlich Mittwoch wieder Kortison, am Donnerstag VP-16. Wir hoffen, daß sie dadurch nicht wieder in Dauerschreien verfällt.

Zumindest heute passiert das aber nicht. Im Gegenteil, sie ist heute den ganzen (ja, wirklich den ganzen!) Tag entspannt, ihr Puls pendelt um 120, ihre Temperatur um 37,0°C axillar. Das Novalgin bekommt sie noch fest alle 6 Stunden, Perfalgan nicht mehr. Scheinbar hat sie endlich keine Schmerzen mehr oder nur noch schwache. Und das genau jetzt, als die Ärzte nun fest eingeplant haben, ihr regelmäßig das starke Dipidolor zu geben (das übrigens nur Ärzte spritzen dürfen). Abends müssen wir Dr. E. klarmachen, daß Viktoria kein Dipi mehr braucht. Waren es doch durch erhöhten Muskeltonus verursachte Schmerzen und das Baclofen hilft?

In Viktorias Entspannung wird nun verstärkt deutlich, wie schlimm ihre neurologische Situation tatsächlich ist. Sie wirkt total abwesend. Die Augen sind asymmetrisch und schauen unspezifisch in der Gegend herum. Die linke Pupille ist größer als die rechte und schaut in eine leicht andere Richtung. Wenn man sie auf dem Arm hin und her schaukelt, fixiert sie manchmal einen Punkt an der Wand und folgt diesem. Sie schaut einem aber nicht direkt in die Augen und reagiert auch nicht auf irgendetwas, was man ihr vor die Augen hält. Wenn man sie laut anspricht oder in ihrer Nähe ein lautes Geräusch macht, reißt sie die Augen weit auf und beginnt die Quelle zu suchen. Dabei neigt sich auch ihr Kopf leicht in diese Richtung, die Augen suchen umher, finden aber nichts. Sie bewegt sich so gut wie gar nicht, manchmal machen die Unterarme ungelenke Bewegungen, manchmal die Finger. Mehr nicht. Sie hat immer noch eine ganz schlechte Atmung, beim Ausatmen hält sie die Luft an, beim Einatmen grunzt sie, als würde sie keine Luft bekommen. Im Schlaf ist die Atmung ruhig und regelmäßig. Sie trinkt nicht, heute läuft oft Speichel aus ihrem Mund. Das war gestern noch nicht, liegt das am Baclofen?!

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Dienstag, 6.9.2011

Die Nacht war schlecht. Sie war lange Zeit wach und hatte drei Stunden lang ganz schlechte Schnappatmung, die sie offenbar auch am wieder am Einschlafen hinderte. Immer beim Wegdämmern machte sie lange Atempausen, nach denen sie erneut tief Luft holen wollte und wieder in ihre Schnappatmung zurückfiel. Kaum war sie endlich eingeschlafen, normalisierte sich die Atmung.

Heute ist Viktorias Vorstellung in Tübingen. Sie wird mittags vom DRK Stuttgart in einem Krankenwagen (ohne Signal) in die dortige Uniklinik gebracht. Wir haben ein Gespräch mit Prof. L., einem sehr ruhigen netten Menschen. Was wir von ihm zu hören bekommen, ist alles andere als erfreulich. Eine Knochenmarktransplantation (KMT) könne zwar die Grunderkrankung eliminieren, sie könne jedoch nicht Viktorias neurologische Schäden heilen. Im Gegenteil. Bei der Vorkonditionierung im Rahmen der KMT, bei der das alte Knochenmark vernichtet wird, handelt es sich um eine hochdosierte Chemo-/Strahlentherapie mit starken Nebenwirkungen. Im besonderen sind zu nennen: Mucositis (Schleimhautentzündungen im ganzen Körper), starke Anfälligkeit für Infektionen (insbesondere Lungenentzündungen durch Aspiration), Krampfanfälle, Verschlechterungen des zentralen Nervensystems im allgemeinen.

Das Risiko, daß Viktoria die Transplantation nicht überlebe, sei sehr groß. Außerdem bestünde auch ein sehr hohes Risiko, daß sie weitere neurologische Schäden erleide; das sei nicht nur möglich sondern sogar wahrscheinlich. Viktoria nimmt momentan zwar nur wenig von ihrer Umgebung wahr. Aber sie tut es definitiv – sie beruhigt sich zum Beispiel, wenn wir sie in den Arm nehmen. Es wäre durchaus denkbar, daß dies durch die Prozedur verloren gehen könnte. Sollte sie einen neuen, nicht durchbrechbaren Krampfanfall erleiden, könnte das Gehirn weiteren Schaden nehmen – mit drastischen Auswirkungen. Sie könnte das letzte bißchen Menschlichkeit verlieren, das ihr noch geblieben ist. Aufgrund der Risikolage rät uns Dr. L. dringend davon ab, bei Viktoria eine Knochenmarktransplantation (KMT) durchzuführen. Sollten wir uns gegen seinen Rat dennoch dazu entschließen, würde er sich uns jedoch nicht verschließen und es uns in Tübingen ermöglichen wollen.

Natürlich fragen wir nach einer Alternative. Die wäre in Viktorias Fall eine Fortführung der Therapie, eine weitergehende Unterdrückung der HLH – solange es geht. Auf Eckes Einwand hin, daß sie dann ihren zweiten Geburtstag wohl nicht erleben wird, erhalten wir keinen Widerspruch. Die nächste Infektion könnte die HLH wieder aktivieren und alles würde noch schlimmer werden; irgendwann – und das könnte schon sehr bald sein – würde sie daran sterben. Aber es ist die Überzeugung der Ärzte, daß dieses kurze Leben dennoch besser sei, als Viktoria dem Risiko der KMT auszusetzen.

Wir sind am Ende. Alles erscheint völlig sinnlos. Wir fühlen nur noch Schmerz. Keine Zuversicht mehr. Keine Zukunft. Alles verloren…

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Donnerstag 8.9.2011

Wir haben gerade Schwierigkeiten zu schlafen. Das liegt aber nicht an Viktoria sondern eher an den Gedanken, die immerzu in unseren Köpfen kreisen.

Viktoria liegt den ganzen Tag nur ruhig da und macht gar nichts. Ihr Puls pendelt um 110, sie ist oft wach, schläft kaum noch. Auch nachts liegt sie oft mit offenen Augen da und schaut umher. Es fällt uns schwer, ihren passiven Anblick zu ertragen.

Das Novalgin bekommt sie immer noch fest, aber in reduzierter Dosis nur noch alle acht Stunden. Das starke Dipidolor hatte sie seit Montag nicht mehr. Auch ihre Atmung ist wieder viel besser geworden, sie atmet ruhig und normal. Dr. M. kommt vorbei und zieht die Fäden am Kopf.

Abends haben wir das nächste Hiobs-Gespräch mit dem leitenden Radiologen der Klinik Dr. W., unser Chef-Hämatologe ist auch dabei. Wir bekommen die MRT-Bilder von Viktorias Gehirn im Verlauf zu sehen – es wurden ja zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind vernichtend. Viktorias Großhirn hat starke strukturelle Änderungen erfahren. Zu Beginn der Erkrankung Mitte Juni seien schon einmal sehr schnell sehr starke Veränderungen beobachtet worden, als Viktoria den ersten heftigen Krampfanfall erlitt. Diese hatten sich zunächst wieder erholt – auch das war für Dr. W. sehr überraschend, aber für die HLH nicht untypisch. Hiernach kam es aber erneut zu einer Infiltration und weitergehenden Veränderung der Großhirnrinde, die nun nicht mehr die Hoffnung zulassen, daß sich das wieder zurückbilden würde. Im Gegenteil muß man eher davon ausgehen, daß es sich noch verschlimmern wird. Auch die Tatsache, daß das Gehirn auf der linken Seite schrumpft, deutet auf schwerste, irreversible Schädigungen hin. Dr. W. ist sich sicher, daß Viktoria sich niemals wieder vollständig erholen wird. Natürlich kann auch er nicht gänzlich ausschließen, daß sich Teile des Gehirns erholen, doch selbst das hält er für äußerst unwahrscheinlich. Er hofft dennoch, daß er sich irrt.

Auch gibt er uns zu bedenken, daß das MRT eine tolle Technik sei, die Bilder jedoch nicht immer aussagekräftig seien und nicht immer mit der Realität übereinstimmten bzw. eine falsche Realität vorspiegelten. In diesem Fall seien die sichtbaren Veränderungen aber leider sehr deutlich und lassen nur diesen einen Schluß zu. Er vergleicht es mit einem Auto, an dem zwei Räder fehlen. Auch da würde man bei nur grobem Hinschauen erkennen können, daß es nicht mehr fahrtüchtig sei.

Dr. W. ist einer der erfahrensten Kinderradiologen weltweit. Er steht kurz vor dem Ruhestand, hat schon Zigtausende MRT-Bilder zu Gesicht bekommen. Es besteht kein Zweifel daran, daß er weiß, wovon er spricht. Er will dennoch die Bilder einigen Kollegen in den USA präsentieren, um eine Zweitmeinung einzuholen. Außerdem schlägt er eine Verlaufskontrolle in drei Wochen vor, um zu sehen, in welche Richtung sich Viktorias Gehirn entwickelt. Er befürchtet jedoch eine weitere Verschlechterung.

Wir hatten eine solche Ansprache erwartet. Dennoch ist es etwas anderes, diese niederschmetternde Realität vor Augen geführt zu bekommen. Alle Ärzte, denen wir bislang begegnet sind, sprechen sich gegen eine KMT aus – gegen die schulmedizinische Therapie, die Viktoria von ihrer Grunderkrankung befreien könnte. Die Alternative ist eine Palliativmedizin, quasi lebenserhaltende Maßnahmen – so lange wie möglich. Das Warten auf den Tod.

Wollen wir das? Will Viktoria das? Hat sie nicht eine Chance auf ein langes, erfülltes Leben verdient? Wie erfüllt ist ein Leben mit einem völlig zerstörten Gehirn? Kann sie so überhaupt glücklich sein? Können wir das? Kann sie vielleicht wieder soweit genesen, daß sie am Leben teilhaben kann? Dürfen wir darauf hoffen? Oder sollen wir uns in unser Schicksal ergeben und ihr einfach so lange zur Seite stehen, bis sie ihren letzten Atemzug gemacht hat?

Wir können nicht glauben, daß das alles passiert…

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Samstag, 10.9.2011

Die Nächte sind mittlerweile recht gut. Viktoria ist nur noch selten wach. Sie wird meistens durch Krach oder Wickeln geweckt, meckert dann kurz und läßt sich schnell wieder beruhigen. Auch tagsüber schläft sie viel.

Heute ist wieder eine osteopathische Sitzung. Viktoria schreit diesmal überhaupt nicht. Auch das Fahren im Kinderwagen scheint ihr zu gefallen.

Sie ist insgesamt seit einigen Tagen recht entspannt und ruhig, schreit kaum noch – macht allerdings auch kaum etwas. Ihre Zuckungs-Phasen sind deutlich zurückgegangen, sie hat sie eigentlich nur noch im Schlaf, und sie sind auch nicht mehr so heftig. Am Abend entwickelt sie wieder leichtes Fieber (37,6°C axillar).

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Sonntag, 11.9.2011

Das war’s also. Das Urteil der Ärzte ist eindeutig. Wir sollen nun bitte zuschauen, wie Viktoria langsam dahinsiecht. Aus und vorbei. Die Schulmedizin ist grandios gescheitert! Die selbsternannten Götter in weiß – völlig machtlos.

Wir hätscheln unsere Tochter und schauen ihr in die Augen. Manchmal schaut sie zurück. In ihren Augen spiegeln sich Orientierungslosigkeit, Verzweiflung und Unverständnis. Und doch sehen wir auch Stärke, Mut und Hoffnung. Wenn ihr etwas nicht paßt (z.B. gewaschen zu werden mag sie überhaupt nicht), erkennt man ihren unbändigen Lebenswillen! Ein Schreien und Zetern, das noch am anderen Ende der Station zu vernehmen ist. So klingt nicht jemand, der aufgegeben hat! So klingt nicht jemand, dem sein letztes Stündlein geschlagen hat! So klingt jemand, der leben will! So klingt jemand, der hier noch viel vor hat! Würde man ihr einen Tisch geben, Viktoria würde da draufhauen, so fest sie könnte! Wir können unsere Tochter nicht aufgeben und das werden wir auch nicht! Niemals! Das hätte sie nicht verdient! Wir werden kämpfen! Genau so wie sie kämpfen wird! Egal, wie der Weg auch aussehen mag, der noch vor ihr liegt. Es ist nun an uns, das herauszufinden.

Glaubt jemand an Wunder? Wir könnten eines gebrauchen…

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Mittwoch, 14.9.2011

Der il-2 ist im Vergleich zur Vorwoche wieder etwas gefallen von 917 auf 748 (normal wäre 150-600), das Ferritin dagegen leicht gestiegen von 596 auf 748 (normal wäre 6-67). Diese beiden für die HLH wichtigen Werte haben sich in den letzten Wochen nicht großartig geändert, sie pendeln um diese relativ niedrigen Werte herum, sind aber immer noch zu hoch. Der Trend zeigt immerhin leicht nach unten. Der CRP (ein Entzündungsmarker im Blut) ist gegenüber letzter Woche von 0,5 auf 2,6 angestiegen. Dr. E. beruhigt uns jedoch, daß das wohl nur ein „Rauschen“ sei, Viktoria zeige außer der erhöhten Temperatur keinerlei Infektionsanzeichen. Man hat daher auch gestern die Antibiotika abgesetzt.

Man hat uns in Aussicht gestellt, bald nach Hause gehen zu dürfen. Dazu will man nun alle Medikamente, bei denen das möglich ist, auf die orale Darreichungsform ändern, damit wir die auch daheim geben können. Die Chemo muß jedoch unter Überwachung intravenös verabreicht werden, und das geht nur im Krankenhaus. Ob auch das Kortison auf orale Verabreichung umgestellt werden kann, ist noch nicht sicher. Wir werden also voraussichtlich alle zwei Wochen für ein oder mehrere Tage in die Klinik kommen müssen. Dennoch ist die Aussicht, endlich wieder Zeit zu Hause verbringen zu dürfen, sehr schön.

Viktoria ist seit gestern Mittag wieder sehr quengelig. Sie jammert ununterbrochen, kann sich nicht entspannen. Schmerzen sind es aber anscheinend nicht, es klingt anders – eher nach seelischen Problemen. Vielleicht will sie sich viel mehr bewegen und kann nicht?!

Wir haben ein Gespräch mit dem Chef der Neurologie. Da Viktoria noch immer drei Antikonvulsiva bekommt, könne man das erste frühestens nach drei Monaten Anfallsfreiheit absetzen – vorausgesetzt das EEG zeige dann keine Krampfanzeichen. Da müssen wir also noch einen Monat warten. Unsere Frage, ob sich denn durch die Hinzunahme des Baclofen irgendeine Auswirkung bei Viktoria gezeigt habe, quittiert er mit den Worten: „Kann ich nicht sagen, ich habe sie ja seitdem nicht mehr gesehen. Das müssen Sie die Stationsärzte hier fragen. Wissen Sie, ich bin ja nur konsiliarisch tätig.“ Meinen Hinweis, daß wir keinerlei Veränderungen von Viktorias Spastik feststellen konnten, nimmt er zur Kenntnis, mehr aber auch nicht. Auf die Frage, ob wir das Medikament dann überhaupt weiter geben sollen, sagt er barsch: „Na, dann setzen sie’s doch ab!“. Soviel zur oft betonten Interdisziplinarität dieses Krankenhauses. Das Verhalten dieses Mannes ist ein Schlag ins Gesicht jedes Arztes und jeder Ärtzin, die Viktoria tatsächlich zu helfen versuchen. Das war unser letztes Gespräch mit ihm.

Abends machen wir den nächsten Ausflug, diesmal zu einer anderen Osteopathin. Entspannend wirkt die Behandlung auf Viktoria nicht.

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Donnerstag, 15.9.

Viktoria konnte letzte Nacht nicht einschlafen. Nachdem sie fast zwölf Stunden ununterbrochen wach war, war sie stehend K.O. Sie ist sogar während sie schrie mehrfach eingenickt, um dann nach einigen Sekunden wieder aufzuwachen und weiterzubrüllen. Erst ein Beruhigungsmittel konnte ihr helfen zu entspannen.

Morgens ist sie quengelig und verdreht die Augen. Es sieht aber nicht nach Schmerz aus, der Puls bleibt moderat. Die Magensonde muß getauscht werden, die alte liegt bereits seit vier Wochen. Und just an diesem Tag verstopft sie auch noch, vermutlich durch das neue Medikament Apydan Extend, das das Trileptal ersetzt (gleicher Wirkstoff in Retard-Form, hoffentlich besser verträglich). Beim Legen der neuen Sonde schreit Viktoria wie am Spieß. Mann, hat die noch eine Power!

Das Fieber ist scheinbar endlich weg, wir messen 37,1°C axillar.

Ute muß das Abpumpen von Muttermilch leider aufgeben. Die Menge nahm über die letzten Wochen kontinuierlich ab, es kommt nun nur noch ein kläglicher Rest. Mama muß die Hoffnung leider aufgeben, daß Viktoria noch einmal an ihrer Brust saugen können wird. Das ist sehr schmerzlich. Aber es macht auch keinen Sinn, sich daran festzuklammern. Es soll eben nicht mehr sein. Wir haben noch einiges an Muttermilch eingefroren und fiebern dem Tag entgegen, an dem Viktoria diese hoffentlich selbst trinken können wird.

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Freitag, 16.9.2011

Wie bereits schon einmal am 11.7. geschehen, wird Viktorias Nahrung von Beba-Säuglingsmilch auf eine hochkalorische Synthetik-Nahrung von Nutrini umgestellt. Man war nach dem letzten Koma wieder auf leichter verdauliche Säuglingsmilch zurückgegangen, aber nun bedinge ihr Kalorienbedarf einen erneuten Umstieg. Viktoria scheint das neue Zeug gut zu vertragen, zumindest in der moderaten Menge von aktuell 80ml pro Mahlzeit. Die parenterale Ernährung per Infusion kann weiter zurückgefahren werden.

Um uns für die Zeit zu Hause vorzubereiten, geben wir nun Viktoria selbst die Medikamente über die Magensonde. Dabei wird einem erst richtig bewußt, was alles in unsere kleine Maus hineingepumpt wird.

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Sonntag, 18.9.2011

Die letzten Nächte waren ganz gut, Viktoria war nur selten wach und ließ sich stets schnell wieder beruhigen.

Ganz langsam wachsen auf ihrem Kopf wieder Haare. Es hat mit einem Flaum angefangen, mittlerweile ist es ein guter „Bundeswehr-Haarschnitt“. Ihre Haare sind relativ dunkel, gar nicht mehr so hellblond wie vor ihrer Erkrankung. Auch ihre Augenbrauen sind sehr buschig und dunkel geworden. Das Immunsuppressivum Cyclosporin hat hier bestimmt einen großen Einfluß. Es sorgt auch für einen dunklen Flaum auf ihrem Rücken und an ihren Beinen.

Am Samstag waren wir wieder bei unserer Osteopathin. Viktoria hat fast pausenlos geschrien, es war auch viel Zorn dabei. Wenigstens auf dem Rückweg ist sie im Kinderwagen eingeschlafen.

Im großen und ganzen ist sie friedlich, hat viel Kuschelbedarf. Wenn sie gehütet wird, geht es ihr ganz gut.

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Montag, 19.9.2011

Die parenterale Ernährung ist nun endlich weg. Die Nahrung konnte auf ein für die Ärzte akzeptables Niveau gesteigert werden, und die Bilanzen der letzten Woche bestätigen Viktoria eine normale Gewichtszunahme.

Von heute bis Mittwoch läuft der nächste Kortison-Puls, wir stellen uns schon wieder auf endloses Geschrei ein. Heute bleibt Viktoria noch friedlich.

Die Vorbereitungen, uns zeitweise nach Hause zu entlassen, laufen. Es wird nach einem ambulanten Pflegedienst gesucht, der uns (vor allem natürlich Ute) daheim unterstützen soll. Bislang wurde man jedoch noch nicht fündig.

Auf unseren Wunsch hin wird das Baclofen halbiert und kann in den nächsten Tagen ganz abgesetzt werden. Der Neurologe Dr. M. erklärt, daß es keinen Sinn machen würde, die Dosis des Baclofen weiter zu erhöhen, wenn es in der aktuellen Dosierung nichts hilft. Das liegt daran, daß nur eine geringe Menge dieses Wirkstoffs die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann, und eine Erhöhung des Blutspiegels ändert daran leider nichts. Bei manchen Menschen wirkt es gut, bei manchen nicht.

Ute erlebt heute etwas Außergewöhnliches: Viktoria schaut einem Stoffschaf hinterher, das vor ihrem Gesicht bewegt wird! Nicht, daß sie es präzise mit den Augen verfolgt, aber mit einiger Verzögerung dreht sie Kopf und die Augen in die Richtung des Schafs. Und das gleich mehrmals in Folge – Zufall ausgeschlossen! Das gibt uns wieder richtig Hoffnung!

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Dienstag, 20.9.2011

Viktoria bewegt sich heute viel mehr. Auch ihre Unterarme sind lockerer und lassen sich leichter bewegen. Der CRP ist gesunken auf 0,6, das Ferritin auf 580. Das ist der niedrigste jemals bei ihr gemessene Wert! Auch ihre Körpertemperatur bewegt sich nun im normalen Bereich zwischen 36,5°C und 37,3°C axillar.

Ab Nachmittag fällt Viktoria in ihr altes Verhaltensmuster zurück, wir hören wieder nur Geschrei. Sie läßt sich überhaupt nicht beruhigen, verdreht ständig die Augen nach oben. Selbst die Fahrt im Kinderwagen durch den Garten der Klinik lenkt sie nicht genug ab. Scheiß Kortison. Schmerzen sind es wohl nicht, ihr Puls bleibt unten.

Die Ärzte und Schwestern hier wollen Viktoria mästen. Die Nahrungsmenge wird immer so weit gesteigert, bis Viktoria bei den Mahlzeiten würgt und Teile der Nahrung wieder ausspuckt. Sie bekommt einfach zuviel! Aber auf uns hört ja keiner, die kennen hier nur ihre dämlichen Tabellen, auf denen steht, wieviel Nahrung ein Kind in welchem Alter braucht.

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Mittwoch, 21.9.2011

Auch heute gibt es wieder nur Geschrei, die Augen sind dauerhaft nach oben verdreht. Von der gestern beobachteten Zunahme ihrer Beweglichkeit ist leider nichts mehr zu sehen. Es ist so schlimm wie lange nicht mehr. Die Hoffnung auf eine baldige Beruhigung mit dem heutigen Ende des Kortison-Pulses hält uns aufrecht.

Das Baclofen wird heute wie angekündigt ganz abgesetzt. Auch das Antimykotikum AmbiSome wird abgesetzt, Viktoria Leukos sind gut und kommen selbst mit Pilzen klar.

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Donnerstag, 22.9.2011

Beunruhigenderweise ist der il-2 vom Montag wieder auf 1015 gestiegen. Gegen einen erneuten Krankheitsschub sprechen zwar die relativ niedrigen Werte von Ferritin und CRP, aber das gefällt uns ganz und gar nicht.

Nachmittags gibt’s wieder VP-16.

So wie es aussieht, werden wir doch nicht so schnell nach Hause dürfen. Man kann im Umkreis von 100km keinen ambulanten Pflegedienst für uns finden. Pforzheim, Karlsruhe, Heidelberg, Rastatt, Wörth, sogar Ludwigsburg und Freudenstadt – Personalmangel / alle schwanger / lohnt sich nicht für uns. Jetzt sind wir schon fast zu Hause und dann scheitert es an sowas?!

Es ist in der Tat nachvollziehbar. Den Ärzten schwebt ein Pflegedienst vor, der täglich einige Stunden bei uns zu Hause vorbeikommt, um uns zu unterstützen. Wir sind aber voraussichtlich nur an 10 von 14 Tagen daheim, so wenige Stunden lohnen sich für einen Pflegedienst nicht. Auf der anderen Seite sind wir mittlerweile sehr sicher im Umgang mit Viktoria. Die einzige pflegerische Maßnahme, wofür man bei Viktoria eine besondere Ausbildung benötigen würde, ist der Umgang mit der Magensonde und natürlich die Pflege ihres Hickman-Katheters. Ansonsten geht es uns mehr darum, einen qualifizierten Ansprechpartner zu haben.

Vielleicht finden wir privat eine (ehemalige) Kinderkrankenschwester, die uns helfen könnte?!

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Samstag, 24.9.2011

Auch die Infusion ist nun eingestellt worden. Viktoria muß dafür zwischen den Mahlzeiten – wir sind mittlerweile bei fünf mal 100ml angelangt, die sie sehr gut verträgt – zusätzlich noch genauso viel Tee sondiert bekommen. Da man auch tagsüber auf die Überwachung am Monitor verzichten kann, ist sie nun dauerhaft abgestöpselt, und man kann sie einfach so ohne Kabel und Schläuche herumtragen – zumindest so lange, wie man 12 kg eben tragen kann.

Wir sind mittlerweile ziemlich selbständig geworden, was die Versorgung Viktorias angeht. Nahrung anhängen, Medikamente geben, Tee sondieren – darin gewinnen wir immer mehr Routine. Die Schwestern merken selbst, daß sie kaum noch gebraucht werden.

Der nächste Ausflug zur Osteopathin wird wieder sehr laut. Viktoria schreit ununterbrochen, nur im Kinderwagen kann sie zeitweise etwas entspannen und nickt sogar kurz ein.

Als gegen Abend ihr Puls wieder die 170er-Marke erreicht, bekommt sie versuchsweise ein Schmerzmittel (Perfalgan) über die Sonde. Es scheint zu helfen, mit viel Zuwendung schläft sie endlich ein. Doch nur kurze Zeit später ist sie wieder wach und wieder unentspannt. Wenn es tatsächlich Schmerzen sind, dann sind sie noch da.

Man wartet mit einer neuen Idee für uns auf. Da man Schwierigkeiten hat, auf die Schnelle einen ambulanten Pflegedienst für uns zu Hause zu finden, wird uns ein Aufenthalt in einer Reha-Klinik näher gebracht. In Schömberg gibt es ein kinderneurologisches Fachkrankenhaus, das auf solche Fälle spezialisiert ist. Ein Aufenthalt dort könnte eine Übergangsphase für das Leben daheim darstellen, typischerweise vier Wochen. Man würde dann auch Zeit gewinnen, die pflegerische Versorgung zu Hause zu organisieren. Wir sind dieser Idee nicht abgeneigt.

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Sonntag, 25.9.2011

Die letzten Tage waren sehr anstrengend. Viktoria schreit seit Dienstag nachmittag ununterbrochen, dazu verdreht sie die Augen nach oben. Es erhärtet sich der Verdacht, daß ihr Unwohlsein mit dem Absetzen des Baclofen zu tun haben könnte. Das paßt zeitlich ganz gut, am vergangenen Montag wurde die Dosis halbiert, am Mittwoch ganz abgesetzt. Außerdem zeigt sie typische Symptome: Sie ist sehr angespannt, vor allem ihre Oberschenkel. Ihr ganzer Körper ist völlig überstreckt. Ihr Nacken ist verspannt, sie schreit bei jeder Kopfbewegung auf.

Wir entscheiden uns, das Baclofen trotz der Nebenwirkungen – es wirkt atemdepressiv und ihr Mundschluß leidet anscheinend darunter – wieder einzusetzen.

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Montag, 26.9.2011

Die Dosis des Baclofen wird heute verdoppelt (wie letztes mal auch). Und siehe da: Am Nachmittag hört Viktoria beinahe schlagartig auf zu schreien! Sie liegt nun wieder völlig lethargisch da und macht fast nichts. Naja, besser als Dauergeschrei ist das dennoch allemal.

Nachmittags findet nochmal ein EEG statt, angeblich ein „abschließendes“. Man bereitet anscheinend bereits unsere Entlassung vor. Das Ergebnis läßt noch auf sich warten.

Die Zuckungen sind heute wieder sehr stark und oft zu beobachten, vermehrt ist erneut die rechte Hand betroffen. Einzelne besonders heftige Zuckungen bringen sie zum Weinen. Es ist – im Gegensatz zu letzter Woche – aber leicht, sie zu beruhigen. Ihre Atmung ist wieder schlechter, sie grunzt und schnappt oft nach Luft. Ganz offensichtlich eine Nebenwirkung des Baclofens.

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Mittwoch, 28.9.2011

Beim heutigen Osteopathie-Termin ist Viktoria sehr ruhig und entspannt – wie auch den Rest des Tages. Ihre Lethargie ist aber geblieben. Ihre Extremitäten entspannen sich von Tag zu Tag ein wenig mehr. Das Baclofen entfaltet seine Wirkung anscheinend recht langsam.

Viktorias (zum Teil auch starke) Zuckungen sind heute noch vorhanden, aber schon deutlich seltener als gestern. Dafür sehen wir aber etwas Neues, was uns nicht gefällt. Nach einzelnen starken „Stromstößen“, bei denen der ganze Körper zusammenzuckt, zuckt ihr linker Arm noch einige Male im Sekundenabstand rhythmisch hinterher.

Gegen Abend haben wir ein Gespräch mit Frau Dr. G. Sie ist Ärztin in der neurologischen Kinderklinik Schömberg und hat sich freundlicherweise bei uns eingefunden, um ein wenig Werbung für ihre schöne Reha-Klinik zu betreiben. Was sie sagt, klingt alles ziemlich gut. Wir ziehen in Erwägung, erstmal dort ein paar Wochen zu verbringen, bevor wir dann endlich nach Hause gehen.

Das Ergebnis des am Montag durchgeführten EEGs: Leicht größere Amplituden, keine Spikes mehr. Wir sind zufrieden.

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Donnerstag, 29.9.2011

Heute ist das angekündigte Kurz-MRT, in dem der langfristige Verlauf des Zustands von Viktorias Gehirn beobachtet werden soll. Viktoria kommt mit dem Papa in die Röhre, sie muß nicht narkotisiert werden. Der Befund ist im wesentlichen gleich, das Hygrom ist auf beiden Seiten zurückgegangen, das Gehirn allerdings noch etwas geschrumpft. Beim diensthabenden Dr. A. klingt das aber gar nicht so wild, denn er sagt: Es sind nur Bilder und er habe sich schon oft getäuscht, was eine Prognose angeht.

Nachmittags bekommt Viktoria Immunglobuline, die waren bei der heutigen Blutabnahme zu niedrig. Während der Gabe muß sie wieder voll überwacht und dazu verkabelt (EKG, Pulsoxy, Blutdruckmanschette) werden. Das sind wir gar nicht mehr gewohnt.

Im Lauf des Tages wird auch die Magensonde neu gelegt.

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Samstag, 1.10.2011

Viktoria ist heute nicht so gut drauf. Sie kann nicht entspannen, atmet schwer und hält beim Ausatmen die Luft an. Immerhin schreit sie nicht. Bei der Osteopathie ist sie friedlich.

Entspannt wirkt sie aber auch danach nicht. Sie schläft tagsüber fast gar nicht mehr, kämpft aber oft mit dem Schlaf. Immer wenn sie die Augen schließt und die Muskeln sich schlagartig entspannen, wird sie davon erneut wach und kämpft weiter. Es dauert jedesmal sehr, sehr lange, bis sie einschläft. Wenigstens ihre Zuckungen sind nicht mehr so häufig und nicht mehr so stark.

Gegen Abend kommt ein Tropfen Blut aus ihrer Nase. Wahrscheinlich wurde beim Waschen zu stark gerubbelt. Die Sonde ist nicht schuld, sie liegt im anderen Nasenloch.

Auf dem Bauch liegend kann Viktoria ganz leicht ihren Kopf anheben und sogar von links nach rechts – auf ihre Lieblingsseite – drehen!

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Montag, 3.10.2011

Der heutige Ferritin-Wert liegt bei 321, der bislang niedrigste bei ihr gemessene Wert! Auch einen il-2 gibt es, allerdings vom letzten Montag. Er beträgt 990, ist also beinahe gleich geblieben.

Papa erlebt eine kleine Offenbarung. Viktoria lächelt! Als sie im Bett aufgesetzt und gestützt wird, gehen für einen kurzen Moment ihre Mundwinkel nach oben! Sie schaut zwar niemanden gezielt an, aber dennoch ist dies einer der schönsten Momente der letzten Monate. Sie kann noch lachen! Wie schön!

Leider geht heute wieder der Kortison-Puls los, wir erwarten eine deutliche Verhaltensverschlechterung.

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Freitag, 7.10.2011

Bereits am Dienstag geht die Kortison-Laune wieder los. Seitdem ist sie pausenlos am Stöhnen, Jammern und Schreien. Auch die Atmung ist wieder schlecht, sie schnappt nach Luft.

Am Donnerstags gibt’s wieder VP-16. Vielleicht ist die Chemo auch der Grund dafür, daß Viktoria am heutigen Freitag sehr müde ist. Den ganzen Nachmittag über befindet sie sich im Dämmerzustand kurz vor dem Einschlafen.

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Samstag, 8.10.2011

Der il-2 vom Montag ist da. Mit 1191 hat er sich wieder leicht verschlechtert.

Viktoria schläft morgens recht lange. Kaum ist sie wach, ist sie wieder sehr unruhig. Sie quengelt, jammert und stöhnt ohne Unterbrechung, verdreht dazu wieder die Augen nach oben. Was hat sie bloß? Kommt das immer noch vom Kortison?

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Montag, 10.10.2011

Den Sonntag über war es bereits etwas besser, Viktoria war aber immer noch quengelig und hat viel gejammert. Auch heute ist das zunächst nicht anders. Dann aber, innerhalb einer Stunde, ist sie mit einem Male ruhig und friedlich. Ganz so, als ob sie einen inneren Schalter umgelegt hätte.

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Dienstag, 11.10.2011

Heute ist es endlich soweit, wir verlassen das Olgahospital! Beinahe vier Monate waren wir nun hier, ein Viertel von Viktorias gesamtem Leben. An dieser Stelle möchten wir den Ärzten und Schwestern, den Therapeuten und den Betreuern des Olgahospitals unseren Dank aussprechen. Viktoria war kein einfacher Patient und wir waren bestimmt keine einfachen Eltern. Wir hatten das Gefühl, das die meisten wirklich gut für unsere Kleine sorgten und daß manchen Beteiligten Viktorias Schicksal sehr nahe ging. Angestellte in einem Krankenhaus machen einen Knochenjob, ihnen gebührt größter Respekt. Es wurde alles menschenmögliche für unsere Tochter getan – und dafür sagen wir Danke!

Viktoria wird im Krankenwagen nach Schömberg gebracht, da die Ärzte der Meinung sind, unser Maxi-Cosi könnte aufgrund ihres erhöhten Muskeltonus nicht bequem genug sein.

Neue Klinik, neues Glück… aber auch ein neuer Kampf mit neuen Ärzten und Schwestern. Andere Einrichtung, andere Vorschriften. Sondieren nicht mit Pumpe, nur von Hand mit der Spritze wegen Gefahr der Aspiration. Aha. Und da kann sie nicht aspirieren?! Immerhin dürfen wir hier ohne Verwaltungsaufwand die Klinik jederzeit zu einem Spaziergang verlassen.

Viktoria hat die Fahrt und die ersten Stunden in Schömberg verschlafen, aber kaum ist sie wach, scheint es, als wäre ihr imaginärer Schalter wieder von ruhig und friedlich auf stöhnend und jammernd zurückgeschnellt.

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Freitag, 14.10.2011

Die ersten Tage hier in Schömberg haben uns bislang ganz gut gefallen. Die Ärzte und Schwestern sind sehr nett. Viktoria hat ein volles Therapieprogramm, jeden Tag Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie. Die Therapeuten machen einen guten Eindruck und Viktoria arbeitet schön mit. Gerade bei der Physiotherapie läuft das aber nicht ohne Geschrei ab, denn was ihr abverlangt wird, ist bestimmt sehr anstrengend. Durch Stimulation bestimmter Druckpunkte kann die Therapeutin bestimmte Muskelketten aktivieren und Viktoria dadurch zum Beispiel dazu bringen, ihre Beine zu bewegen. Nach so einer Behandlung ist sie sichtlich geplättet, aber auch schön locker und entspannt. Das hält aber leider nicht allzulange an. Einige Stunden danach ist sie wieder angespannter, stöhnt und jammert.

Auch in Sachen Krampfmedikamente geht es voran. Wir haben angeregt, daß wir diese sobald wie möglich reduzieren möchten. Frau Dr. B. war einverstanden und wir haben Donnerstag Abend die Dosis von Keppra von 5ml auf 4ml reduziert. Vor dem nächsten Reduktionsschritt wird man erstmal abwarten und schauen, wie Viktoria darauf reagiert. Am Montag soll ein EEG durchgeführt werden. (Dieses war schon für heute geplant, aber das EEG ist kaputt.)

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In eigener Sache

Es ändert sich gerade nichts großartig bei Viktoria, daher möchte ich heute etwas in eigener Sache schreiben.

Wenn man einen solchen Höllenritt durchmacht wie wir, schießen einem ständig die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf. Man erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Jede noch so kleine Änderung bei Viktoria löst mittlerweile massivste Stimmungsschwankungen bei uns aus. Oft habe ich mich schon dabei ertappt, wie mir in schwachen Momenten Gedanken an ihre Beerdigung kommen. Wie sähe wohl das Leben danach aus? Diese schlimme Zeit, die wir gerade durchleben, wäre endlich vorüber, man hätte wieder Zeit für ein eigenes Leben. Man würde nach vorne schauen – vielleicht wäre es besser so. Doch noch bevor ich diese Gedanken zu Ende denke, merke ich, was ich mir da eigentlich vorstelle. Bin ich denn noch zu retten?! Wie kann ich mir nur ernsthaft ihren Tod wünschen?! Nichts, aber auch wirklich gar nichts wäre schlimmer als das! Ihr Verlust würde mir ein tiefes Loch ins Herz reißen.

Nein, ich klammere mich nicht an sie! Wenn ich das Gefühl hätte, sie will nicht mehr, wenn ich denken würde, sie hat aufgegeben, dann würde ich sie – wenn auch schweren Herzens – gehen lassen. Aber ich sehe es in ihren Augen. Ich sehe es in jeder Bewegung, die sie macht. VIKTORIA WILL LEBEN! Sie hat noch viel vor in ihrem irdischen Dasein und sie denkt nicht daran, aufzugeben!

Wunder, Definition: Etwas rational unerklärliches, das Staunen auslöst. [Wikipedia]

Wunder, d.h. unerklärliche Phänomene, gab es in der Geschichte der Menschheit andauernd. Es ist eine Frage des Blickwinkels, ob man etwas unerklärlich findet oder nicht. Einem Tibeter zu erklären, wie ein Mobiltelefon funktioniert, scheitert schon an fehlenden Begrifflichkeiten seiner Muttersprache. Er muß es auch gar nicht verstehen, er akzeptiert es so, wie es ist. Es funktioniert. Für ihn ist ein Handy ein Wunder. Er hat weder den Anspruch noch die Möglichkeit, dieses Wunder zu verstehen. Dennoch stellt er es nicht in Frage.

Umgekehrt kann man aber auch sagen, daß wir in der rein physisch orientierten westlichen Welt alles, was über die Materie hinausgeht, nicht verstehen. Was wissen wir denn schon vom Geist des Menschen? Wäre es nicht furchtbar vermessen zu behaupten, alles was wir nicht rational erklären könnten, sei deshalb unmöglich? Sind wir wirklich so blauäugig, daß wir uns als allwissend in den Raum stellen und alles nicht mit unserem Weltbild erklärbare als Nonsens abtun? Ist noch niemand auf die Idee gekommen, daß das Weltbild nicht vollständig oder sogar falsch sein könnte?

Ob nun Kopernikus das geozentrische Weltbild entzauberte oder Einstein die klassische Physik – etwas Neuem wurde zunächst stets mit Skepsis und Ablehnung begegnet. Das liegt wohl in der Natur des Menschen. Doch erst die Erweiterung des Weltbilds bringt Fortschritt. Erst mit der Offenheit gegenüber Neuem wird aus einem Wunder etwas erklärbares.

Aus unserer heutigen, schulmedizinisch geprägten Sicht käme es einem Wunder gleich, wenn Viktoria genesen würde. Die Schulmedizin hat aber nicht für alles eine Erklärung, ganz im Gegenteil. Immer wieder gibt es Berichte über unerklärliche Spontanremissionen. Solche Fälle landen dann im Aktenschrank unter Z wie Zufall. „Glück gehabt!“, sagt man dann. Aha. Wie armselig ist das denn?! Man kann es nicht erklären, aber anstatt sein Weltbild anzupassen, zuckt man mit den Schultern und macht weiter wie bisher.

Der Geist dominiert über die Materie. Diesen Satz hört man immer wieder und er ist wahr. Aus Gedanken werden Worte, aus Worten werden Taten und die Taten bestimmen das Leben. „Um Krieg zu führen, muß man die Masse hinter sich haben.“ Dieser Weisheit waren sich alle Diktatoren bewußt. Wenn viele Menschen dasselbe denken, wird der Gedanke zur Realität. Er entwickelt eine Eigendynamik, die sich unabwendbar vergegenwärtigt.

Was im Negativen funktioniert, funktioniert genauso auch im Guten. Viktoria braucht nun ganz viele positive Gedanken. Also denkt an sie, so oft ihr könnt und wollt. Schnappt euch ein Foto (gibt’s hier im Blog) und stellt euch vor, wie sie gesund und munter wird. Konzentriert euch auf sie und malt euch aus, wie sie das alles hinter sich läßt und ein glückliches und zufriedenes Leben führt – mit allem, was zum Kindsein dazugehört. Mit unserem eingeschränkten Weltbild können wir zwar nicht verstehen, warum das funktioniert, aber das ist auch gar nicht notwendig. Das ist der Punkt, wo Glaube beginnt. Wir wissen, daß wir nichts wissen. Das genügt mir, um an Viktoria zu glauben.

Ich zähle auf euch, Viktoria braucht euch!

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Dienstag, 18.10.2011

Obwohl Viktoria seit Montag wieder Kortison bekommt, ist sie sehr friedlich. Sie stöhnt und jammert zwar, aber bei den bisherigen Kortisonpulsen war spätestens am zweiten Tag Dauergeschrei angesagt. Insofern ist das eine wesentliche Verbesserung.

Viktoria lacht an diesem Abend endlich auch ihre Mama an! Man kann nicht in Worte fassen, wie schön sich das anfühlt…

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